IPO-Markt Neue Aktien für den heißen Börsenherbst

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Wichtige Warnsignale

Dennoch, so Aktionärsschützer Tüngler, sollten sich Anleger immer fragen, warum der Börsengang gerade jetzt stattfindet und was mit dem eingesammelten Geld geschehen soll. „Dient eine Aktienplatzierung vor allem dem Ausstieg und der Bezahlung der Alteigentümer, wäre das lediglich eine Form von Risikoabwälzung auf die Anleger und ein Warnsignal. Dann gibt es keinen Grund, so ein Papier zu kaufen“, sagt Tüngler.

Denn dieses Geld fehlt für die weitere Expansion. Beim Börsengang der Telekom in den Neunzigerjahren machte zum Beispiel der Bund als Eigentümer kräftig Kasse. Das Geld kam nie bei der Telekom an. Der tiefe Fall der „Volksaktie“ ist längst als eins der dunkelsten Kapitel in die deutsche Börsenhistorie eingegangen.

Eine Platzierung neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung ist hingegen eine gute Sache, wenn mit dem Geld eine konkrete und vielversprechende Wachstumsstrategie verfolgt wird. „Das heißt noch nicht, dass Anleger dann blind zuschnappen sollten. Auch eine Platzierung aus einer Kapitalerhöhung ist kein Selbstläufer“, bremst Tüngler.

Beim bevorstehenden Börsengang des Online-Modehändlers Zalando sei die Tatsache, dass alle Alteigentümer ihre Aktien behalten wollen, dennoch ein gutes Zeichen – auch wenn noch unklar ist, wie und wofür Zalando das Geld aus dem Börsengang genau einsetzen will.

Beim Schwergewicht Alibaba kündigt sich hingegen an, dass Altaktionär Yahoo seinen Anteil am Unternehmen reduzieren und auch Kasse machen will. Auch diese Information finden Anleger verbindlich im Börsenprospekt.

Haltefristen

Wichtig für Investoren ist auch die Frage, ob und vor allem wann die Altaktionäre ihre Anteile an der Börse verkaufen dürfen. Anteilseigner, die an den Erfolg eines Börsendebütanten glauben, beugen sich deshalb der sogenannten Haltefrist oder auch Lock-up-Periode, die mindestens zwölf Monate andauern sollte. In dieser Zeit dürfen sie ihre Anteile nicht verkaufen und somit auch keinen Druck auf den Börsenkurs ausüben.

Die Haltefrist muss im Börsenprospekt vermerkt sein. Fehlt diese Zusage oder ist es die Haltefrist nur kurz, ist das für die Käufer neuer Aktien ein Malus.

Peer-group-Vergleich und Kurs-Gewinn-Verhältnis

Wichtig für die Einschätzung, ob ein Börsenneuling hoch oder niedrig bewertet ist, ist vor allem der Vergleich mit Wettbewerbern und vergleichbaren Unternehmen. Dieser Peer-group-Vergleich ist ebenfalls im Börsenprospekt zu finden – auch wenn die Auswahl der Vergleichsunternehmen oft diskussionsfähig ist.

Anhand von Zahlen wie Umsatz, Gewinn, Gewinnmarge, Kunden- und Mitarbeiterzahl und anderen Größen lässt sich zumindest ungefähr abschätzen, ob die neuen Aktien zu einem angemessenen Preis an die Börse gehen. Um zu einer fundierten Einschätzung zu gelangen, müssen Anleger aber mitunter tief in die Geschäftsberichte der anderen Unternehmen eintauchen.

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Ein einfaches Maß ist hingegen das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es erfasst in einer Zahl, mit welchem Vielfachen des erwarteten Gewinns die Aktie an der Börse notiert. Das ist allerdings auch nicht mehr als eine grobe Hausnummer, lediglich im Vergleich zum Wettbewerb lässt sich daraus eine Über- oder Unterbewertung ableiten.

Vollends vergessen können Investoren das KGV, wenn das Unternehmen noch gar keinen Gewinn macht. Zalando etwa hat erst im vergangenen Quartal den Sprung in die Gewinnzone geschafft.

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