Hohe Renditen Reich werden mit Acker-Aktien

Superreiche wie Spekulant George Soros kaufen Ackerland. Anleger können über Aktien von börsennotierten Landbesitzern vom Agrarboom profitieren. Wo die Chancen und Risiken liegen, welche Titel Potenzial haben.

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George Soros Quelle: REUTERS

George Soros, milliardenschwerer Spekulant, hat ein Gespür für Schnäppchen. 2001, als Argentinien pleite war, kaufte er mit anderen Investoren für 54 Millionen Dollar 75.000 Hektar Ackerland. Damals schafften vermögende Argentinier ihr Geld ins Ausland und kauften panikartig Dollar. Argentiniens Gläubiger mussten einen empfindlichen Schuldenschnitt hinnehmen. Heute ist das von Soros und seinen Mitstreitern gekaufte Farmland 700 Millionen Dollar wert – macht 1200 Prozent plus in 13 Jahren.

So viel Profit schafft Begehrlichkeiten: Staatsfonds, Pensionskassen, Hedgefonds, und reiche Privatpersonen machen es Soros nach und kaufen Aktien von Landbesitzern – oder direkt Ackerland. Selbst die konservative deutsche Ärzteversorgung Westfalen-Lippe hat über einen Fonds 72 Millionen Euro in Agrarland gesteckt. Seit dem Jahr 2000 sind weltweit Aufkäufe von Farmland durch ausländische Investoren von knapp 36 Millionen Hektar dokumentiert (100 Hektar sind ein Quadratkilometer). Das entspricht in etwa der Fläche von Deutschland. Gekauft wird vor allem in Südamerika, Afrika und Osteuropa.

Wie Reiche in Ackerland investieren
George Soros Quelle: dpa
Luciano Benetton
Jim Rogers Quelle: AP
Günther Fielmann Quelle: dpa

Die Kaufwelle treibt die Bodenpreise. Der US-Index für Farmland stieg seit 2009 um 48 Prozent. Auch in Deutschland zogen die Preise für Ackerland an: 2011 um 14 Prozent und 2012 um sieben Prozent.

Für die wachsende Nachfrage nach Ackerland gibt es handfeste Gründe:

- Es wird knapper: Durch Erosion, Umweltverschmutzung und Kriege gehen jedes Jahr Tausende Hektar verloren, gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung.

- Es bietet Schutz vor Inflation, gegen die sich viele Anleger langfristig absichern wollen. Werden Rohstoffe wie Weizen teurer, steigen die Nachfrage nach Farmland (siehe Grafik) und die Bodenpreise.

Von ausländischen Investoren gekauftes Agrarland und Börsenpreis für Weizen

Als Privatanleger selbst Ackerland zu kaufen ist problematisch. Kleinere Flächen lohnen den Aufwand für Verwaltung, Zukauf von landwirtschaftlicher Expertise und Verpachtung kaum. Als Aktionäre können Anleger den Kauf von Farmland den Profis überlassen. Die wissen in der Regel, wo die besten Äcker liegen und welche Preise noch angemessen sind. Große, internationale Agrarkonzerne wie Bunge und Cargill aber verdienen ihr Geld vor allem mit Agrarhandel, Logistik und Lebensmittelproduktion, der Anteil des Ackerlandes am Börsenwert ist minimal. Anleger, die Landbesitz wollen, sollten auf kleine und mittelgroße Unternehmen ausweichen.

Wie wichtig ausreichend eigener Landbesitz für Agrarunternehmen ist, zeigt die Pleite der argentinischen El Tejar. Noch 2010 beackerte das Unternehmen 800.000 Hektar in Südamerika. Inzwischen ist das Unternehmen zerschlagen, einige Teile sind insolvent. Problem von El Tejar war die große Abhängigkeit von den Pachtpreisen. Die Pachten zogen 2007 bis 2009 stärker an als die Preise für Agrarrohstoffe, die Renditen sanken. 2011 ließ eine Trockenheit die Felder von El Tejar verdorren. Davon erholte sich das Unternehmen nicht.

Wette auf die Wende

Börsennotierte Landwirte sind gerade jetzt attraktiv, weil die Aktien die Rally 2013 nicht mitgemacht haben. Weizen, Zucker und Kaffee standen wegen guter Ernten zuletzt unter massivem Preisdruck. Langsam erholen sich die Preise, Landwirte verdienen wieder mehr. Viele Agrarunternehmen machen zudem ihr Hauptgeschäft in Schwellenländern. Deren Börsen litten massiv unter dem Vertrauensschwund der Anleger, könnten aber auf niedrigem Niveau ihren Boden gefunden haben.

Wer Ackeraktien kauft, sollte nicht nur das Unternehmen im Blick, sondern auch für Landbesitz und Landwirtschaft typische Faktoren im Hinterkopf haben:

- Rechtssicherheit: Agrarunternehmen, die im Ausland Acker- und Weideland halten, müssen darauf vertrauen, dass ihr Besitz rechtlich geschützt ist. Insbesondere in Schwellenländern sollten Landbesitzer jedoch damit rechnen, dass sie im schlimmsten Fall enteignet werden. Venezuela beispielsweise hat seit 2001 mehrere Millionen Hektar Agrarfläche aus privatem Besitz konfisziert. Farmen in rechtssicheren Staaten wie den USA werden daher an der Börse mit einem deutlich höheren Wert gehandelt.

- Krisen: Konflikte wie der um die Krim können börsennotierte Landwirte heftig treffen. Die schwedische Trigon Agri, die in Russland und in der Ukraine Agrarland besitzt, verlor seit Ende Februar, dem Beginn der Krim-Krise, rund ein Viertel an Wert. Auch die in Deutschland aufgelegte Anleihe der Ekosem Agrar, die in Russland Milchwirtschaft betreibt, stürzte ab.

- Klima: Industrieunternehmen hängen stark an der Konjunktur. Wie viel Bauern ernten, hängt vom Saatgut, dem Dünger, Schädlingen, vor allem aber vom Wetter ab. Regen, Trockenheit oder Frost haben den größten Einfluss. Faustregel: Zu 70 Prozent entscheidet das Wetter, ob die Ernte besser oder schlechter als erwartet ausfällt. Je breiter die Palette an Produkten und je stärker die Anbaugebiete regional gestreut sind, desto stabiler das Geschäft.

- Subventionen: Ohne staatliche Zuschüsse kommt kaum ein Landwirt aus. Die deutsche KTG Agrar etwa kassierte 2013 mehrere Millionen Euro aus EU-Kassen. Je mehr Subventionen, desto größer das Risiko, sollte die Regierung den Rotstift ansetzen. Aktionäre der einst hoch subventionierten Solarbranche können ein Lied davon singen.

Von 2014 an sollen in Deutschland kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe mehr Geld aus Brüssel bekommen. Die börsennotierten KTG und Tonkens Agrar, die in Ostdeutschland große Flächen bewirtschaften, müssen sich dagegen auf weniger Geld aus dem EU-Topf einstellen.

Wachstum auf Pump bei KTG Agrar

Siegfried Hofreiter Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

KTG Agrar

Es ist stockdunkel, sechs Grad kalt, die Lüftung dröhnt. Nur die Taschenlampe von Wolfram Rühe-Müller ist zu sehen. Der Geschäftsführer des KTG-Betriebs im brandenburgischen Linthe leuchtet in eine der großen Holzkisten, die bis zu 1,5 Tonnen Kartoffeln fassen können. Dunkelheit und die Kühlschranktemperatur in der Lagerhalle sollen dafür sorgen, dass die Kartoffeln auch sechs Monate nach der Ernte noch so aussehen, als wären sie frisch vom Feld. „Erde ist allerdings das beste Konservierungsmittel“, sagt der KTG-Manager. Die Knollen vom Typ Belana, die im September auf Äckern in Brandenburg geerntet wurden, haben eine dünne Erdkruste. Waschen verkürze die Haltbarkeit von Kartoffeln enorm, so Rühe-Müller. Der Handel akzeptiere aber keine Ware mit Erde, weil Staub aus den Kartoffelsäcken die Scanner-Kassen von Edeka oder Rewe unbrauchbar mache. Deshalb werden die Kartoffeln in Linthe gewaschen, gebürstet, poliert und abgetrocknet.

Mehr Gewinne – unabhängig von den Rohstoffmärkten – seien vor allem mit der Weiterverarbeitung der Ernte zu machen, so Vorstandschef Siegfried Hofreiter. So werden Kartoffeln, die in Linthe aussortiert werden, bei der KTG-Nahrungsmitteltochter FZ Foods zu Kartoffelpuffern.

Kartoffeln und Zwiebeln stammen von eigenen Anbauflächen. Derzeit bewirtschaftet das Unternehmen etwa 40.000 Hektar in den neuen Bundesländern und in Litauen. Ein Viertel besitzt KTG, der Rest ist gepachtet. In Deutschland wächst KTG nur noch langsam, Bodenpreise und Pachten seien zu hoch, sagt Hofreiter. Größere Flächen werde das Unternehmen nur noch in Litauen und Russland zukaufen.

In Russland braucht KTG Flächen, um Futter für die Schweinemast zu produzieren. KTG und der Fleischkonzern Tönnies wollen Schweinefleisch für den russischen Markt produzieren. Als die KTG-Aktie am 25. März massiv einbrach, schob Hofreiter dies auf die Angst der Anleger vor der Krim-Krise. Offen bleibt, warum KTG erst jetzt und nicht schon bei Ausbruch der Krise Ende Februar unter Druck geriet.

Während die Nahrungsmittelsparte wachsen soll, ist bei Biogas die Luft raus. Bereits geplante Biogasanlagen würden noch vor Inkrafttreten des reformierten Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) fertiggestellt, sagt Hofreiter. Zuwachs gebe es danach noch über den Kauf von bestehenden Anlagen anderer Betreiber. Das von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel überarbeitete EEG fördert größere Biogasanlagen deutlich weniger stark als früher.

KTG Agrar

Weiteres Problem: Auch wenn Hofreiter kräftig spart, KTG wächst weiter auf Pump. Erst im Februar stockte das Agrarunternehmen eine 2011 emittierte und 2017 fällige Anleihe mit einem ruinös hohen Zinssatz von 7,125 Prozent um 20 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro auf. „Inzwischen beträgt das Verhältnis von Nettoschulden zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen 9,7. Es ist zu hoch für ein Unternehmen aus dieser Branche“, sagt Alexander Drews, Analyst beim Hamburger Researchunternehmen Montega.

Wer in börsennotiertes Ackerland investieren will, findet am deutschen Aktienmarkt aber derzeit keine Alternative. Sowohl Tonkens als auch Agrarius sind sehr klein und haben zu wenig Flächen.

- Tonkens: Der börsennotierte Landwirt aus Sülzetal in Sachsen-Anhalt bewirtschaftet 3120 Hektar ausschließlich in den neuen Bundesländern. Davon hält Tonkens acht Prozent in eigenem Besitz, der Rest ist gepachtet. Angebaut werden unter anderem Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln. Zusätzliche Einnahmen zieht Tonkens aus Solarstrom- und Biogasproduktion sowie aus der Milchviehwirtschaft.

Ähnlich wie KTG Agrar befindet sich Tonkens im Endspurt um den Bau neuer Biogasanlagen. Eine derzeit im Bau befindliche Anlage in Stendal in Sachsen-Anhalt soll bis Juli 2014 betriebsbereit sein, rechtzeitig , bevor das neue EEG in Kraft tritt.

Dass Tonkens nur wenig eigenes Land besitzt, macht sich auch beim Börsenwert bemerkbar. Derzeit kosten die Aktien nur 15 Millionen Euro. Das entspricht in etwa dem Umsatz des abgelaufenen Geschäftsjahrs 2012/2013.

- Agrarius: Das Unternehmen aus Bad Homburg hat fast ausschließlich gepachtete Agrarflächen, insgesamt 3200 Hektar in Rumänien. Anders als KTG ist Agrarius kein reiner Bewirtschafter, sondern will auch mit der Vermittlung von Agrarflächen Geld verdienen.

Derzeit wächst das Unternehmen weit schwächer als geplant. Eine im Januar abgeschlossene Kapitalerhöhung brachte mit nur etwa 460.000 Euro deutlich weniger ein als erhofft. Jetzt fehlt Kapital, um weitere Flächen kaufen zu können. Mit geringer Aussicht auf schnelle Expansion und niedrigem Börsenwert ist Agrarius auf absehbare Zeit nicht attraktiv für ein privates Aktienportfolio.

Dänen in Osteuropa

Slowakei: First Farms

Wer eine halbe Autostunde nördlich von Bratislava, kurz vor der Kreisstadt Malacky, links abbiegt, den führt eine schmale Straße nach Plavecky Stvrtok, ein Dorf mit kaum 2500 Einwohnern. In einer verqualmten Kneipe neben dem Supermarkt sitzen die Männer schon morgens um elf vor ihrem Bier. Eine Schule gibt es, ein Postamt und eine hübsche, beige gestrichene Kirche, dann ist Plavecky Stvrtok auch schon fast zu Ende.

Der bedeutendste Arbeitgeber am Ort hat seine Betriebe etwa einen Kilometer nördlich des Dorfplatzes: Das dänische Unternehmen First Farms betreibt hier einen der größten Bauernhöfe der Slowakischen Republik. Fast 10.000 Hektar Land bewirtschaften die Dänen, rund 5000 Stück Vieh gehören zu den Höfen. Etwa 170 Mitarbeiter beschäftigt First Farms am Standort Plavecky Stvrtok.

In den Büros im ersten Stock stehen Kühe aus Porzellan. Männer in grünen Latzhosen sitzen vor Laptops. Hinter einer Glasscheibe brütet Vorstandschef Anders Norgaard über den Geschäftszahlen. Der Ex-Banker und Schweinezüchter ist erstmals seit Langem wieder guter Stimmung. Vergangene Woche präsentierte der Däne 1,5 Millionen Euro Gewinn vor Steuern. 2012 schrieb First Farms noch rote Zahlen. Relativ stabile Preis, eine bessere Ernte, vor allem mehr Effizienz bei der Milchproduktion hätten das Ergebnis verbessert.

„Wir arbeiten daran, noch effizienter zu werden“, sagt der Däne. Ein Traktor etwa, der in Deutschland im Schnitt 750 Stunden pro Jahr läuft, rollt bei First Farms in der Slowakei rund 2000 Stunden über die Felder. Verantwortlich für die Slowakei ist sein deutscher Vorstandskollege Lars Meyer, ein Landwirt aus der Nähe von Bremen, der zuvor Bauern in Osteuropa und Indien beraten hat.

Aktienkurs von First Farms

Um Risiken zu streuen, will First Farms in die Schweinezucht einsteigen. Bisher betreiben die Dänen ausschließlich Getreide- und Milchproduktion, die noch sehr personalintensiv ist. Was den slowakischen Arbeitern an Know-how fehlt, müssen die Eigner aus Dänemark über die Masse kompensieren. Ein Hof, der in Deutschland 50 Angestellte hat, muss in der Slowakei 150 Mitarbeiter haben. Mit vier Euro zahlt First Farms überdurchschnittlich hohe Löhne. Der Grund: In der Region herrscht Vollbeschäftigung. VW, BASF und Ikea haben große Betriebe. „Wir müssen den Leuten erklären, dass ein Job auf dem Bauernhof auch spannend sein kann“, sagt Norgaard.

First Farms ging 2006 an die Börse, steigerte den Aktienkurs kräftig und stürzte in der Finanzkrise dann ab. Im Dezember sammelte Norgaard mit einer Wandelanleihe umgerechnet 6,7 Millionen Euro ein. Mit dem Geld wollen die Dänen weitere 1300 Hektar in der Slowakei kaufen. Das Geschäftsmodell überzeugt, allerdings ist die in Stockholm gehandelte Aktie noch nicht liquide genug, das heißt es wechseln zu wenig Papiere den Besitzer.

- Black Earth Farming: Das 2005 von schwedischen Investoren gegründete Unternehmen besitzt 250.000 Hektar in Russland, davon werden derzeit 220.000 Hektar bewirtschaftet. Black Earth Farming baut Weizen an, aber auch Raps, Sonnenblumen, Kartoffeln und Zuckerrüben.

Bei den Schweden läuft es nicht rund: Das vierte Quartal schlossen sie wegen einbrechender Getreidepreise mit Verlust ab. Die von Black Earth Farming betriebenen Farmen sind noch nicht produktiv genug. Seit dem Börsengang im Dezember 2007 geht es für die Schweden fast ausschließlich abwärts. Derzeit notiert Black Earth Farming auf Pennystock-Niveau. Anleger sollten auf eine nachhaltige Wende warten.

Rinderzüchter in Australien

Argentinien: Adecoagro

Edmundo Nolan, Agrarökonom der Farm Carmen, steht im Sojafeld, bückt sich und zieht einen armdicken Maisstengel aus dem Boden. Die Wurzel ist voll mit Regenwürmern, die Erde ist tiefschwarz und feucht. Auch noch in zwei Meter Tiefe ist der Boden locker. Hier werden sofort nach der Ernte abwechselnd Soja, Mais oder Weizen gesät. Die nicht geernteten Pflanzenreste auf dem Acker speichern die Feuchtigkeit, bilden natürlichen Humus und schützen vor Erosion. Ein weiterer Vorteil der Feuchtpampa: „Wir müssen wegen des natürlich hohen Kali-Gehalts im Boden nicht düngen“, sagt Nolan.

Die Farm Carmen mit 25.000 Hektar liegt fünf Autostunden vom Adecoagro-Hauptquartier in Buenos Aires entfernt. Nur zwölf Angestellte arbeiten auf der Farm. Saat, Ernte und Pflanzenschutz sind an Dritte ausgelagert. Die insgesamt 280.000 Hektar eigenes Farmland in Brasilien, Argentinien und Uruguay sind das wichtigste Kapital des Agrarkonzerns.

Adecoagro wurde 2001 gegründet, als ein familiengeführter argentinischer Chemiekonzern seine Ländereien verkaufen musste. Eine wohlhabende argentinische Familie, deren Finanzberater der heutige Adecoagro-Vorstandschef Mariano Bosch war, wollte das Farmland aufkaufen. Bosch gelang es, George Soros als Investor zu gewinnen. Seit dem Börsengang 2011 hält Soros über seinen Hegdefonds 21,2 Prozent. Etwa die Hälfte der Aktien ist gestreut.

Die Händler des Konzerns müssen Getreide nicht sofort verkaufen. Adecoagro betreibt Silo-Bolsas, mobile Lager aus Spezialfolie für jeweils bis zu 250 Tonnen Getreide. Darin können Soja oder Weizen bis zu zwei Jahre problemlos auf abgeernteten Feldern gelagert werden. Adecoagro kann warten, bis die Weltmarktpreise steigen.

Der Regierung sind die Silo-Bolsas ein Dorn im Auge: Sie will, dass die Farmer schnell exportieren, damit Dollar nach Argentinien fließen. Als „Spekulanten und Verräter“ beschimpfen Minister von Präsidentin Cristina Kirchner die Farmer. Die sind Streit gewohnt. In monatelangen Streiks vor zwei Jahren wehrten sie sich erfolgreich gegen noch höhere Exportsteuern. Von 670 Dollar Gewinn, welche Farmer pro Hektar Soja etwa einfahren, nimmt ihnen der Staat 300 Dollar ab.

Die Gefahr politischer Eingriffe ist das größte Manko von Adecoagro. Mit diesem Risiko müssen allerdings auch andere börsennotierten Landwirte der Region leben.

- Cresud: Der argentinische Agrarkonzern verwaltet in Lateinamerika 34 Farmen mit fast einer Million Hektar. Zwei Drittel liegen in Argentinien. Mit knapp 40 Prozent Anteil am brasilianischen Agrarkonzern Brasilagro ist Cresud weniger vom Heimatmarkt abhängig. Auf Brasilien entfallen etwa 20 Prozent der Ländereien, auf Paraguay und Bolivien der Rest.

Bewirtschaftet wurden zuletzt 324.000 Hektar Acker- und Weideland, davon etwa ein Viertel in Pacht. Produziert werden Soja, Mais, Weizen, Sonnenblumenkerne, Zuckerrohr sowie Fleisch und Milch. Der Viehbestand umfasst etwa 76.000 Rinder.

Als Entwickler von landwirtschaftlichen Flächen arbeitete Cresud bisher sehr erfolgreich. Bei 32 Farmverkäufen in zwei Jahrzehnten lag der Verkaufspreis im Schnitt 200 Prozent über dem Einstiegspreis. Gut 90 Prozent von Cresuds Marktwert von 450 Millionen Dollar stecken im Anteil an der Immobiliengesellschaft Irsa. Cresud und Brasilagro (Marktwert 220 Millionen Dollar) notieren auch als Hinterlegungsschein (ADR) an der Nasdaq.

- Cosan: Der Zucker- und Ethanolproduzent ist einer der größten Landbesitzer Brasiliens. Über Raizen, ein Joint Venture mit Royal Dutch Shell, halten die Brasilianer etwa 600.000 Hektar Land, auf denen Zuckerrohr angebaut wird. Weitere 100.000 Hektar besitzt Cosan über die Tochter Radar, die mit Agrarflächen handelt.

Cosan geriet zuletzt unter Druck, weil die US-Umweltbehörde EPA die Menge an Bioethanol, die Sprit beigemischt werden darf, gesenkt hatte. 40 Prozent des in den USA beigemischten Bioethanols kommen aus Brasilien. Im Gegenzug will jedoch die brasilianische Regierung die Quote für Bioethanol im Benzin erhöhen.

Für Cosan sprechen die verbesserten Aussichten auf dem Zuckermarkt. Nach einer Rekordernte in der Saison 2012/13 dürften wegen der Trockenheit in Brasilien jetzt rund eine Million Tonnen weniger geerntet werden. Gleichzeitig soll die weltweite Nachfrage nach Zucker um drei Millionen Tonnen steigen. Das spricht für steigende Preise und Margen für Cosan – und für Wettbewerber Adecoagro.

Australien: AACO, Brisbane

US-Farmen, die an der Börse notiert sind, kosten bis zum 170-Fachen des Jahresgewinns. Grund dafür sind die stark gestiegenen Preise für Farmland. Aktien australischer und neuseeländischer Landwirte sind eine günstige Alternative.

Beim größten australischen Rinderzüchter Australian Agricultural (AACO) rechnen Analysten für 2015 mit einem KGV von 21,7. Zuletzt machte AACO einen Verlust von 32 Millionen australischen Dollar nach Steuern. Schuld sei der eingebrochene Preis für lebende Rinder gewesen. Der australische Branchendienst Meat & Livestock meldet jedoch, dass die Preise für Lebendvieh seit Januar wieder anziehen. Australian Agricultural hält 600.000 Stück Vieh auf 7,2 Millionen Hektar. Die Kursfantasie liegt in Asien. Meat & Livestock meldet für das letzte Geschäftsjahr 46 Prozent mehr Exporte von Rindern nach China.

- Fonterra: Der neuseeländische Milchkonzern ist eine Kooperative von etwa 10.000 Farmern. Anleger haben Zugang über den börsennotierten Shareholders Fund. Fonterra produziert Milch weltweit. In Lateinamerika vertreiben die Neuseeländer Milchprodukte mit Nestlé. In China besitzt Fonterra Milchfarmen.

Dieser Markt zumindest hat Potenzial: Als Chinas Staatssender CCTV Starbucks unlängst vorwarf, deren Milchkaffee sei viel zu teuer, entfachte dies einen Shitstorm empörter Chinesen im Internet. Die US-Kette, die 1000 Läden in China hat, rechtfertigte sich mit den knappheitsbedingt immer noch hohen Milchpreisen.

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