Hype um Zalando-Aktien Zum Börsendebüt schwächelt Zalandos Geschäftsmodell

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Kostentreiber Retouren

Als zentraler Kostentreiber gelten die Retouren. Kunden bestellen oft zwei oder drei Größen, behalten das Passende und schicken die anderen zurück. Europaweit landet laut Zalando rund die Hälfte aller Bestellungen wieder beim Absender, in Deutschland dürfte die Retourenquote gar bei 60 Prozent liegen. Die Kosten dafür seien im Geschäftsmodell einkalkuliert, heißt es bei Zalando.

Erst im zweiten Quartal – pünktlich zum Börsengang – meldete Zalando auf Konzernebene ein kleines Gewinnplus. Um es zu erreichen, scheint aber eisernes Sparen nötig gewesen zu sein: Kurzfristig wurde vor allem am zuvor üppigen Marketingbudget gespart. Laut eigenen Angaben sank der Anteil der Marketingkosten (vor allem teure Werbung) von 17,2 auf 13,6 Prozent des Umsatzes; die Vertriebskosten konnten immerhin von 26,7 auf 23,4 Cent je Euro Umsatz reduziert werden.

Genügend Aufträge, um das Orderbuch zu füllen

Heraus kam eine homöopathische Gewinn-Dosis. Das in den Jahren zuvor stets defizitäre Unternehmen schaffte im zweiten Quartal 2014 3,6 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit), was einer Marge von 0,3 Prozent vom Umsatz entspricht. Im gleichen Quartal 2013 hatte die Ebit-Marge noch bei minus 9,2 Prozent gelegen.

Paradox: Trotz der Zweifel am Geschäftsmodell aber wird die Aktie wohl erst mal laufen. Zum einen kommt nur ein kleiner Teil der Aktien an den Markt, rund 11,3 Prozent. Schon vor dem Beginn der Zeichnungsfrist sagten Banker, es lägen genügend Aufträge vor, um das Orderbuch zu füllen. Zum anderen haben vorab geworbene Investoren zugesagt, in jedem Fall neue Aktien für insgesamt 126,5 Millionen Euro abzunehmen. Jüngsten Meldungen zufolge war die Nachfrage nach Zalando-Aktien während der Zeichnungsfrist zehnmal so hoch wie das Angebot.

Nur vage Aussicht auf Zukäufe

Der Börsengang gilt als Eisbrecher für den deutschen Markt, wo es seit 2000 keine größeren Internet-Börsenneulinge mehr gab. Banken wollen keinen Flop, ebenso wenig die Samwer-Brüder, die Rocket Internet gleich am Folgetag, dem 2. Oktober, an die Börse bringen wollen. „Das Ding wird laufen, weil es laufen muss“, sagt ein Banker, der sich die Investorenpräsentation angesehen hat.

Zalando hatte zum 30. Juni bereits 387 Millionen Euro Cash in den Büchern und verfügte mit den Einnahmen aus dem Börsengang über eine Feuerkraft von fast einer Milliarde Euro. Was passiert damit?

Thomas Wüst von der Stuttgarter Valorvest bemängelt, dass Zalando dazu nur „vage Angaben“ mache und keine konkreten Vorhaben nenne. Zukäufe seien „denkbar“, sagte Zalando-Chef Rubin Ritter am Donnerstag: „Wir werden uns das genau anschauen.“ Dabei gehe es weniger um den Kauf von Konkurrenten, als darum, die eigene Technik weiterzuentwickeln. Etwa eine Foto-App, mit der Kunden ein Kleidungsstück per Handy fotografieren können; die App zeigt ihnen dann ähnliche Produkte im Zalando-Store.

Sehr spekulative Aktie

Weiteres Problem: Die Alteigentümer, neben Kinnevik (36 Prozent vor dem Börsengang), den Samwers (noch 16,7) etwa der Däne Anders Holch Povlsen (10,5), haben sich nur dazu verpflichtet, die Aktie 180 Tage zu halten. Die Gefahr besteht, dass ab April Verkäufe den Kurs belasten.

Fazit: „Die Aktie ist nur für äußerst spekulative Investoren geeignet“, sagt Wüst, „das Management setzt den Fokus auf Wachstum, nicht auf Profitabilität.“ Ein großer Vermögensverwalter, der nicht zeichnen will, kritisiert: „Ein Unternehmen mit rund zwei Milliarden Umsatz, das mit Mühe und Not eine schwarze Null beim Gewinn geschafft hat, müsste schon eine tolle Wachstumsstory bieten, um an der Börse über fünf Milliarden Euro wert zu sein.“ 300 Millionen Gewinn pro Jahr von 2015 an, dann hätte er überlegt zu zeichnen, sagt er, aber die sehe er nicht: „Das Geschäftsmodell ist uns nicht ausgereift genug.“

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