Immer gegen den Trend Poet und Philosoph schlagen die Fondskonkurrenz

Ein Hobbypoet und ein Philosophie-Doktor leiten den Fonds mit den stärksten Zuflüssen weltweit. Das Anlagevolumen hat sich innerhalb von zwölf Monaten verfünffacht. Ihre Strategie: Gegen den Trend investieren.

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Geistreich investieren: Der US-Fonds MainStay Marketfield investierte auch in deutsche Titel. Quelle: ap

New York Der Poet Michael Aronstein und Michael Shaoul, Doktor der Philosophie, leiten den Fonds mit dem weltweit stärksten Wachstum. Erreicht haben die beiden dies durch erfolgreiche Wetten auf die Erholung der meistgehassten Vermögenswerte.

Innerhalb von zwölf Monaten hat sich das Anlagevolumen des MainStay Marketfield Fund auf mittlerweile 9,5 Milliarden Dollar verfünffacht. Unter Fonds mit einem Volumen von mehr als fünf Milliarden Dollar ist dies der stärkste Zuwachs. Aronstein und Shaoul haben unter anderem auf einen Anstieg von US-Immobilienaktien gesetzt und auf europäische Titel.

Jetzt hängt ihr Erfolg davon ab, ob irische und italienische Aktien eine Rally hinlegen und Titel aus China, Brasilien und Indien absacken. Seit Juli 2007 hat der Fonds mit Sitz in New York 70 Prozent zugelegt – das ist mehr als das Dreifache des Gewinns des S&P 500.

„Ich weiß nicht, wann das Niveau erreicht ist“, sagt Aronstein mit Blick auf das Potenzial für weitere Kursrückgänge bei Aktien aus Entwicklungsländern. „Aber wenn wir recht behalten, werden wir den Punkt erreichen, ab dem es die Leute einfach nicht mehr aushalten.“ Der 60-Jährige, der einen Abschluss in Anglistik von der renommierten Yale University hat, war früher Stratege bei Merrill Lynch und schreibt in seiner Freizeit Gedichte. Der 47-jährige Shaoul hat seinen Doktortitel in England von der University of Manchester erhalten.

Beide achten auf Wirtschaftsindikatoren wie Kreditzyklen, wenn sie Investment-Entscheidungen treffen. Sie durchkämmen Daten der US-Notenbank Fed, Verbraucherkredite in Brasilien und den Autoabsatz in China, um Wendepunkte für Trends ausfindig zu machen, und investieren dann entsprechend.


Aus einer halben Million werden Milliarden

Das Startkapital von Marketfield betrug eine halbe Million Dollar. Der Name des Fonds geht auf eine Straße in Manhattan zurück, auf der im 17. Jahrhundert ein Viehmarkt stattfand. Profitieren kann Marketfield sowohl von Gewinnen als auch von Verlusten bei Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffen.

Mit einem durchschnittlichen Plus von zehn Prozent über die vergangenen fünf Jahre schlägt der Fonds 96 Prozent der vergleichbaren Konkurrenz. Diese Gewinne und neue Zuflüsse haben dazu geführt, dass das verwaltete Vermögen von 1,7 Milliarden Dollar Ende Mai 2012 um 468 Prozent hochgeschnellt ist.

Der Fonds setzte ab Anfang 2012 auf Europa und kaufte unter anderem Titel von BASF, dem weltgrößten Chemiekonzern, und dem italienischen Zementhersteller Buzzi Unicem.

Während Milliardär John Paulson seinen Investoren im vergangenen Jahr erzählte, dass der Euro zusammenbrechen würde, und Volkswirt Willem Buiter von Citigroup erklärte, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Euro-Ausstieg der Griechen bei 90 Prozent liege, strich Marketfield mit der eigenen Einschätzung Gewinne ein: Die Titel von BASF verteuerten sich 2012 um 32 Prozent; der Fonds insgesamt gewann 13,5 Prozent und hielt sich damit besser als 99 Prozent der Konkurrenz.

Aktuell sind Aktien aus Deutschland, Italien und Irland attraktiv, sagt Aronstein. Er verweist auf den Heilungsprozess bei Banken und Finanzierungskosten nahe null Prozent.

Die Performance von Marketfield sei „phänomenal“, lobt Josh Charney, ein Analyst von Morningstar. Die beiden Fondsmanager seien häufig „früher in einigen der Themenfelder, aber es zahlt sich letzten Endes aus“.

Shaoul vergleicht die aktuelle Rally am US-Aktienmarkt mit dem Bullenmarkt in den 60er Jahren, wie dies im Buch „The Go-Go Years“ von John Brooks beschrieben wird. Aronstein nimmt den Kurseinbruch von 51 Prozent am japanischen Aktienmarkt in den 90er Jahren als Schablone für potenzielle negative Entwicklungen in den Schwellenländern.

„Menschen ändern sich nicht wirklich“, sagt Shaoul. „Ein Analyst ohne historische Perspektive kann mehr Schaden anrichten als ein guter Historiker ohne analytische Fähigkeiten.“

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