Ingame-Items-Markt Daddeln für die Börse

Gamer können bald an der Börse einkaufen: Die Deutsche Börse gründet eine Handelsplattform für virtuelle Gegenstände. Kein Kinderspiel: Mit Raumschiffen, Schwertern oder Hüten werden in Computerspielen Milliarden umgesetzt.

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Boomender Markt: Auch bei den „Sims“ handeln Spieler mit virtuellen Gegenständen. Die will die Börse nun an einem regulierten Markt handelbar machen. Quelle: Reuters

Berlin Zugegeben: Für NASA-Verhältnisse wäre der „Revenant“ ein Schnäppchen. Nur umgerechnet rund 11.000 US-Dollar kostete das seltene Raumschiff aus dem Computerspiel „Eve Online“. Doch den „Rückkehrer“ gibt es nur in virtueller Form: Der Raumkreuzer ist eines der teuersten so genannten Ingame-Items aller Zeiten. Das sind virtuelle Gegenstände, mit denen Computerspieler – von weiten Teilen der Öffentlichkeit unbemerkt – untereinander handeln. Kein Kinderspiel: Ob Raumschiff, Hut oder Langschwert – mit virtuellen Gegenständen wird im Netz seit Jahren sehr viel Geld gemacht. Nun steigt die Deutsche Börse in den wachsenden Markt für Computerspiele ein. Die Frankfurter gründen zusammen mit der Hamburger Finanztechnologiefirma Naga die Plattform Switex, auf der Computerspiel-Gegenstände gehandelt werden können.

Die virtuelle Ökonomie boomt, ist aber bislang kaum erforscht. Bei vielen Onlinespielen können Nutzer Erweiterungen kaufen, um besser zu werden oder sich von Konkurrenten abzuheben. Ein Maschinengewehr beim Ego-Shooter Counter-Strike gibt es schon für ein paar Dollar. Seltene Gegenstände bringen deutlich mehr. Für einen Streitkolben beim Online-Rollenspiel Diablo 3 boten Spieler bis zu 14.000 US-Dollar. Noch teurer – und das ist kein Scherz – ist der pinke Kriegshund aus dem Multiplayer-Spiel Dota 2, für den ein Nutzer 38.000 Dollar zahlte. Die Börse schätzt, dass der Markt für Spielegegenstände ein jährliches Volumen von 46 Milliarden US-Dollar erreicht hat und jährlich um mehr als 10 Prozent wächst. „Das ist ein riesiger Markt, von dem wir uns ein möglichst großes Stück abschneiden wollen“, sagte ein Naga-Sprecher.

Denn wie in der realen Ökonomie ist auch in der Internet-Ökonomie ein florierender Schwarzmarkt entstanden. Diebstahl und Betrug sind an der Tagesordnung. Eine weltweite, regulierte Plattform für den Handel mit virtuellen Gegenständen gebe es bisher nicht, erklärt Naga-Chef Yasin Qureshi, der Switex leiten soll. „Wir bieten Computerspielern die Möglichkeit, virtuelle Wertgegenstände, die sie durch ihre Fähigkeiten und Bemühungen erworben haben, zu Geld zu machen.“

Die neue Plattform soll laut Naga im zweiten Quartal 2017 an den Start gehen. Ziel sei es, mit der Unterstützung der Deutschen Börse einen neuen Standard für den Handel mit virtuellen Gegenständen zu entwickeln. Einige Mitarbeiter von Deutschlands größtem Börsenbetreiber, die privat leidenschaftliche Computerspieler sind, beschäftigen sich schon länger mit dem Thema. Der hessische Dax-Konzern, der gerade mit der London Stock Exchange (LSE) fusionieren will, wird eine Minderheitsbeteiligung an Switex halten.

Die Deutsche Börse hat schon einmal versucht, ihre Angebotspalette in die virtuelle Welt auszuweiten. Anfang 2014 startete sie die „Cloud Exchange“. Dort konnten Nutzer mit Rechenkapazität und Speicherplatz handeln. Das Angebot fand aber wenig Zuspruch und wurde Anfang dieses Jahres eingestellt. Wenig Glück hatte übrigens auch der Käufer des „Revenant“. Eine übermächtige Allianz von Spielern nahm das virtuelle Raumschiff ins Visier und verwandelte es in Sternenstaub.

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