Hohe Anleiherenditen Spanien steckt in einem Teufelskreis

Die Renditen spanischer Anleihen sind hoch, zu hoch, als dass das Land seine Schulden abbauen könnte. Experten warnen vor einem Schneeballeffekt – und sehen auch Ministerpräsident Rajoy als Problem.

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Studentenproteste in Madrid: Das Land befindet sich weiterhin in der Krise. Quelle: AFP

Madrid/London Mit 5,4 Prozent sind die Renditen 10-jähriger spanischer Anleihen zu hoch, als dass das Land seine Verschuldung abbauen kann. Die sich verschärfende Rezession vereitelt die Bemühungen der Regierung in Madrid, das Haushaltsdefizit, immerhin das zweitgrößte in der Eurozone, einzudämmen.

Am Dienstag erreichte die Rendite der zehnjährigen Spanien-Bonds ein Acht-Wochen-Hoch – noch im Sommer stand sie auf einem Rekordhoch seit der Euro-Einführung. Die Rezession hat Spanien bereits das fünfte Jahr in Folge im Griff und bremst die Anstrengungen von Ministerpräsident Mariano Rajoys, Sparmaßnahmen durchzusetzen und somit das Vertrauen der Investoren wiederzugewinnen.

„Es wird einen Schneeballeffekt bei den Schulden geben, weil die Rate nicht niedrig genug ist, um zu verhindern, dass sich das Verhältnis von Verschuldung zu Bruttoinlandsprodukt, weiter verschlechtert“, erklärte Axel Botte, Stratege bei Natixis Asset Management in Paris. „Spanien wird wahrscheinlich seine Defizitziele verfehlen. Die Renditen sind immer noch recht hoch.“

Im laufenden Jahr muss Spanien nach Einschätzung von Zinsstratege Justin Knight von der UBS in London durchschnittlich jeden Monat zehn Milliarden Euro an Anleihen auflegen. Im vergangenen Monat beschaffte sich das Land über die Emission einer zehnjährigen Anleihe sieben Milliarden Euro, wobei die Rendite bei rund 5,4 Prozent lag. Für Donnerstag sind Emissionen mit Laufzeiten bis 2015, 2018 und 2029 angekündigt.

Die spanische Regierung hat bereits signalisiert, dass sie das Ziel einer Reduzierung des Haushaltsdefizits im vergangenen Jahr auf 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wohl verfehlt hat. Für dieses Jahr sind 4,5 Prozent angepeilt.


Die Wirtschaft schwächelt

„Das werden einige schwierige Monate für Spanien, die Finanzierungskosten sind nicht so niedrig, dass sie in ihren Bemühungen nachlassen könnten“, sagte Owen Callan, Analyst bei Danske Bank in Dublin. „Vom politischen Standpunkt aus ist es wahrscheinlich günstig genug, dass sie weiter Bonds auflegen können und nicht um Kredithilfe bitten müssen. Langfristig ist es aber wahrscheinlich nicht haltbar, wenn man die Wachstumsraten in Spanien betrachtet.“

In den drei Monaten bis Ende Dezember ist das spanische BIP um 0,7 Prozent gegenüber dem vorhergehenden Quartal gefallen, wie das Nationale Statistikamt in Madrid kürzlich mitteilte. Damit fiel die Schrumpfung stärker aus als die 0,6 Prozent, die die spanische Zentralbank zuvor prognostiziert hatte. Für das Gesamtjahr 2012 lag die spanische Wirtschaftsleistung 1,37 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Für dieses Jahr erwarten Volkswirte einen Rückgang des BIP in Spanien von 1,5 Prozent, während sie in der Euro-Region nur ein Minus von 0,1 Prozent sehen.

„Die spanische Wirtschaft ist noch lange nicht über den Berg, und das wird die Volatilität erhöhen und könnte die Renditen wieder nach oben treiben“, erklärte Michiel de Bruin, Leite des Bereichs Euro-denominierte Staatsanleihen bei F&C Group in Amsterdam. „Die spanischen Renditen dürften ziemlich volatil bleiben, sie haben deutlich von der Jagd nach Rendite und den reduzierten Extremrisiken profitiert. In den nächsten Monaten werden wahrscheinlich die Fundamentaldaten in den Blick rücken.“


Der Premierminister als Risiko

Doch es dreht sich momentan nicht alles ums rein Wirtschaftliche. Die Person Rajoys wird selbst zum Faktor. Der Kampf des Premierministers gegen Korruptionsvorwürfe verstärke die Risiken für die Staatsanleihen Spaniens, so Andrew Bosomworth, geschäftsführender Direktor bei Pimco in München.

„Es gibt Unsicherheiten, was die Fortsetzung der bisherigen Regierungspolitik und ihre Führung betrifft“, sagt Bosomworth. Die Risikoprämie der zehnjährigen spanischen Referenz-Anleihe war am Montag um 29 auf 382 Basispunkte gestiegen und hatte damit den höchsten Zuwachs innerhalb eines Tages seit September verzeichnet.

Rajoy hatte vor wenigen Tagen Vorwürfe der Tageszeitung „El Pais“ zurückgewiesen, wonach er bis zu 25.000 Euro jährlich aus einer geheimen Kasse des ehemaligen Schatzmeisters der regierenden Volkspartei, Luis Barcenas, erhalten haben soll. Die Anschuldigungen bringen neuen Schwierigkeiten für die Regierung, die bereits jetzt mit dem Haushaltsdefizit kämpft, das Bankensystem sanieren und die Wirtschaft auf Kurs bringen muss, dabei jedoch auf wachsenden Widerstand der Wähler trifft.

Die Beliebtheit von Rajoy ist wegen der Korruptionsvorwürfe rapide gesunken. Eine Erhebung von Metroscopia, die kürzlich veröffentlich wurde, zeigt, dass die Unterstützung für die Partei des Premierministers von 30 auf 24 Prozent zurückgegangen ist. Damit hat sie ihren Vorsprung gegenüber den Sozialisten als größter Oppositionspartei eingebüßt. Die Vereinigte Linke, an der die früheren Kommunisten beteiligt sind, hat danach von 6,9 Prozent bei den Wahlen 2011 auf 15 Prozent zugelegt.

„Wir sehen die Wähler nicht von der rechten Mitte zu der linken Mitte wandern, sondern wir erleben eine Bewegung von der rechten Mitte zu den politischen Rändern“, sagte Bosomworth. Das sei kein Zeichen politischer Stabilität.

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