Island Die Krone fürchtet ums Überleben

Nach der Regierung überlegt jetzt auch Islands Zentralbank, die Krone an einen größeren Währungsraum wie den Euro zu koppeln. Tut sie es nicht, droht eine enorme Abwertung.

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Islands Hauptstadt Rejkjavik zählt nur 119.000 Einwohner. Dementsprechend klein ist auch die Währung des Landes. Quelle: ILVY Njiokiktjien/The New York T

Frankfurt In Island kommen Zweifel auf, ob die Landeswährung nicht zu klein ist, um angesichts der volatilen Märkte in Folge der Finanzkrise zu überleben. Bereits vor fünf Monaten sagte die isländische Finanzministerin Katrin Juliusdottir, der Wechselkurs der Krone werde sich wahrscheinlich nie wieder frei bilden können. Eine ähnliche Sicht auf die Dinge hat nun auch Zentralbankgouverneur Mar Gudmundsson.

“Wir haben gesagt, dass Island mit der Krone leben kann – doch dann müssen wir einiges tun”, sagt Gudmundsson in einem Telefoninterview mit Bloomberg News aus Reykjavik. “Und es kann gut sein, dass uns das nicht gefällt. Dann müssen wir andere Optionen in Betracht ziehen. Und eine andere Option ist, sich einer großen Währungsunion anzuschließen”, ergänzt er.

Nachdem die größten Banken Islands 2008 zusammengebrochen waren, hat die isländische Regierung Devisenverkehrskontrollen eingeführt, um den Abfluss von Kapital zu begrenzen. Der Internationale Währungsfonds und Nobelpreisträger Paul Krugman lobten die Maßnahmen. Aus Sorge, dass die Krone auf sich gestellt nicht überleben kann, gelten diese Beschränkungen immer noch.

Derzeit hängen umgerechnet rund sechs Milliarden Euro von ausländischen Investoren in Island fest. Zum Vergleich: Die volkswirtschaftliche Leistung des Inselstaats lag 2012 bei umgerechnet 9,7 Milliarden Euro. Würden Investoren ihr Geld tatsächlich abziehen, würde die Krone an Wert verlieren. Dies wiederum könnte die Inflation anheizen und Probleme für die Privathaushalte mit sich bringen, da rund 83 Prozent aller Kredite an den Verbraucherpreisindex gekoppelt sind.

Die politisch und geldpolitisch Verantwortlichen für einige der kleinsten Währungen der Welt kämpfen dafür, ihre Märkte zu schützen. Und auch die größten Volkswirtschaften der Welt blicken verstärkt auf die Wechselkurse. Zuletzt hatte sich die Debatte vom Schuldenabbau zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit hin verlagert. Die Rede war vom Währungskrieg und Abwertungswettlauf. Doch vereinbarten die Finanzmister und Notenbankchefs der G-20-Staaten am letzten Wochenende in Moskau, die Wechselkurse nicht für Wettbewerbszwecke einzusetzen.

“Dies ist nicht nur ein Problem für Island”, sagt Gudmundsson. “Dies ist eine Diskussion, die weltweit stattfindet. Aber da unser Land kleiner ist, ist es umso schwieriger.” Dass es “unmöglich” für eine kleine Währung ist, in einem System freier Wechselkurse zu überleben, wollte Gudmundsson indes nicht sagen.

Island hat auf seinem Weg zur wirtschaftlichen Erholung schon Meilensteine hinter sich gebracht. Zuletzt hob die Ratingagentur Moody's Investors Service den Ausblick für das “Baa3“-Rating auf “stabil” an. Fitch Ratings erhöhte die Kreditwürdigkeit von “BBB-” auf “BBB”. Doch nach Einschätzung des Weltbank-Ökonomen Fridrik Jonsson reichen die Erfolge noch nicht aus, um das Land vor externen Schocks zu schützen. Er warnt, dass es zu einem “weiteren ökonomischen Kollaps” kommen werde, wenn sich der Wechselkurs der Krone wieder frei bewegen könne, es sei denn, Island ergreife “radikale Maßnahmen.”

Eine Währung, die der Wirtschaft entspricht

Doch für Island, das 2010 mit den Verhandlungen über eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union begann, ist die Lehre aus der Euro-Krise, dass die Teilnahme an einer größeren Währungsunion nicht immer der beste Schutz ist.

Entscheidend sei, dass die Wirtschaft an den Währungsblock, dem das Land beitreten will, angepasst sei, sagt Anders Svendsen, Volkswirt bei Nordea Bank AB in Kopenhagen. Die Euro- Mitgliedschaft “dürfte kurzfristige Vorteile mit sich bringen aber diese könnten von längerfristigen Nachteilen überwogen werden”.

In Island würden die Verantwortlichen bedenken, dass “viele Risiken” damit verbunden seien, eine kleine Währung aufrecht zu erhalten, sagt Gudmundsson. “Jeder muss sich der Risiken bewusst sein und wir brauchen Regeln, die die Risiken regulieren”.

In der nordischen Region haben Schweden und Norwegen für ihre Währungen freie Wechselkurse. Dänemark hat seine Krone an den Euro angebunden und Finnland hat den Euro eingeführt. Die schwedische Krone ist in der vergangenen Woche auf ein Vier-Monats-Hoch gegenüber dem Euro geklettert und die norwegische Krone erklomm im August ein Neun-Jahres-Hoch, als Auslandskapital in die mit “AAA” erstklassig benoteten Länder strömte.

Schweden hat signalisiert, es werde nicht auf eine Politik zur Schwächung der Krone zurückgreifen, obwohl die Exportunternehmen des Landes über Wettbewerbsnachteile klagen. Im Nachbarland Norwegen sagte Zentralbankgouverneur Oeystein Olsen vergangene Woche, er sei bereit, die Zinsen zu senken, sollte die Krone zu sehr aufwerten. In beiden Ländern entfällt rund die Hälfte der volkswirtschaftlichen Leistung auf Exporte.

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