Klaus Fröhlich "Der Markt ist wieder geheilt"

Zinserhöhung in den USA, heftige Kursschwankungen: Wie wird das Börsenjahr 2016? Der für Börsengänge und Anleiheemissionen zuständige Chef von Morgan Stanley Deutschland spricht im Interview über die Aussichten am Markt.

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Was Analysten für das Anlagejahr 2016 erwarten
Deutsche Bank Quelle: REUTERS
Deka BankDie Fondsspezialisten der Sparkassen erwarten, dass der Goldpreis im kommenden Jahr deutlich unter die kritische Marke von 1000 Dollar fallen wird. S&P 500: 2000 Punkte Nikkei: 17000 Punkte Gold: 960 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre: 1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,9 Prozent Quelle: dpa
PostbankIm Gegensatz zur Deka Bank ist die Postbank beim Goldpreis etwas optimistischer. Ein möglicher Impuls kommt von der Schmucknachfrage, da die Konjunktur in Indien zuletzt deutlich besser lief als erwartet. S&P 500: 2250 Punkte Nikkei: 21750 Punkte Gold: 1100 Dollar Öl: 57 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10 Jahre: 1,0 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,75 Prozent Quelle: dpa
Berenberg BankDeutschlands älteste Privatbank ist im Vergleich zur Konkurrenz vergleichsweise optimistisch, was den Euro angeht. S&P 500: 2200 Punkte Gold: 1150 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1,15 Dollar Bundesanleihen 10 Jahre Rendite: 1,1 Prozent US-Treasury Rendite 10 Jahre: 2,8 Prozent Quelle: obs
SantanderS&P 500: 2250 Punkte Gold: 1050 Dollar Öl: 55 Dollar Euro/Dollar: 1 Dollar Bundesanleihen Rendite 10-jährige: 0,9 Prozent US-Treasury Rendite 10-jährige: 2,75 Prozent Quelle: AP
Credit Suisse Quelle: REUTERS
Commerzbank Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Fröhlich, Sie erwarten für 2016 etwa zehn Börsengänge im Volumen von jeweils mindestens 250 Millionen Euro. Stehen die Kandidaten schon fest?

Klaus Fröhlich: Momentan führen wir wöchentlich Gespräche mit Unternehmen, die einen Börsengang in Erwägung ziehen. Aber das heißt nicht, dass es auch immer dazu kommen wird. Mitunter stellt sich auch die Frage, ob die Unternehmen wirklich an die Börse gehen sollten.

Klaus Fröhlich Quelle: PR

Welche Kapitalmarktbedingungen bräuchten Sie, damit sich Ihre Erwartungen erfüllen?

Zur Person

Voraussetzung für die Börsengänge ist, dass die Volatilität am Markt niedrig bleibt, denn hohe Kursschwankungen sind Gift für Börsengänge. Dann beschäftigen sich die Fondsmanager und andere Großanleger lieber mit ihren bestehenden Portfolios und schauen sich nicht noch Neulinge an. Das Phänomen hat man ja bereits im Herbst gesehen. Als die Kurse durch die China-Angst und VW unter Druck kamen, hatten es Schaeffler und Covestro zunächst schwer mit ihren Börsengängen. Andererseits ist der Kapitalmarkt aber recht abgehärtet und Makroschocks werden relativ gut verkraftet. Es gab Jahre, etwa nach der Finanzkrise, da waren Börsengänge überhaupt nicht möglich. Jetzt aber ist der Markt wieder geheilt. Das beweist etwa der Börsengang des Automobilentwicklers Edag, der ja gut gelungen ist, obwohl während der Vermarktungsphase die Automobilbranche von Schlagzeilen geprägt wurde.

Ist es nicht angesichts der Geldschwemme der Notenbanken und den hohen Mittelzuflüssen bei Aktienfonds sehr leicht, Aktien an den Mann zu bringen?

Leicht sind Börsengänge nie. Wir müssen die Aktien schon bei einer Vielzahl von Investoren vermarkten, um solche Transaktionen erfolgreich zu platzieren. Die Fondsmanager machen stets sehr gründlich ihre Hausaufgaben und prüfen die Kennzahlen und das Management. Natürlich sind die Notenbanken eine gute Unterstützung, denn das Geld muss irgendwo hin. Die Investoren stecken ja den Kopf nicht in den Sand. Sonst hätten sie wegen der vielen Liquidität und bedingt durch die niedrigen oder sogar negativen Zinsen keine andere Chance, als den Kopf schnell aus dem Sand zu ziehen und dann bleiben Aktien eine gute Anlage. Außerdem haben deutsche Unternehmen in den vergangenen Jahren viel Wert geschaffen.

Die heißesten Kandidaten 2016 aus dem Silicon Valley
Uber Quelle: REUTERS
Actifio Quelle: PR
AirBnB Quelle: REUTERS
CEO Tien Tzuo von Zuora Quelle: PR
Nutanix Quelle: Nutanix
Okta Quelle: Okta
GitHub Quelle: PR

Was halten Sie denen entgegen, die behaupten, Investmentbanken polieren die Unternehmen vor dem Börsengang auf und danach verlieren sie für mehrere Quartale den Glanz.

Aufpolieren machen wir bei Morgan Stanley nicht, weil weder die Unternehmen noch die Käufer etwas davon haben. Bei einem gut laufenden Börsengang haben alle etwas davon. Denn auch der Verkäufer hält ja meistens noch Aktienpakete, an deren guter Entwicklung er ebenfalls interessiert ist.

"Wir wissen nicht, wer kurzfristig Kasse macht"

Nutzen jetzt die Private-Equity-Investoren die Geldschwemme als Ausstiegsmöglichkeit, oder wird mit den Erlösen aus dem Börsengang tatsächlich Wachstum finanziert?

Es gab in den vergangenen 18 Monaten etwa mit Zalando und Rocket Internet durchaus Unternehmen, die über die Börse ihr Wachstum finanzieren wollen. Es stecken also nicht nur Private-Equity-Verkäufe in der Pipeline.

Börsengang: Fakten und Begriffe

Etwa mit dem Börsengang von Covestro haben Sie manchen Fondsmanager glücklich gemacht, der sich über hohe Kursgewinne freuen kann. Halten die Fondsmanager gewöhnlich lange an den Titeln fest oder machen sie gleich nach ein paar Prozentpunkten Gewinn Kasse?

Wir wissen nicht, wer kurzfristig Kasse macht. Das Spektrum reicht vom traditionellen Fondsmanager bis hin zu Hedgefonds. Manche kaufen die Aktien und halten sie lange, um sie zu beobachten, andere nehmen die Gewinne aus einem Börsengang schnell mit. Und wenn jemand damit Liquidität für den Markt bietet, dann ist das im Nach-IPO-Markt auch sinnvoll, damit andere Anleger die Aktien kaufen können. Sonst hingen die ja komplett fest.

So schlagen sich die Börsenneulinge

Lassen sich denn angesichts von Zinserhöhungen in den USA sowie ersten Inflationswarnungen für Europa überhaupt noch Anleihen platzieren?

Sehr gut sogar. Ich überlege zwar auch häufig, ob das noch interessant ist, aber wir haben mehr Nachfrage als Angebot. Momentan glauben 80 Prozent der Investoren, dass die US-Notenbank FED die Zinsen um 25 bis 50 Basispunkte erhöhen wird. Das ist die klare Erwartung und die steckt schon in den Kursen. Größere Ungewissheit herrscht darüber, wie schnell die Erhöhungen weitergehen könnten. Da gehen die Erwartungen etwas mehr auseinander, aber überwiegend wird mit einem langsamen Zinsanstieg gerechnet.

Durch so genannte Private Placements gehen immer mehr Aktien und Anleihen außerhalb der Börse an Investoren. Können Sie beziffern, welches Volumen da bewegt wird?

Bei Privatplatzierungen von Anleihen gehen sehr viele Pakete gleich an Großinvestoren, bei den Aktien ist das in Europa weniger ausgeprägt. Anders ist es in den USA, dort wird ein Vielfaches etwa der Technologieaktien direkt über Privatplatzierungen an spezielle Fonds abgegeben.

Wie legen Sie als Experte Ihr Geld an?

Ich habe kein privates Depot, weil ich keine Zeit habe, mich darum zu kümmern. Ich würde aber jedem raten, nur dann am Aktienmarkt zu investieren, wenn man die Unternehmen gut versteht und kennt.

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