Es kann ein Zeichen von persönlicher Größe sein, seine Prinzipien über Bord zu werfen – oder eines großer Unsicherheit. Der Fuldaer Milliardär Lutz Helmig, der sein Vermögen 2005 mit dem Verkauf der von ihm aufgebauten Helios-Klinikkette für 1,5 Milliarden Euro gemacht hat, hat mehrfach seine Anlagegrundsätze verworfen.
„Ich würde mich nie an einem Finanzdienstleister beteiligen, denn davon verstehe ich nichts“, sagte er 2008 in einem Interview. Seit Juli 2012 hält er über eine Familienholding rund 53 Prozent der Anteile an der Stuttgarter Privatbank Ellwanger & Geiger und ist seit September zu rund neun Prozent an dem Versicherungskonzern Wüstenrot & Württembergische beteiligt. Allein in diese Beteiligung flossen 110 Millionen Euro.
Lutz Helmig | ||||
Vehikel | Ziel (Aktie [Branche]) | Wertentwicklung (Prozent)¹ | Zeitraum | Chance/Risiko |
Aton | Dürr (Maschinenbau) | + 35 | 6/2007 bis 5/2011 | 7/6 |
Anleger erwarten schon viel; Maschinenbauer braucht starkes Schwellenländer-Wachstum; Chancen stehen gut. | ||||
Horus Finanzholding | Wüstenrot & Württ. (Finanzen) | + 13 | 9/2012 bis heute | 5/6 |
Bausparsparte läuft gut, Baukredite und Versicherungen eher mau; keine Besserung in Sicht, kein Kauf. | ||||
Aton | Lufthansa (Flugverkehr) | – 31 | 1/2008 bis 12/2009 | 6/5 |
Sparprogramm wirkt, Gewinn steigt; doch dauerhaft helfen nur mehr Fluggäste und höhere Ticketpreise. | ||||
¹ zum Teil geschätzt; Quelle: BaFin, Venture Capital Magazin, „Bild“, eigene Recherche |
Berater mit falschem Facharztabschluss
Hinter dem Sinneswandel stecke vor allem Thomas Eichelmann, Geschäftsführer von Helmigs Beteiligungsgesellschaft Aton und Ex-Finanzvorstand der Deutschen Börse, sagt ein Unternehmenskenner. Eichelmann, der seit gut drei Jahren für Helmig arbeitet, habe stetig an Einfluss gewonnen. Neben den Bankinvestments hat Helmig sein Geld vor allem in Technik- und Ingenieurgesellschaften, in Fluggesellschaften und in Rohstoffunternehmen investiert. Dabei hatte er in den vergangenen Jahren nicht immer eine glückliche Hand. Bei einem Abstecher in die rumänische Landwirtschaft fiel er auf einen Hochstapler herein. Helmig investierte von 2006 an über mehrere Jahre rund 240 Millionen Euro in rumänische Gesellschaften mit 3600 Hektar landwirtschaftlichen Flächen, einer Großmühle und 70 Lastwagen.
Laut internem Bericht hatte sich ein Berater mit einem falschen Facharztabschluss Helmigs Vertrauen erschlichen. Dieser Berater soll dann mit Mittelsmännern die rumänischen Firmen ausgeplündert haben. 2009 hatte dies das Konzernergebnis der Aton mit 265 Millionen Euro belastet, 2010 fielen 15 Millionen Euro operativer Verlust an, dann wurden die Beteiligungen abgespalten. In Deutschland steckte Helmig 2008 250 Millionen Euro in Lufthansa-Aktien („an der Börse völlig unterbewertet“) und war mit drei Prozent der Anteile zwischenzeitlich drittgrößter Einzelaktionär. Beim Einstieg zahlte Helmig 17,50 Euro je Aktie. Im März 2009, bei Börsenkursen von rund acht Euro, verkaufte er einen größeren Teil davon wieder.
Stabile Erträge
Beim Autozulieferer Dürr stieg er 2007 ein – auch aus strategischen Gründen, da Dürr ein Kooperationspartner von Helmigs Ingenieurgesellschaft Edag ist. An der Börse kostete die Dürr-Aktie damals gut 30 Euro. Bis August 2009, der Kurs war bis auf 10 Euro gefallen, stockte er seinen Anteil auf über 25 Prozent auf. Verkauft hat Helmig seinen kompletten Anteil bis Mai 2011, an der Börse zahlten Dürr-Investoren da gut 25 Euro. Insgesamt brachte das Geschäft schätzungsweise 31 Millionen Euro Gewinn. Das klingt nicht schlecht – war im Rückblick trotzdem falsch: Heute notiert die Dürr-Aktie bei 85 Euro.
Erfolgreicher sind Helmigs Beteiligungen im ihm bestens vertrauten Medizinbereich, etwa der Blutspendedienst Haema. Der wirft Jahr für Jahr stabile Erträge ab. Nach den letzten veröffentlichten Zahlen von 2011 lag das Jahresergebnis bei 5,4 Millionen Euro. Insgesamt kam die Familienholding Aton, an der neben Helmig auch seine Frau und seine beiden Töchter beteiligt sind, 2011 bei einem Gesamtkonzernumsatz von 1,9 Milliarden Euro auf rund 88 Millionen Euro operativen Gewinn. Die Dr. Helmig Vermögensverwaltungsgesellschaft, die Helmig ebenfalls für seine Investments nutzt, muss ihr Ergebnis nicht veröffentlichen.
Und das ist vielleicht auch besser so.