Intelligent investieren

Zeitlose Anlageprinzipien für Aktien im Höhenrausch

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Steigende Bewertung und Empfehlungen

Steigende Bewertung

Das durchschnittliche KGV für den US-Aktienmarkt in der Zeit 1973 bis heute betrug knapp 17, die durchschnittliche Gewinnrendite etwa 5,9 Prozent. Derzeit liegt das KGV bei knapp 24, die Gewinnrendite also bei 4,2. Nun zeigt aber das KGV keine Tendenz, um einen Mittelwert zu schwanken. Im Betrachtungszeitraum ist es vielmehr im Trendverlauf gestiegen. Beim Marktzins verhielt es sich umgekehrt: Er ist einem negativen Trend gefolgt.

Der negative Zusammenhang zwischen KGV und Marktzins ist nicht überraschend: Ein fallender Zins treibt das KGV in die Höhe (wenn die Risikoprämie gleich bleibt oder nur wenig steigt). Und dass sich die Marktzinsen im ungedeckten Papiergeldsystem immer weiter der Nulllinie annähern, ist absehbar: Nur durch das Herunterdrücken des Zinses lässt sich der Schuldenturm vor dem Einsturz bewahren.

Was wäre, wenn sich die künftige Gewinnrendite zurückbildet, weil die Marktzinsen – ausgehend vom aktuellen US-amerikanischen Niveau – ihren Abwärtstrend beibehalten und sich so etwas wie „japanische Verhältnisse“ im Zinsmarkt zementieren? Ein KGV von gut 30 könnte die neue Norm werden. Bei gegebenen Gewinnen hieße das, über den Daumen gerechnet, eine Steigerung der Aktienkurse um 25 Prozent. Ein plausibles Szenario.

KGV steigt, Zinsen fallen, Niedrige Zinsen begünstigen höhere Aktienbewertungen.

Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet, scheinen die Aktienmärkte zum aktuellen Bewertungsniveau immer noch nicht „zu teuer“ zu sein: Sie stellen dem Anleger weitere Bewertungszugewinne in Aussicht – wenn, ja wenn die Zinsen niedrig bleiben beziehungsweise weiter absinken. Man sollte jedoch daraus keine vorschnellen Schlüsse ziehen, sich nicht ermuntert sehen, blindlinks in die Aktienmärkte zu investieren.  

Nachteile von Index-Investments

Die Bedenken richten sich vor allem an die, die der Auffassung sind, man könne nicht dauerhaft besser abschneiden als der Aktienmarkt – dass also die systematische Erzielung von „Überrenditen“ unmöglich sei und man daher am besten Aktienindex-Zertifikate oder Aktienindex-ETFs kauft. Diese Index-Strategie ist zwar ohne großen Aufwand umsetzbar. Im aktuellen Umfeld hat sie allerdings – und das gilt es zu bedenken – vor allem drei Nachteile.

(1) Aktienindizes enthalten stets Unternehmen, die wenig attraktiv sind, weil sie zum Beispiel in reifen Märkten operieren, und die folglich nur noch unterdurchschnittliche Wachstums- und Gewinnzuwächse in Aussicht stellen, oder sie erzielen eine geringe Kapitalrendite, fallen im Wettbewerb zurück. Wer solche Unternehmen per Indexkauf in sein Portfolio aufnimmt, bezahlt das mit einem Renditeabschlag.

Die Märkte für Geduldige
Wo lässt es sich am besten nach Rendite fischen?Zwischen 1900 und Ende 2016 gewannen die Aktienmärkte weltweit im Schnitt 5,1 Prozent pro Jahr, die Inflation herausgerechnet. Zu diesem Ergebnis kommt die Credit Suisse in ihrem „Global Investment Returns Yearbook“ 2017, das im Februar veröffentlicht wurde. Für die Berechnung stützt sich die Schweizer Bank auf die Daten der Professoren Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton von der London Business School. Der Datensatz erfasst die Performance von 70.000 Börsentagen und vergleicht die Aktienmärkte aus 21 Ländern. Wer trotzte den Krisen der vergangenen Jahrzehnte besonders gut? Ein Überblick. Quelle: dpa
Österreich Quelle: Wiener Börse
Italien Quelle: REUTERS
Belgien Quelle: Fotolia
Frankreich Quelle: REUTERS
Deutschland Quelle: dpa
Portugal Quelle: dpa

(2) Das „Preis versus Wert“-Prinzip lässt sich nicht anwenden: Man erwirbt nicht nur alle im Index enthaltenen Aktien, sondern man übernimmt sie auch entsprechend ihrer Indexgewichtung. Letztere stellt aber nicht sicher, dass Aktien, die eine hohe Sicherheitsmarge haben, höher gewichtet werden, und dass Aktien, die eine geringere Sicherheitsmarge haben, geringer gewichtet werden, wie es sinnvoll ist.  

(3) Die weitere Zinsentwicklung ist und bleibt unsicher. Auf steigende Bewertungen zu setzen, ist riskant. Besser ist es, gezielt in Unternehmen zu investieren, die lange Zeit in der Lage sind, eine hohe Rendite auf das Eigenkapital zu erzielen und den Gewinn pro Aktie zu steigern. Sie sorgen „ganz natürlich“, quasi aus sich heraus für hohe Investitionsrenditen – und profitieren auch von höheren Bewertungen, sollten sie sich denn einstellen.  

Diese drei Nachteile der Index-Strategie können in Phasen technologischer Neuerungen – und hierzu ist die digitale Revolution zu rechnen – groß und gewichtig werden. Was ist die Alternative? Sie besteht darin, sehr wählerisch zu sein, ein bewusstes „Stock Picking“ zu betreiben – und dabei diszipliniert das „Preis versus Wert“-Prinzip zu befolgen. Das, was Investoren wirklich wollen, lässt sich erreichen: hohe Renditechancen bei geringem Risiko.

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