Intelligent Investieren

Investmenterfolg durch richtiges Denken

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Auf unkonventionellem Weg zur Überrendite

Überrenditen erzielen ist also in der Tat alles andere als „einfach“, und es geht zudem mit einem überdurchschnittlichen Verlustrisiko einher (und zwar wenn das Erwartete nicht eintritt). Was ist erforderlich, um auf unkonventionellem Wege Überrenditen erzielen zu können? Der erfolgreiche amerikanische Investor und Gründer von Oaktree Capital Management Howard Marks (*1946) sagt: richtiges Denken.

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Und genau dieser Gedanke führt uns direkt zurück zu Daniel Kahnemans Unterscheidung des Denkens in System 1 und System 2. Führen wir uns die Unterschiede dieser beiden Arten des Denkens noch einmal vor Augen anhand von drei Beispielen:

System 1: Ich weiß, die Unternehmung A ist exzellent, sie stellt sehr gute Produkte her, also kaufe ich die Aktie.

System 2: Jeder denkt, Unternehmen A ist eine gute Firma. Vermutlich ist die Aktie daher schon überbewertet. Ich führe erst eine Bewertung der Aktie durch und entscheide dann, ob ich kaufe oder nicht.

System 1: Alle Prognosen besagen, dass die Konjunktur einbricht. Das ist schlecht für Aktien. Also verkaufe ich!

System 2: In der Tat, der Ausblick für die Wirtschaft ist mies. Aber das ist vermutlich bereits in den Kursen enthalten. Also sehe ich mir die Bewertungen der Aktien erst genau an und entscheide dann, was zu tun ist.

System 1: Die EZB hebt bald die Zinsen an, denke ich. Der Euro wird daher gegenüber dem US-Dollar aufwerten. Ich verkaufe Dollar.

System 2: Möglich, dass die EZB die Zinsen anhebt. Aber der Euro-Dollar-Wechselkurs wird von vielen Faktoren beeinflusst. Ich weiß zudem nicht, ob er derzeit zu teuer oder zu billig ist. Ich lasse besser die Finger davon.

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Aus dem Denken in System 1 erwächst im Grunde nichts weiter als eine unreflektierte Meinung über die Zukunft. Sie führt zu Schlussfolgerungen, die auch alle anderen ziehen, die in System 1 denken – und das sind vermutlich die meisten Akteure an den Finanzmärkten. Wer beim Investieren in System 1 denkt, ist zwar in Mehrheitsgesellschaft, gelangt häufig jedoch nicht ans erhoffte Renditeziel.

Denn wer in System 1 denkt, der übersieht vor allem, dass die Preise auf den Finanzmärkten die Erwartungen aller Marktteilnehmer widerspiegeln, beziehungsweise dass die Einschätzungen der Marktakteure von entscheidender Bedeutung sind für die weitere Entwicklung der Kurse.

Wer in System 2 denkt, ist den Denkern in System 1 mindestens einen, wenn nicht gar mehrere Denkschritte voraus. Ein Investor, der sich System 2 bedient, wägt ab, hinterfragt, überprüft kritisch. Bevor er eine Entscheidung trifft, stellt er sich beispielsweise folgende Fragen:

  • Was denken alle anderen, wie sich die Aktienmärkte künftig entwickeln?

  • Wie unterscheidet sich meine Erwartung von den Konsensus-Erwartungen und warum?

  • Welche Gründe gibt es, dass meine Einschätzung zutreffender sein sollte als die der anderen?

  • Welche Zukunftsszenarien gibt es, welche Eintrittswahrscheinlichkeit haben sie, und was bedeuten sie für die künftigen Aktienkurse?

  • Was passiert mit den Aktienkursen, wenn meine Erwartung über die Zentralbankpolitik richtig ist und alle anderen falsch liegen?

Richtig denken

Überrenditen zu erzielen, ist möglich, wie die Erfolge von namhaften Investoren zeigen. Allerdings ist das – wie gezeigt – alles andere als leicht. Oder wie sagt es Investmentlegende Charlie Munger (*1924) treffend: „It’s not supposed to be easy. Anyone who finds it easy is stupid.“ Ins Deutsche übersetzt: „Man sollte nicht meinen, es sei einfach. Jeder, der es einfach findet, ist dumm.”

Wer nach Überrendite strebt, muss nicht nur unkonventionell denken, es muss ihm auch gleichzeitig auch gelingen, zur richtigen Zeit in System 2 zu denken: Richtiges Denken beim Investieren – das Denken in System 2 und nicht nur in System 1 – ist ein unverzichtbares Element, um langfristig erfolgreich zu sein. Das erfreuliche daran ist, dass man nach Kahneman das Denken in System 2 durch Übung lernen kann.

[1] Erklärung: x = Preis des Baseballschlägers, y = Preis des Baseballs. Es gilt x + y = 1,10. Wenn der Baseballschläger 1 Euro mehr kostet als der Ball, gilt: y + 1 = x. Somit gilt: (y + 1) + y = 1,10. Daraus folgt: x = 1,05 und y = 0,05.

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