Industriekonzern Die neue Thyssenkrupp ist mehr als 20 Milliarden Euro wert

Der Umbau zum rentablen Industriekonzern für Aufzüge, Anlagen und Autozulieferung wird zu einer Neubewertung der Aktie führen.

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Gebäude von Thyssenkrupp. Quelle: REUTERS

Mit Kursaufschlägen von bis zu fünf Prozent honorieren die Anleger die Nachricht, dass Thyssenkrupp seine Stahlsparte mit dem europäischen Stahlgeschäft des indischen Konkurrenten Tata zusammenlegen will.

Zwar muss der Deal noch vom Aufsichtsrat abgesegnet werden; zudem ist mit heftigem Widerstand der Belegschaft zu rechnen. Dennoch, eine Verständigung im Aufsichtsrat ist möglich. Die Arbeitnehmerseite kündigt zwar Widerstand an, könnte sich aber mit Zugeständnissen beim neuen Stahlkonzern besänftigen lassen. Dass sich der schwedische Großaktionär Cevian einer wirtschaftlich vielversprechenden Lösung (inklusive der Aussicht auf höhere Aktienkurse) verweigert, ist ebenfalls wenig wahrscheinlich. Und wenn es ganz knapp werden sollte, hätte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner noch ein Doppelstimmrecht.

Für Aktien von Thyssenkrupp ist die geplante Trennung vom Stahlgeschäft ein Vorteil. Seit Jahren setzen große und kleine Investoren – also nicht nur Cevian – darauf, dass in Thyssen wesentlich mehr steckt als die 15 Milliarden Euro, die alle 566 Millionen einzelnen Aktien derzeit an der Börse nur auf die Waage bringen.

Thyssenkrupp

Wenn das Stahlgeschäft von Thyssen abgetrennt wird bleiben als harter Kern die Sparten Aufzüge, Anlagen und Autozulieferung. Dieses zentrale Geschäft käme etwa auf 20 Milliarden Euro Jahresumsatz. Thyssen ist hier hochrentabel und hat eine führende Marktposition. An der Börse werden vergleichbare Hersteller von Maschinen und Anlagen etwa mit dem 1,0- bis 1,5-Fachen des Jahresumsatz bewertet. Das ergäbe für die neue Thyssenkrupp langfristig einen Börsenwert, der bei weit über 20 Milliarden Euro liegen sollte.

Dazu gibt es noch die umfangreiche Sparte Metallhandel, die auf etwa elf Milliarden Euro Jahresumsatz kommt. Auch wenn Handelsumsatz an der Börse nicht so hoch bewertet ist wie Industriegeschäft, wertlos ist dieses Geschäft angesichts der weltweiten Renaissance der Rohstoffe nicht.

von Andreas Macho, Angela Hennersdorf

Und selbst im Stahl gibt es Hoffnung. Zum einen trägt der Zusammenschluss zum Abbau von Kapazitäten bei; zum anderen dürfte es jedes Jahr einige hundert Millionen Euro wechselseitiger Einsparungen geben. Angesichts des Nachholbedarfs bei Infrastruktur und Bau ist die Nachfrage im Stahlgeschäft langfristig keineswegs schlecht.

Das größte Risiko für die Aktie ist die Frage der konkreten Ausgestaltung der neuen Stahlgesellschaft. Thyssen will vor allem die Pensionen und Altlasten vom Konzern separieren und in die neue Gesellschaft packen, an der Thyssen dann mit 50 Prozent beteiligt bleibt. Inwieweit das gelingt und die Bilanz der neuen Thyssen dann viel besser aussieht oder ob nicht doch auch die neue Thyssen einen Teil dieser Belastungen schultern muss, bleibt zunächst offen.

Einen schnellen Durchmarsch der Aktie wird es deshalb nicht geben. Selbst im Erfolgsfall wird es bis weit ins Jahr 2018 dauern, bis die neue Konzernstruktur mit der Stahltochter steht. Zudem werden sich vor allem die Gewerkschaften dagegen wehren, die Interessen der Anteilsinhaber zu sehr in den Vordergrund zu rücken. 

Aktien von Thyssenkrupp bleiben ein heißes Eisen, allerdings mit eindeutigem Übergewicht auf der Kaufseite. Meldungen über Fortschritte bei den Verhandlungen werden zu schnellen Kursgewinnen führen, Rücksetzer sind Kaufgelegenheiten für Nachzügler. Bei einem deutlichen Anstieg über das Niveau von 27 Euro gäbe die Aktie ein starkes Kaufsignal. Das könnte zeitlich mit der Einigung im Aufsichtsrat zusammenfallen, der am nächsten Wochenende (23. und 24. September) zusammenkommt.

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