ICOs US-Wertpapieraufsicht greift bei Krypto-Börsengängen durch

Der SEC sind die bislang weitgehend unregulierten digitalen Finanzierungsmöglichkeiten schon länger suspekt. Nun will sie wichtige Anpassungen durchsetzen.

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Der SEC-Chef hat Anfang Februar klargemacht, dass es sich bei digitalen Coins in den allermeisten Fällen um Wertpapiere handle. Quelle: AP

New York Mehrmals hat Jay Clayton, der Chef der Wertpapieraufsicht SEC die Krypto-Szene gewarnt. Nun greift er offenbar durch.

Die SEC habe bei einer ganzen Reihe von Start-ups Informationen eingefordert, die sich in den vergangenen Monaten über sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) finanziert haben, berichtet das „Wall Street Journal“. Dazu seien bei den betroffenen Unternehmen als auch bei ihren Beratern Vorladungen, sogenannte Supboenas, eingegangen,

ICOs sind ein relativ neuer Weg für Unternehmen, sich frisches Kapital zu besorgen. Statt Aktien geben sie sogenannte Coins aus, die auf der Blockchain-Technologie basieren und handelbar sind. In einigen Fällen bekommen die Besitzer der Coins Stimmrechte, in anderen Fällen haben sie durch die Coins ein Anrecht auf bestimmte Dienstleistungen.

Der SEC sind diese bislang weitgehend unregulierten Finanzierungsmöglichkeiten schon länger suspekt. Clayton hat bereits bei einer Anhörung vor dem Senat Anfang Februar klargemacht, dass es sich bei den Coins in den allermeisten Fällen um Wertpapiere handle, die jedoch nicht den vorgeschriebenen Standards entsprechen. Somit verstößt wahrscheinlich eine Vielzahl von ICOs gegen das Wertpapiergesetz.

Die nun angestoßene Untersuchung soll die Blockchain-Unternehmen nun dazu zwingen, wichtige Anpassungen vorzunehmen. Sie ist gleichzeitig ein Warnschuss für andere Start-ups, die an neuen ICOs arbeiten.

So müssen die Unternehmen nun durch bestimmte Tests nachweisen, dass ihre Coins keine Wertpapiere darstellen. Im vergangenen Jahr, als die Aufsichtsbehörden die rasant wachsende Krypto-Welt noch nicht so stark im Blick hatten, galt die umgekehrte Annahme: Coins sind erst einmal keine Wertpapiere, es sei denn die SEC erhebt Einspruch.

ICOs haben 2017 einen regelrechten Boom erlebt, vor allem dank der Fortschritte in der Blockchain-Technologie. 6,5 Milliarden Dollar an Kapital wurden im vergangenen Jahr über ICOs eingesammelt, wie aus Zahlen des Analysehauses Token Report hervorgeht. Doch der Mangel an Regulierungen hat auch zu einer Reihe von Betrugsfällen geführt.

Die SEC hat Anleger immer wieder vor schwarzen Schafen gewarnt und war zuletzt beim ICO der Arise Bank aus Dallas resolut eingeschritten. Die Aufsicht warf dem Start-up vor, es würde seine Geldgeber in die Irre führen und untersagte kurzerhand den ICO.

Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst and Young hat ebenfalls festgestellt, wie schlecht die Qualität vieler ICOs ist, die den ahnungslosen Anlegern oft als brandneue Innovationen verkauft werden. „In vielen Fällen passt eine Kryptowährung gar nicht zum Geschäftsmodell eines Unternehmens“, sagt der Mitautor der Studie, Paul Brody. Doch es gebe nun mal einen spekaultiven Markt und daher große Nachfrage für solche digitalen Coins.

Die SEC interessiert sich bei ihrem jüngsten Vorstoß offenbar besonders für sogenannte „Simple Agreements for Future Tokens“, abgekürzt SAFT. Diese Vereinbarung erlaubt es professionellen Investoren und reichen Einzelpersonen, Rechte für den Kauf von Tokens zu erwerben, bevor sie auf den Markt kommen. Diese waren laut WSJ auch bei dem viel beachteten ICO des Messenger-Dienstes Telegram im Einsatz.

Die Aufsicht befürchtet offenbar, dass diese Vereinbarungen wie Wertpapiere gehandelt werden, ohne den strengen Wertpapiergesetzen zu genügen. Telegram hat erst vor wenigen Wochen die Rekordsumme von 850 Millionen Dollar von 81 professionellen Investoren eingesammelt. Ob das Start-up auch im Visier der SEC ist, ist nicht bekannt. Die Aufsicht war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

EY-Berater Brody geht davon aus, dass sich mit schärfer werdenden Regulierungsvorschriften auch die Qualität der ICOs künftig verbessern wird. Auch Investoren seien hellhörig geworden. „Je mehr den Anlegern klar wird, dass dies riskante Investitionen sind, desto selektiver werden sie.“

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