Investor Relations Die Kursmacher der Konzerne

Wie die besten Aktionärsbetreuer der Konzerne Aktienkurse beeinflussen, was das Privatanlegern bringt und wie der Investor-Relations-Chef von SAP den Job meistert.

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Einer für alle, alle für Gruber Quelle: Andreas Körner für WirtschaftsWoche

Die verbale Tracht Prügel hat sich SAP-Co-Chef Jim Hagemann Snabe auf der Hauptversammlung fast bis zum Ende seiner Rede aufgehoben. Der Co-Boss des Walldorfer Dax-Konzerns holt noch mal tief Luft, hält inne, windet seinen Körper nach rechts und links, dann spricht er endlich: Der Finanzmarkt habe auf die guten Zahlen des ersten Quartals überraschend mit einem Kursrückgang reagiert. Er glaube, dass der Markt nach dem Rekordquartal Ende 2010 für das erste Vierteljahr 2011 höhere Ergebnisse erwartet habe, entschuldigt er sich bei den Aktionären – und präsentiert ihnen den Schuldigen im Konzern: „Wir haben aber auch erkannt, dass wir unsere Ergebnisse in Zukunft noch präziser kommunizieren müssen – insbesondere den Einfluss von Sondereffekten.“

Dieser Seitenhieb geht in Richtung seiner Aktionärsabteilung Investor Relations (IR): Für Leiter Stefan Gruber, der zu dem Zeitpunkt in einem Hinterzimmer der Mannheimer SAP Arena sitzt, muss das gesessen haben.

Ein guter IR-Manager muss Kritik wegstecken können

Gruber und sein Team hatten für die Hauptversammlung alles vorbereitet. Antworten auf über 500 Fragen, die Aktionäre stellen könnten, lagen parat, zu Zahlen, Dividenden, den Verurteilungen wegen Patentdiebstahls in den USA. Wenn der 41-Jährige nach dem Seitenhieb seines Bosses gefragt wird, legt er eine Denkpause ein: „Verbesserungspotenzial gibt es immer, und das kann der Chef auf einer Hauptversammlung auch zugeben“, sagt er. Ein guter IR-Manager muss Kritik wegstecken können und auch mal den Kopf fürs Unternehmen hinhalten – und Stefan Gruber ist ein guter.

Aus Sicht von Investoren und Analysten sind Gruber und sein Team sogar die Besten: Das bescheinigt ihm das diesjährige IR-Ranking der WirtschaftsWoche und des Deutschen Investor Relations Verbands (DIRK). Um auf der einen Seite die besten Unternehmen und auf der anderen Seite die besten IR-Profis zu ermitteln, haben Experten des Finanzdaten-Anbieters Thomson-Reuters-Extel rund 800 Finanzmarktakteure befragt – Manager von 250 Fondsgesellschaften, Versicherungen und Hedgefonds aus elf Ländern, die täglich Investitionsentscheidungen für 7000 Milliarden US-Dollar treffen oder Analysen für professionelle Anleger schreiben. „Dabei gewichten wir die Stimmen etwa je nach Höhe der verwalteten Gelder – wer mehr Kapital anlegt, dessen Stimme zählt mehr“, sagt Extel-Chef Steve Kelly.

Privatanleger und professionelle Investoren mögen keine negativen Überraschungen. IR-Manager dürfen niemandem vorab genaue Zahlen geben – Quartalszahlen sind Insiderinformationen, die alle Investoren gleichzeitig bekommen müssen – aber sie können Erwartungen steuern. Hier mal eine Nachfrage – „Sind Sie da nicht vielleicht zu pessimistisch?“ Haben Sie sich auch die asiatischen Zahlen genau angeschaut? –, dort mal eine kleine Korrektur einer Analystenrechnung, das reicht meist schon, um „den Markt“ auf die richtige Fährte zu führen. „Investoren nehmen zu Gesprächen mit Vorständen und IR-Leuten teilweise sogar Spezialisten für Körpersprache mit“, sagt Kelly von Extel. Für Investoren ist es zudem wichtig, wie schnell die IR-Abteilung auf komplexe Anfragen reagiert – und wie verlässlich die Informationen sind.

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