Insider-Aktien Kaufen, wenn die Chefs zugreifen

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Krise, welche Krise?

Newe Yorker Börse Quelle: dpa

In vielen Fällen kauften die Manager zu Recht, sagt Eric LeCoz, Chefstratege beim Fondsmanager Carmignac, „viele Konzerne in den Krisenländern haben grundsolide Bilanzen und strotzen vor Kraft“. In Deutschland kletterte das Verhältnis von Käufern zu Verkäufern im August auf 9:1, den höchsten Stand seit März 2009. Im September lag es bei 6:1, im Oktober immer noch bei 3:1. „Normal ist in Deutschland ein Verhältnis von etwa 1:1“, erklärt Patrick Hable, Chef des Analysehauses 2 IQ Research, das sich auf die Erfassung und Auswertung von Insider-Deals weltweit spezialisiert hat. „Die absoluten Kaufvolumina liegen sogar weit über denen der Jahre 2009, 2003 und 1987, als die Insiderkäufe jeweils Rekordwerte erreicht hatten.“

Inzwischen ist die Kaufwelle von August und September zwar abgeebbt. Die Kurse sind seither aber noch nicht davongelaufen, der Dax notierte zuletzt immer noch auf dem Niveau von Anfang September. Vorstände und Aufsichtsräte haben auch noch nicht wieder verkauft. „Das zeigt, dass sie sich derzeit eher langfristig engagieren“, meint Hable. Sollten Anleger es den Vorständen jetzt nachmachen?

Als Gruppe oft richtig

Dafür spricht einiges. „Die Risiken sind nicht aus der Welt, doch die meisten Vorstände sehen, dass ihre Auftragslage nicht so schlecht ist, wie es die Kurse an der Böse glauben machen“, sagt Christian Krahe, Fondsmanager des Deutschen Aktien Total Return Fonds, der auf mittelgroße und kleine deutsche Aktien spezialisiert ist. Das sollte auch Privatanlegern Mut machen: Schließlich wissen Vorstände und Aufsichtsräte selbst in der Regel am besten, wie es in den Büchern des eigenen Unternehmens ausschaut, in welche Richtung Auftragseingänge und Kosten laufen oder ob sich eine neue Technologie am Markt durchsetzen könnte.

Viele Profis achten deshalb genau darauf, ob die Insider Aktien kaufen. „In der Finanz- und Schuldenkrise haben viele Kennzahlen und Bewertungsmaßstäbe an Aussagekraft verloren“, sagt Jens Ehrhardt, Chef von DJE Kapital in Pullach, „einer der wenigen Parameter, auf die man sich noch stützen kann, sind Insiderkäufe.“ Einzelne Insider könnten falsch liegen; aber als Gruppe hätten sie so gut wie nie wirklich danebengelegen, sagt Ehrhardt.

Nach Vorstandskäufen steigen die Aktien

„Der Effekt von Insiderkäufen auf den Kurs ist einer der am besten belegten Einflussfaktoren in der Kapitalmarktforschung überhaupt“, sagt der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte. Er ist durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegt. In den USA, wo die Insideraktivitäten seit Jahrzehnten meldepflichtig sind, wiesen diverse Studien nach, dass Aktien nach Käufen von Vorständen und Verwaltungsräten überdurchschnittlich stark stiegen.

Kaspar Dardas von der European Business School in Wiesbaden und 2 IQ Research liefern nun auch für Europa Nachweise. Die Hessen fanden zudem heraus, dass der positive Kurseffekt der Insideraktien in der Regel erst nach 12 bis 15 Monaten voll zum Tragen kommt: Nach drei Monaten hatten Aktien, die signifikant von Insidern gekauft wurden, im Schnitt 3,5 Prozentpunkte besser abgeschnitten als ihre Vergleichsgruppe, nach zwölf Monaten waren es 7,0 Prozentpunkte.

Keine Panik

Die meisten Unternehmensinsider verhielten sich selbst „wie klassische Langfrist- und Value-Investoren“ sagt 2 IQ-Co-Gründer Robert Hable, „die durchschnittlichen Haltezeiten betragen nach den Käufen weit über ein Jahr.“ Privatanleger müssten deshalb nicht unbedingt schnell reagieren, wenn sie vom Insidereffekt profitieren wollen, meint Hable, „man kann die Aktien zuvor in Ruhe analysieren“.

Dies gilt umso mehr, weil die meisten Insider lieber zu früh als zu spät kaufen. „Insider verhalten sich meist antizyklisch, sie kaufen gerne nach drastischen Kursdellen“, sagt Hable, „aber sie sind Antizykliker mit einem ausgeprägten Hang zum Optimismus.“ Eindrucksvoll zu beobachten war dies zwischen März 2000 und März 2003, als der Dax von 8100 auf 2200 Punkte rutschte: Die meisten Vorstände und Aufsichtsräte wähnten die Baisse schon im Herbst 2001 am Ende und kauften vermehrt Aktien ihrer eigenen Unternehmen; die zweite Crashwelle 2002 erwischte sie dann auf dem falschen Fuß.

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