"Der größte Betrug aller Zeiten" Der "Wolf of Wall Street“ warnt vor ICOs

Er kennt sich mit Finanzschwindel aus: Der echte „Wolf of Wall Street“, Jordan Belfort, warnt vor Krypto-Börsengängen (ICOs). Die oft mit Bitcoin bezahlten Finanzierungsrunden seien „der größte Betrug aller Zeiten“.

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Der frühere Börsenmakler und überführte Anlagebetrüger warnt vor ICOs. Quelle: Reuters

Markige Worte von einem, der sich mit den Folgen von Finanz-Schwindeleien auskennt: Der frühere US-Börsenmakler Jordan Belfort, dessen Geschichte in „The Wolf of Wall Street“ verfilmt wurde, warnt vor Krypto-Finanzierungsrunden, sogenannten ICOs. Der Hype um diese „Initial Coin Offerings“ sei „der größte Betrug aller Zeiten“, die Blase werde „sehr vielen Leuten im Gesicht explodieren“, sagte Belfort laut der „Financial Times“.

Bei virtuellen Börsengängen geben digitale Start-ups ihren Anlegern keine Aktien aus, sondern lediglich Gutscheine, die eine Beteiligung an möglichen künftigen Gewinnen versprechen. Viele Start-ups besitzen kein funktionierendes Geschäftsmodell, sondern nur eine 20 bis 30 Seiten lange Ideensammlung, „White Paper“ genannt. Diese behandeln meist bessere Handels- und Investmentsysteme für Digitalwährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. Gab es laut der Branchenseite Coinschedule 2016 ganze 46 ICOs, liegt die Zahl dieses Jahr schon bei 202, wobei über drei Milliarden Dollar eingesammelt wurden. Mehr als 360 ICOs sind in Planung.

Belfort, im Film verkörpert von Hollywood-Ikone Leonardo di Caprio, hat 22 Monate im Gefängnis gesessen. Er hatte in den späten 80er-Jahren eines der größten US-Brokerhäuser aufgebaut, verwaltete Gelder in Milliardenhöhe. 1997 brach seine Firma zusammen, nachdem der Betrug Tausender Anleger mit niedrig bewerteten „Pennystock“-Aktien bekanntgeworden war. Belfort räumte die Wertpapierbetrugs- und Geldwäsche-Vorwürfe ein, viele geschädigte Anleger warten bis heute auf ihr Geld.

Belfort vergleicht ICOs mit den „blind pools“ der 70er- und 80er-Jahre: Gesellschaften, die Anlagegelder einwarben, ohne ihre Investment-Strategie offenzulegen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass viele „blind pools“ das Geld nie reinvestiert hatten, während sich die Börsenhändler großzügige Gebühren genehmigten. ICO-Befürworter „halten einen massiven Betrug in größtem Ausmaß aufrecht“, erklärte Belfort nun. Womöglich hätten 85 Prozent der Anbieter keine schlechten Absichten, aber wenn nur fünf oder zehn Prozent in betrügerischer Absicht unterwegs seien, drohe ein Desaster.

Das Vorgehen der ICO-Verkäufer erinnere ihn an die Taktiken, mit denen unter anderem seine Firma groß geworden war: den Markt schnell aggressiver aufmischen, Begehren bei Anlegern wecken, etwa durch die Werbung mit Stars, und sich dann möglichst schnell aus dem Staub machen, bevor der Preis der verkauften Anlagen zusammenbreche. Der aktuelle „gigantische Betrug“ mit ICOs sei sehr viel schlimmer „als alles, was ich je getan habe“, behauptet Belfort.

Angesichts der Tatsache, dass der gefallene Wall-Street-Wolf heute als Buchautor und Motivationstrainer sein Geld verdient und öffentliche Aufmerksamkeit gebrauchen kann, mag seine Warnung als übertrieben erscheinen. Parallelen sind jedoch zu erkennen: So wächst der Markt für ICOs in rasanter Geschwindigkeit, Anfang September warb Hotelerbin und TV-Star Paris Hilton für den ICO der Marketing-Plattform Lydian. Meistens werden die bei einem ICO ausgegebenen Gutscheine („Token“) gegen Digitalwährungen ausgegeben, etwa Bitcoins. Auch deren Wert ist zuletzt durch die Decke gegangen, durchbrach am Freitag die 6000-Dollar-Marke.

Befürworter sehen in den virtuellen Börsengängen eine neue Form der Graswurzel-Finanzierung für junge Finanztechnologie-Start-ups, die den üblichen, teuren Weg über Banken und Börsen umgehen. Regulierer auf der ganzen Welt nehmen die ICOs jedoch zunehmend kritisch unter die Lupe. So haben etwa die chinesischen Regulierungsbehörden im September Krypto-Börsengänge für illegal erklärt, andere Aufseher warnten Anleger vor einem möglichen Totalverlust.

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