Investor Relations Die Kursmacher der Konzerne

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Günter Dielmann

Bei Investorengesprächen unter vier Augen – im Branchenjargon One-on-Ones – kommen die Fragen Schlag auf Schlag: Was macht das Japangeschäft nach dem atomaren Unfall? Wie stark wachsen die Lizenzen? Und mit wie vielen Kunden kalkuliert der Konzern beim Cloud Computing, bei dem Kunden Software via Internet mieten?

Frankfurt, Mitte Mai. In einem fensterlosen Raum eines Luxushotels trifft Gruber nach und nach 21 Investoren. Die Hedgefondsmanager, Banker, Versicherer und Vermögensverwalter wollen Wachstum sehen – sonst lohnt sich für sie das Investment in die SAP-Aktie nicht. Die Arbeitgeber der ersten sechs Herren, die Gruber 45 Minuten lang gemeinsam mit Fragen bombardieren, verwalten zusammen an die 50 Milliarden Euro. Einen Teil davon sähe SAP gern in Form von Nachfrage für die eigene Aktie – allein schon, um den Aktienkurs endlich mal dauerhaft über der 40-Euro-Marke zu halten.

Neue Produkte und solides Kerngeschäft

Doch so einfach geben die Jungs das Geld nicht her: Ein junger Vermögensverwalter stützt beide Unterarme auf den viereckigen Tisch, lehnt sich leicht nach vorn. Mit tiefblauen Augen schaut er Gruber eindringlich an: „Sie wecken sehr viel Hoffnung mit den neuen Produkten“, sagt er. Aber in der Vergangenheit hätten sich viele nicht so gut entwickelt wie gedacht. „Dieses Jahr müssen Sie liefern – mit der Hochgeschwindigkeits-Software Hana und den mobilen Handyanwendungen erwarten wir jeweils 100 Millionen Euro Umsatz. Minimum.“ Gruber kontert: „Natürlich sprechen wir viel über neue Produkte – aber wir betonen ebenso, dass SAP den Hauptumsatz nach wie vor mit dem soliden Kerngeschäft macht.“

So richtig zufrieden stellt das die Herren nicht. Wachstum, Wachstum, Wachstum – das magische Wort hatte Gruber eine Stunde zuvor in jeden dritten Satz seines Vortrags vor 70 Investoren eingebaut.

„IR ist keine Einbahnstraße, ich berücksichtige die Fragen und Einschätzungen der Investoren bei meiner Arbeit und berate die Vorstände entsprechend“, sagt Gruber. „Ein guter IR-Manager ist der Seismograf der Firma“, sagt auch Talanx-Mann Schmitt. Gute IR-Profis geben auch schlechte Nachrichten schnell in den Markt, auch wenn es nicht selten intern Widerstand gibt, weil so mancher Vorstand Pannen noch eine Weile unter der Decke halten möchte. „Und wenn man nicht sofort eine Einschätzung einer neuen Lage hat, muss man dem Markt klar sagen, bis wann er eine bekommt“, sagt Schmitt.

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