Hohe Bewertungen Banker sehen keine Jahresendrally

Aktien in den USA und Europa droht bis zum Jahresende ein holpriger Ritt. Goldman Sachs sieht Schockpotenzial an den Märkten, die Deutsche Bank erwartet beim Dax zum Jahresende eine vierstellige Punktzahl.

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Wie geht das Börsenjahr zu Ende? Banker an der Wall Street debattieren über den Schlussspurt an den Aktienmärkten. Die Meinungen gehen auseinander. Quelle: AP

Eine schwache Wirtschaft in Europa und hohe Aktienkurse in den Vereinigten Staaten machen die Märkte dieser Regionen in den kommenden drei Monaten anfällig, erwartet Goldman Sachs. Sowohl für den S&P 500 Index als auch den Stoxx Europe 600 sagt die Investmentbank einen Rückgang von etwa zwei Prozent bis Dezember voraus.

„Wir haben derzeit mehr Potenzial für Schocks“, sagte Christian Müller-Glissmann, Managing Director für Portfoliostrategie und Anlageallokation bei Goldman Sachs in London. „Wir neigen etwas dazu, leicht defensiver zu sein, und neigen mehr zu Asien und Schwellenländern als zu entwickelteren Märkten. Wir setzten bei Europa und den USA bis zum Jahresende eher auf eine fallende Tendenz.“

Auch viele andere Banken erwarten, dass es 2016 keine Jahresendrally geben wird. Denn die aktuelle durchschnittliche Dax-Prognose von 14 großen Kreditinstituten ergibt einen durchschnittlichen Jahresendstand von 10.576 Zählern – lediglich ein Plus von 0,1 Prozent gegenüber dem Schlusstand am vergangenen Freitag. Behalten die Banken mit ihren Prognosen im Durchschnitt Recht, wäre es ein verlorenes Börsenjahr. Die wichtigsten Indizes Dax (minus 1,6 Prozent), Euro Stoxx 50 (minus 7,1 Prozent) und Stoxx Europe 600 (minus 5,9 Prozent) würden das Jahr verlustreich beenden.

Den größten Optimismus zeigt die französische Großbank Société Générale, die das deutsche Börsenbarometer bei 11.100 Punkten zum Jahresende sieht. Das wäre ein Anstieg um fünf Prozent. 

Demgegenüber steht die Prognose der Deutschen Bank. Deutschlands größtes Kredithaus erwartet als einziges Institut den Dax zum Jahresende vierstellig, bei 9350 Punkten. Ein solcher Kursrutsch entspricht einem Minus von 11,5 Prozent im Vergleich zum Schlussstand am Freitag.

Die Prognose von Goldman Sachs für den Stoxx Europe 600 ist pessimistischer als die der meisten Strategen, deren zehn Schätzungen im Schnitt von einer Erholung um 1,3 Prozent gegenüber dem Schlussstand vom Freitag ausgehen, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. Der Index hat in diesem Jahr bereits 7,2 Prozent eingebüßt.


Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P 500 überdurchschnittlich hoch

Zudem zogen Investoren innerhalb einer Rekordserie von 35 Wochen mit Abflüssen fast 83 Milliarden Euro aus Fonds ab, die europäische Aktien abbilden, erklärte Bank of America in einem Bericht unter Berufung auf Zahlen von EPFR Global. Auf den Aktien lasten die Anlegerzweifel, ob die Lockerungsschritte der Europäischen Zentralbank das Wachstum beleben können, sowie Sorgen um die Solidität der Banken in der Region.

In den USA sorgt sich Müller-Glissmann wegen der hohen Bewertungen. Das gegenwärtige Niveau kann seiner Aussage nach im Falle eines Schocks beträchtliche Kursverluste herbeiführen. Das gelte besonders dann, wenn die Kurse nicht von einem nachhaltigen Gewinnwachstum untermauert werden.

Der S&P 500 wird zum mehr als 18-Fachen der erwarteten Gewinne gehandelt, verglichen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von durchschnittlich 15,6 in den vergangenen fünf Jahren. Die Präsidentschaftswahl im November und eine mögliche Zinserhöhung der Federal Reserve könnten Kursrückgänge auslösen, sagte er.

Goldman-Aktienstratege David Kostin, der vergangenes Jahr zu den treffsichersten Prognostikern gehört hatte, rechnet für den S&P 500 zum Jahresende 2016 mit einem Stand von 2100 Punkten, von 2154 Zählern beim Handelsschluss am Freitag.

Im restlichen Jahresverlauf favorisiert die Investmentbank den MSCI Asia ex-Japan Index sowie Schwellenmärkte wie China. Vergangenen Monat nahm Goldman Sachs das Anlageurteil für US- und europäische Aktien auf Sicht von drei Monaten auf das Äquivalent einer Verkaufsempfehlung zurück.

„Aktien sind ohne klare, positive Wachstumstrends eine schwierige Anlage“ im Portfolio, sagte Müller-Glissmann. „Es ist schwer, mit diesen Abflüssen aus Aktien umzugehen, weil es abgesehen von Cash nur wenige Schlupfwinkel gibt.“

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