Investoren flüchten nach Europa Japans Geldflut entfesselt Renditejagd

Europäische Staatsanleihen werden für Anleger wieder attraktiv – trotz der Lage in Zypern und Italien. Experten sehen eine Renditejagd der Investoren, weil die Geldflut aus Japan Anleger nach Europa spüle.

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Menschen aus Spanien, Italien, Portugal und Griechenland halten jeweiligen Landesfahnen hoch. Anleger greifen bei Anleihen der Euro-Länder zu. Quelle: dpa

Frankfurt Die beispiellose Geldflut der japanischen Notenbank sorgt für eine Rally bei den Staatsanleihen aus der Euro-Zone. Japanische Investoren treibt es auf der Suche nach höheren Erträgen nach Europa, und ihre Bondkäufe neutralisieren die Auswirkungen der Bankenkrise in Zypern und der politischen Unsicherheit nach den Wahlen in Italien.

Die Bank von Japan (BOJ) wird unter dem neuen Gouverneur Haruhiko Kuroda monatlich Staatsanleihen im Volumen von 7,5 Billionen Yen (58 Mrd. Euro) kaufen - die größte geldpolitische Lockerung seit die Zentralbank 2001 mit dem Programm begann, um die Konjunktur anzukurbeln. Japan hat in den vergangenen fünf Jahren drei Rezessionen durchgemacht. Die Zentralbank hat nun ein Ziel von zwei Jahren gesetzt, um unter einer “neuen Phase der geldpolitischen Lockerung” eine Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen.

Belgische Bonds verzeichneten nach der Entscheidung der BOJ am 4. April die beste Entwicklung in der Eurozone. Die Finanzierungskosten Belgiens, Frankreichs und Österreichs sanken am Montag auf Rekordtiefs. Die Rendite der zweijährigen italienischen Anleihen sank auf ein Zwei-Monats-Tief, und bei den zweijährigen Spanien-Papieren fiel die Rendite erstmals seit Oktober 2010 unter zwei Prozent.

„Für die Investoren ist jetzt die Zeit, der BOJ ihren Respekt zu zollen und auf die Renditejagd zu gehen - nach dem Motto 'wer zuerst kommt, mahlt zuerst'“, sagt Shinji Kunibe, Chef-Portfoliomanager Festverzinsliche bei Nissay Asset Management in Tokio. „Und nicht nur japanische, sondern auch andere ausländische Investoren nehmen an der Jagd teil, denn sie hatten erwartet, dass die Japaner dies tun würden“, ergänzte er. Kunibe ist bei französischen Bonds übergewichtet und „leicht“ übergewichtet bei spanischen Staatspapieren.

Belgische Staatspapiere kommen seit dem 4. April auf einen Ertrag von 0,98 Prozent, während japanische Bonds 0,3 Prozent verloren haben. Das zeigen Indizes von Bank of America Merrill Lynch. Spanien-Bonds brachten 0,64 Prozent ein und italienische Anleihen 0,56 Prozent. Die Rendite der belgischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sank am Montag auf 1,924 Prozent, die zehnjährigen österreichischen Finanzierungskosten fielen auf 1,46 Prozent und die zehnjährige Frankreich-Rendite touchierte 1,709 Prozent.


Japanische Anleihen haben die niedrigste Rendite der Welt

Die Rendite der zehnjährigen japanischen Staatsanleihen ging am 5. April auf das Rekordtief von 0,315 Prozent zurück und lag am Dienstag bei 0,518 Prozent - das ist die niedrigste Rendite weltweit. Der Renditeaufschlag, den Investoren bei italienischen Papieren im Vergleich zu japanischen Bonds erhalten, liegt bei 382 Basispunkten, wobei der Durchschnitt für die letzten fünf Jahre auf 361 Basispunkte kommt.

„Die Auswirkungen der kommenden geldpolitischen Lockerung könnten gravierend sein“, schrieben Chotaro Morita und Noriatsu Tanji, Analysten für Festverzinsliche bei Barclays Plc am 5. April in einer Mitteilung an Kunden. Da die Zentralbank ein Volumen kaufen wolle, dass 70 Prozent des Emissionsumfangs entspreche, sei es wahrscheinlich, dass Investoren beginnen würden, den Markt für japanische Staatanleihen zu verlassen, führten die Analysten aus.

Barclays geht auch davon aus, dass japanische Lebensversicherungskonzerne, die geschätzt 15 Billionen Yen jährlich in Staatsanleihen mit längerer Laufzeit investieren, einen Teil des Geldes in US-Treasuries oder europäische Anleihen umschichten werden, wenn die Bondkäufe der BOJ die Renditen von japanischen Anleihen mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren weiter drücken.

Die Geldpolitik der BOJ werde “Geld in Bewegung setzen” und den japanischen Investoren eine Anreiz geben, in anderen Märkten Bonds mit höheren Renditen zu kaufen, sagte auch Bill Gross. Er betreut bei Pacific Investment Management Co. in Newport Beach, Kalifornien, den weltgrößten Anleihefonds und äußerte sich am 4. April im Interview bei Bloomberg Television.

Die gleiche Einschätzung vertritt Hiroki Shimazu, Ökonom bei SMBC Nikko Securities Inc. in Tokio. Seine Kunden suchten nach höheren Erträgen außerhalb Japans, berichtet er: „Sie sind wirklich an ausländischen Bonds interessiert - Treasuries und Deutsche Bundesanleihen.“ Zehnjährige Renditen für japanische Staatsanleihen um 0,5 Prozent seien wirklich gering, fügte er an.

Nach Ansicht von Soeren Moerch, Leiter Handel Festverzinsliche bei der Danske Bank A/S in Kopenhagen, wird das Risiko einer verschärften Krise in Zypern und eines zweiten Rezessionsjahres in der Eurozone durch weiteres billiges Geld aus Japan gemildert. „Wir sahen in der vergangenen Woche Käufe von japanischen Investoren bei kurz laufenden spanischen und italienischen Bonds“, sagte Moerch. „Ich denke nicht, dass das ein Zufall ist. Was die BOJ tut, hat wahrscheinlich deutliche Auswirkungen auf höher rentierende Anlagen, einschließlich Anleihen aus den Peripherieländern der Eurozone. Denn japanische Investoren werden gezwungen, anderswo nach besseren Renditen Ausschau zu halten“, fügte er an.

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