IPO-Markt Neue Aktien für den heißen Börsenherbst

Wenn sich die Aktienmärkte einem Rekordhoch nähern, wagen Unternehmen den Sprung an die Börse. Was Anleger über die Börsengänge von Zalando, Alibaba und Co. wissen sollten.

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Zwei Jahre nach Facebook, planen wieder eine ganze Reihe von technologielastigen Unternehmen den Sprung an die Börse. Quelle: dpa

Als Facebook im Mai 2012 an die Börse ging, fühlten sich erfahrene Anleger an die Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende erinnert. Die Bewertungen an der Börse entpuppten sich als damals als dramatisch überzogen, die „New Economy“ bewies: Auch das Neue muss erst einmal Geld verdienen, um Anleger zu erfreuen.

Doch Facebook strafte die Skeptiker Lügen – wenn auch mit einiger Verspätung. Facebook startete mit einer Bewertung von 104 Milliarden Dollar in den ersten Handelstag an der Technologiebörse Nasdaq. Doch der Börsengang war vermurkst, die Aktie verlor in den darauffolgenden Wochen mehr als die Hälfte ihres Wertes.

Später aber bewies das soziale Netzwerk mit mittlerweile mehr als einer Milliarde Nutzern weltweit, dass es durchaus viel Geld verdienen kann. Heute notiert das Papier beim doppelten des Ausgabekurses. Facebook ist an der Börse heute rund 179 Milliarden Dollar wert. Wer die Aktie vor dem Börsendebüt gezeichnet hat, konnte sich also erst einmal ärgern. Wer aber erst im Kurstief wenige Monate nach dem Börsenstart Facebook-Aktien kaufte, konnte sich freuen.

Was Sie über die Börsenkandidaten wissen sollten

Ein Dutzend Börsengänge in Frankfurt

Nun planen wieder eine ganze Reihe von technologielastigen Unternehmen den Sprung an die Börse – und hoffen auf einen Erfolg schon beim Börsenstart. Mit Zalando, Alibaba, Rocket Internet, Scout24 und Axel Springer Digital Classifieds sind gleich vier im Milliardenbereich bewertete Unternehmen mit einer Aktienneuemission in der Warteschleife.

Die Liste ist hierzulande noch deutlich länger: Insgesamt ein Dutzend IPOs wären noch bis Jahresende an der Frankfurter Börse denkbar. Darunter die Hörgerätesparte von Siemens, Kabelnetzbetreiber Tele Columbus, Dämmstoff-Fabrikant Armacell oder Autoscheinwerfer-Hersteller Hella.

von Karin Finkenzeller, Henryk Hielscher, Michael Kroker

Auf den ersten Blick scheint die Zeit für einen Börsengang, kurz IPO (Initial Public Offering) für Unternehmen wie Anleger günstig. „Der IPO-Markt ist zyklisch“, erklärt Martin Steinbach, Experte für Börsengänge bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. „Schon 2013 kam es zum Turnaround. Seitdem hat das Volumen der Börsengänge zugenommen, erst in den USA, jetzt in Europa.“

Dafür sieht Steinbach vor allem drei Gründe: die hohen Börsenbewertungen der Unternehmen, die relativ geringen Kursschwankungen und die positiven Geschäftsaussichten dank einer guten Konjunkturphase. Insgesamt sei das Börsenumfeld für IPOs in Europa so gut wie in den USA - wenn nicht sogar besser. „Der Markt ist noch nicht überhitzt. Gemessen an den Börsenständen müssten wir eigentlich deutlich mehr Börsengänge haben“, konstatiert Steinbach.

Rekordbörsengang voraus

Den Anfang dürfte das chinesische Schwergewicht Alibaba mit einem Handelsstart an der New York Stock Exchange machen. Die Erstnotiz wird für den 18. Oder 19. September erwartet. Das Platzierungsvolumen schätzen Beobachter möglicherweise sogar mehr als 20 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Facebook platzierte 2012 Aktien im Wert von 16 Milliarden Dollar.

Ab dem 8. September könnten Alibaba-Aktien den Investoren bereits zur Zeichnung angeboten werden. Die Schätzungen zur Börsenbewertung des Online-Händlers Alibaba reichen von 140 bis 230 Milliarden Dollar. Sollte Alibaba sogar mehr als 22,1 Milliarden Dollar platzieren, wäre es der größte Börsengang der Geschichte. Den bisherigen Rekord hält die Agricultural Bank of China, kurz ABC, seit ihrem Börsendebüt in Hongkong und Shanghai im Jahr 2010. 

Alibaba ist laut Analysten größer als Amazon und Ebay zusammen. Im bereits im März abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Gewinn laut Unternehmensangaben bei umgerechnet 3,7 Milliarden Dollar gelegen, der Umsatz lag bei 8,4 Milliarden Dollar. Dafür tätigte das Unternehmen Transaktionen im Wert von 248 Milliarden Dollar für 300 Millionen Kunden. Genaueres wird erst im Börsenprospekt stehen, den jedes Unternehmen vor seiner Aktienplatzierung vorlegen muss. Noch ist weder von Alibaba noch den anderen genannten Börsenaspiranten ein solcher Prospekt öffentlich.

Tech-Aktien sind gefragt

Auch aus Deutschland soll noch in diesem Jahr ein milliardenschwerer IPO kommen. Der Online-Modehändler Zalando strebt angeblich eine Unternehmensbewertung von vier bis fünf Milliarden Euro an und könnte den bisherigen Meldungen zufolge Aktien im Wert von etwa 500 und 600 Millionen Euro platzieren.

Das anfangs von den drei Samwer-Brüdern maßgeblich finanzierte Unternehmen könnte zugleich den Weg für die Holding der illustren Internetgründer ebnen. Ihr Unternehmen Rocket Internet bündelt viele junge Internet-Unternehmen. Mit einer erwarteten Bewertung von 3,3 Milliarden Euro kündigt sich so ein weiterer Tech-IPO größeren Kalibers an.

Was Alibaba alles macht
Wenn es um die Könige des Onlinehandels geht, dann reden viele über US-Konzerne wie Amazon und Ebay. Es gibt aber einen Akteur aus China, der mit zwei seiner Portale im Jahr 2012 sogar mehr verkaufte als die beiden amerikanischen Konkurrenten: Alibaba. Der „Economist“ bezifferte den Wert der vertriebenen Produkte auf 170 Milliarden Dollar – mehr als die US-Riesen zusammen erwirtschafteten. Das dürfte auch daran liegen, dass Alibaba sich nicht nur auf den Onlinehandel beschränkt. Handelsblatt Online hat zusammengetragen, welche Geschäftsmodelle sich hinter dem Namen verbergen. Quelle: AP
AlibabaDer bekannteste Geschäftsbereich des Konzerns: die gleichnamige Handelsplattform Alibaba. Anders als Amazon, das mit der Plattform gerne verglichen wird, richtet sich Alibaba nicht direkt an die Kunden, sondern ist eine Plattform für Geschäftspartner, ein sogenannter B2B-Handel. Auf der Webseite können Unternehmen ihre Gebote für das Produkt einer anderen Firma abgeben – etwa Büro- oder IT-Materialien. Quelle: dpa
TaobaoDie Online-Plattform erinnert schon eher an ein bekanntes Geschäftsmodell: Taobao ist eine Auktionsplattform, gewissermaßen das chinesische Ebay. Besonders beliebt ist die App für das Smartphone. Nach Angaben des chinesischen Marktforschungsinstituts iResearch ist die mobile Version die beliebteste „Mobil-Kommerz-App“ im Reich der Mitte und zählt monatlich die meisten aktiven Nutzer. Auf der Plattform kann jeder seine eigenen Sachen einstellen und verkaufen oder auf angebotene Produkte bieten. Quelle: Screenshot
TmallDie Shoppingseite erinnert an eine Art hochwertiges Amazon. Tmall, ehemals Taobao Mall, hat sich darauf spezialisiert, Markenprodukte anzubieten. Dort können Modeketten wie Uniqlo, Adidas und New Balance ihre Produkte an den Kunden bringen. Auch IT-Spezialisten wie Dell, Samsung oder Nokia zählen zu den Anbietern. Gemessen am Bruttowert der Waren, war Tmall im Jahr 2013 die größte Handelsplattform in China. Quelle: Screenshot
1688Eine der ältesten Alibaba-Webseiten entstand bereits 1999. Das Onlineportal 1688 hat den Großhandel ins digitale Zeitalter verfrachtet. Die Webseite bietet chinesischen Händlern direkten Kontakt und soll dabei helfen, heimische Marken auf die Portale von Alibaba zu holen. Quelle: Screenshot
AliexpressEin Outlet im Internet – so lässt sich wohl am besten das Angebot von Aliexpress beschreiben. Das Onlineportal stellt den Kontakt zwischen Konsumenten und Großhändlern sowie Produzenten in China her. Bisher fokussiert sich das Unternehmen auf die Märkte in Russland, Brasilien und den USA. Doch auch in Europa kann man bereits über die chinesische Plattform bestellen. Quelle: Screenshot
AlipayAlibaba-Gründer Jack Ma (Bild) ist aber nicht nur im Onlinehandel aktiv, sondern hat auch eine Onlinebezahlmethode entwickelt. Weil in China Kreditkarten nicht so verbreitet sind wie in der westlichen Welt, hat Ma ein System erschaffen, mit dem die Kunden die Waren seiner Onlineanbieter auch direkt über Alipay begleichen. Das Unternehmen kooperiert mit den großen chinesischen Banken sowie Visa und Mastercard. Um den Kunden die Sorge zu nehmen, dass ihre Waren trotz Bezahlens nicht ankommen, bietet Alipay die Möglichkeit, das Geld zurückzuhalten, bis der Kunde den Erhalt der Ware bestätigt hat. Mit dieser Methode hat sich Alipay zu einem Giganten unter den Bezahldiensten entwickelt – und die Onlinetransaktionen seit 2008 auf einen Wert von 660 Milliarden US-Dollar getrieben, wie die Credit Suisse berichtet. Zuvor sei der Onlinemarkt für Bezahldienste fast nicht existent gewesen. Quelle: REUTERS

Noch 2013 waren am IPO-Markt vor allem sichere Häfen gesucht, sogenannte Value-Aktien. Deshalb wagten sich seitdem viele Immobilienunternehmen mit stabilen Cash-Flows aus die Börse. Jetzt sind zunehmend Wachstumswerte gefragt, was zwangläufig auch mit höheren Risiken einhergeht. Der Technologiesektor ist daher derzeit besonders im Fokus der Investoren.

Reif für die Börse

„Der beste Zeitpunkt für ein Börsendebüt – vor allem im Technologiesektor –  ist gekommen, wenn das Unternehmen ein neues, tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt und große Wachstumsperspektiven hat. Das ist die ideale Basis für einen steigenden Kurs. Voraussetzung dafür ist allerdings die interne Börsenfähigkeit des Unternehmens“, erklärt Unternehmensberater Steinbach. „Dann ist eine Aktienplatzierung ein guter Weg, um sich Geld für Investitionen zu beschaffen und das Unternehmen auf das nächste Level zu heben.“

Börsengang: Fakten und Begriffe

Für Unternehmen ist die Finanzierung über einen Börsengang der komplizierteste, aber auch einträglichste Weg. „Je größer ein IPO ist, umso günstiger ist er für das Unternehmen“, sagt Steinbach mit Blick auf die Kosten für die beauftragten Banken und Berater. „In der Regel zahlt ein Börsendebütant fünf bis acht Prozent des Platzierungsvolumens für seinen Börsengang.“ Erst wenn ein Unternehmen bewiesen hat, dass sein Geschäftsmodell funktioniert und die Zahlen dies widerspiegeln, ist es reif für die Börse.

Aber nicht jeder gelungene Börsengang erfreut in der Folge auch die Anleger. Die entscheidende Größe für einen Investor ist daher der Einstiegspreis, der wiederum von der Unternehmensbewertung abhängt.

Wie aber kommt es zu einer realistischen Bewertung eines Börsenkandidaten? „Die Börse bezahlt nicht für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft. Letztlich hängt der Preis einer neuen Aktie davon ab, welche Erwartungen ein Unternehmen schürt und ob es diese auch erfüllen kann“, sagt IPO-Experte Steinbach. „Um den Ausgabepreis zu finden, werden die erwarteten Gewinne in der Zukunft finanzmathematisch auf heute zurückgerechnet.“ Die Kursentwicklung der neuen Aktien hängt dann wesentlich davon ab, ob die Unternehmensprognosen eintreffen. Die Unternehmen müssen sich daher gut vorbereiten.

Es gibt aber noch eine Reihe von Faktoren, die für die künftige Kursentwicklung eine wesentliche Rolle spielen.

Orderbuch

Damit ein Börsengang aus Sicht von Emittent und Investor ein Erfolg ist, sollte das Orderbuch – quasi die Bestellliste für die neuen Aktien - das Angebot um das eineinhalb- bis zweifache übersteigen. Dann sind auch Zeichnungsgewinne in Höhe des langjährigen Durchschnitts von zehn bis 15 Prozent drin. Ist die Nachfrage nach den neuen Wertpapieren geringer, drohen am ersten Handelstag Kurverluste. Damit die Nachfrage hoch genug ausfällt, muss aber die "Story" des Unternehmens die Investoren elektrisieren. Das wiederum hängt maßgeblich von den Wachstumsperspektiven ab.

Wachstumsstrategie oder Ausstieg der Altaktionäre

"Die vielen angekündigten Börsengänge im Herbst begrüßen wir ausdrücklich. Das bringt Bewegung in den Markt“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Oft scheint es, als würden die IPOs gerade im ausgereizten Börsenhoch stattfinden, um noch schnell Kasse zu machen. Aber diesmal haben wir diesen Eindruck nicht.“

Wichtige Warnsignale

Dennoch, so Aktionärsschützer Tüngler, sollten sich Anleger immer fragen, warum der Börsengang gerade jetzt stattfindet und was mit dem eingesammelten Geld geschehen soll. „Dient eine Aktienplatzierung vor allem dem Ausstieg und der Bezahlung der Alteigentümer, wäre das lediglich eine Form von Risikoabwälzung auf die Anleger und ein Warnsignal. Dann gibt es keinen Grund, so ein Papier zu kaufen“, sagt Tüngler.

Denn dieses Geld fehlt für die weitere Expansion. Beim Börsengang der Telekom in den Neunzigerjahren machte zum Beispiel der Bund als Eigentümer kräftig Kasse. Das Geld kam nie bei der Telekom an. Der tiefe Fall der „Volksaktie“ ist längst als eins der dunkelsten Kapitel in die deutsche Börsenhistorie eingegangen.

Eine Platzierung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung ist hingegen eine gute Sache, wenn mit dem Geld eine konkrete und vielversprechende Wachstumsstrategie verfolgt wird. „Das heißt noch nicht, dass Anleger dann blind zuschnappen sollten. Auch eine Platzierung aus einer Kapitalerhöhung ist kein Selbstläufer“, bremst Tüngler.

Beim bevorstehenden Börsengang des Online-Modehändlers Zalando sei die Tatsache, dass alle Alteigentümer ihre Aktien behalten wollen, dennoch ein gutes Zeichen – auch wenn noch unklar ist, wie und wofür Zalando das Geld aus dem Börsengang genau einsetzen will.

Beim Schwergewicht Alibaba kündigt sich hingegen an, dass Altaktionär Yahoo seinen Anteil am Unternehmen reduzieren und auch Kasse machen will. Auch diese Information finden Anleger verbindlich im Börsenprospekt.

Haltefristen

Wichtig für Investoren ist auch die Frage, ob und vor allem wann die Altaktionäre ihre Anteile an der Börse verkaufen dürfen. Anteilseigner, die an den Erfolg eines Börsendebütanten glauben, beugen sich deshalb der sogenannten Haltefrist oder auch Lock-up-Periode, die mindestens zwölf Monate andauern sollte. In dieser Zeit dürfen sie ihre Anteile nicht verkaufen und somit auch keinen Druck auf den Börsenkurs ausüben.

Die Haltefrist muss im Börsenprospekt vermerkt sein. Fehlt diese Zusage oder ist es die Haltefrist nur kurz, ist das für die Käufer neuer Aktien ein Malus.

Peer-group-Vergleich und Kurs-Gewinn-Verhältnis

Wichtig für die Einschätzung, ob ein Börsenneuling hoch oder niedrig bewertet ist, ist vor allem der Vergleich mit Wettbewerbern und vergleichbaren Unternehmen. Dieser Peer-group-Vergleich ist ebenfalls im Börsenprospekt zu finden – auch wenn die Auswahl der Vergleichsunternehmen oft diskussionsfähig ist.

Anhand von Zahlen wie Umsatz, Gewinn, Gewinnmarge, Kunden- und Mitarbeiterzahl und anderen Größen lässt sich zumindest ungefähr abschätzen, ob die neuen Aktien zu einem angemessenen Preis an die Börse gehen. Um zu einer fundierten Einschätzung zu gelangen, müssen Anleger aber mitunter tief in die Geschäftsberichte der anderen Unternehmen eintauchen.

9 Tipps die Sie bei Neuemissionen beachten sollten

Ein einfaches Maß ist hingegen das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es erfasst in einer Zahl, mit welchem Vielfachen des erwarteten Gewinns die Aktie an der Börse notiert. Das ist allerdings auch nicht mehr als eine grobe Hausnummer, lediglich im Vergleich zum Wettbewerb lässt sich daraus eine Über- oder Unterbewertung ableiten.

Vollends vergessen können Investoren das KGV, wenn das Unternehmen noch gar keinen Gewinn macht. Zalando etwa hat erst im vergangenen Quartal den Sprung in die Gewinnzone geschafft.

Aktien schwingen mit dem Markt

Auch wenn alles auf eine Kaufgelegenheit hindeutet, ist das kein Garant für steigende Kurse am ersten oder den darauffolgenden Handelstagen. Denn letzten Endes gibt oft der allgemeine Markttrend die Richtung für den Aktienkurs vor.

Die aktuelle Börsenphase findet Tüngler für Anleger ohnehin ausgesprochen schwierig. „Die Situation ist komplex und die Anleger verunsichert. Die Nachrichten aus den Unternehmen sind ja noch beherrschbar, aber Makrothemen wie die Notenbankpolitik, internationale Krisenherde, Sanktionen und mehr erschweren solide Entscheidungen. Die Anleger fühlen sich bei dieser Gemengelage eher wie auf dem Beifahrersitz“, berichtet Tüngler.

Aus diesen Börsengängen ist nichts geworden
Die im Mai oder Juni erwartete Wiederaufnahme von Börsengängen in China dürfte sich einem Zeitungsbericht zufolge noch bis Juli verzögern. Die Behörden machten sich Sorgen über den Zustand der Wirtschaft und würden deshalb erst im dritten Quartal wieder IPOs zulassen, hieß es in dem amtlichen "China Securities Journal". Die Börsenaufsicht hatte die Genehmigung von Börsengängen im Oktober eingestellt, um das Angebot zu drosseln, den Aktienmarkt zu stabilisieren und die Qualität der IPOs zu verbessern. Viele Branchenkenner hatten erwartet, dass die Behörde im Mai oder Juni eine Wiederaufnahme ankündigen wird. Im vergangenen Jahr bot sich an den westlichen Märkten ein ganz ähnliches Bild - wenn auch nicht ausschließlich krisenbedingt. Quelle: dpa
Das Logo der Rheinmetall AG Quelle: dpa
Die Zentrale des Versicherungskonzerns Talanx Quelle: dpa/dpaweb
Luxury clocks and watches are displayed inside a Graff Diamonds store at Peninsula Hotel in Hong Kong Quelle: REUTERS
Spanish Formula One driver Fernando Alonso of Ferrari steers his car Quelle: dpa
workers fixing a huge advertising banner of German company Evonik Quelle: REUTERS
Energiesparlampen werden am 26.08.2009 bei Osram in Augsburg (Schwaben) in Verkaufsverpackungen abgepackt. Quelle: dpa

Emissionsprospekt unter der Lupe

Um einen Börsengang richtig zu bewerten, kommen Anleger nicht umhin, sich in den Börsenprospekt zu Vertiefen. Insbesondere mit den Kapiteln zu den wirtschaftlichen Chancen und den Risiken für das Unternehmen sollten sich Anleger intensiv beschäftigen. Allerdings ist die Lektüre des oft mehrere hundert Seiten umfassenden Prospekt auch mühselig. Aktionärsschützer Marc Tüngler rät dazu, sich erst mit den Chancen und abschließend mit den Risiken im Prospekt zu beschäftigen. Dort finden sich die Wachstumsprognosen, Marktanalysen, aber auch laufende Gerichtsverfahren oder die Abhängigkeit des Unternehmens von einzelnen Führungspersonen.

Zeichnen oder später einsteigen?

Ob Privatanleger die neuen Aktien schon vor ihrem Handelsstart zeichnen sollten, lässt sich nicht pauschal beantworten. Aktionärsschützer Tüngler beobachtet jedoch, dass die Anleger seit dem Börsenstart der Postbank – deren Kurs nach dem Debüt deutlich stark gesunken war – eher abwarten, wie sich eine Aktie an der Börse etabliert und erst später kaufen. „Auch wenn deshalb ein paar Prozente verloren gehen, ist das nicht schlimm, denn das ist dann der Preis für ein Mehr an Gewissheit", meint auch Tüngler.  

Der spätere Einstieg über die Börse hat zudem den Charme, dass ein Bewertungsvergleich mit anderen Unternehmen einfacher ist, wenn die Börse eine neue Aktie bereits gehandelt hat und somit Marktpreise für das Papier zustande kommen.

Eisbrecher bahnen den Weg für kleine IPOs

Tüngler glaubt, dass die großen IPOs geradezu zum Erfolg verdammt seien. „Alibaba und Zalando müssen klappen, damit auch die kleineren Börsengange gelingen. Wenn diese beiden die Investoren nicht überzeugen, wird es für die kleineren viel schwieriger“, prognostiziert Tüngler.

Als Erfolg sieht er dabei einen ersten Handelskurs oberhalb des Ausgabepreises. „Außerdem sollte es am Anfang noch nicht zu viele Stützungskäufe geben. Bewegt sich der Kurs nach dem Börsengang wie ein Zitteraal um den Ausgabepreis, sollten Anleger vor einem möglichen Kurssturz gewarnt sein“, mahnt der Aktionärsschützer. Nach deutschem Aktienrecht ist es einen Monat lang nach der Erstnotiz erlaubt, durch Käufe den Kurs der Aktie zu stützen. Allerdings muss das Unternehmen darüber in einem Nachtrag zum Emissionsprospekt berichten.

Bei einer Wette auf einen Börsenneuling liegen Traumrendite und Desaster mitunter dicht beieinander. Wer aber wichtige Faktoren eines Börsengangs beachtet und nüchtern analysiert, hat gute Chancen und sollte keinen Totalverlust erleiden. Anleger, die sich für die neuen Aktien interessieren, sollten allerdings wissen, worauf es bei der Einschätzung von Börsenkandidaten ankommt.

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