Kommunalkredit Austria Erste Niederlassung in Frankfurt

Mit der Eröffnung des Standorts Frankfurt plant die Kommunalkredit Austria in diesem Jahr eine Vertriebsoffensive in Deutschland. Vorstandschef Alois Steinbichler sieht gute Chancen für ein weiteres Wachstum.

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Die Kommunalkredit Austria nimmt die deutsche Bankenmetropole ins Visier. Quelle: dpa

Die Kommunalkredit Austria nimmt mit der Eröffnung des Standorts Frankfurt den deutschen Markt ins Visier. Österreichs Bank für Infrastruktur sieht durch den engen finanziellen Spielraum vieler Städte und Gemeinde sowie öffentlicher Einrichtungen gute Chancen für ein Wachstum. „Angesichts des engen finanziellen Spielraums der Kommunen bei gleichzeitig großen Investitionsbedarf in der Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur glauben wir an gute Möglichkeiten in Deutschland“, sagte Vorstandschef Alois Steinbichler dem Handelsblatt in Wien. Am 1. Februar beginnt Bernd Fislage, zuletzt bei der Deutschen Bank Leiter des globalen Asset-Finance-Geschäfts, als Vertriebsvorstand. Die Belegschaft im Vertriebsbereich soll um 20 Mitarbeiter vergrößert werden.

Der deutsche Markt gilt als der zweitgrößte in Europa für die Kofinanzierung von öffentlichen Projekten. „Wir sehen Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland, beispielsweise im Bereich von Energie, Umwelt und Verkehr. Schließlich ist der deutsche Markt nach Großbritannien der größte Markt für Finanzierungen von Infrastrukturprojekten in Europa“, sagt Steinbichler.

Die in Wien ansässige Kommunalkredit Austria hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Die Bank für Infrastruktur musste 2008 vom österreichischen Staat notverstaatlicht werden, um einen Zusammenbruch zu verhindern. Die milliardenschweren faulen Assets wurde in eine Bad Bank ausgelagert. 2015 wurde das Geldhaus schließlich im zweiten Anlauf an ein englisch-irisches Konsortium um den deutschen Investmentbanker Patrick Bettscheider verkauft. Der am Zürichsee im Schweizer Kanton Schwyz lebende Investor stach mit dem Kaufpreis von 142 Millionen Euro österreichische Bieter aus.

Mit einer Eigenkapitalquote von über 37 Prozent und einer Kernkapitalquote von 28 Prozent sei sein Haus „stabil aufgestellt und profitabel“, sagt Steinbichler. Im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres hatte die Bank bei einer Bilanzsumme von 3,9 Milliarden Euro ein Ergebnis nach Steuern von 27,5 Millionen Euro erzielt. Auch für das Gesamtjahr wird ein positives Ergebnis erwartet. Moody’s bewertet das Geldhaus mit Baa3 und stabilen Ausblick.

Steinbichler glaubt an einen massiven Investitionsbedarf für kommunale und regionale Infrastrukturprojekte Europa. Intern wird von einer Summe von 150 bis 200 Milliarden Euro jährlich bis zum Jahr 2020 gesprochen. Aus diesem großen Kuchen wollen auch die Österreicher sich ein großes Stück nehmen.

„Als Kernmärkte haben wir Österreich, Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Benelux definiert. In Osteuropa sind wir selektiv in Polen, Tschechien und der Slowakei tätig“, sagt der CEO. Austria finanziert beispielsweise Photovoltaik-Anlagen, den Bau des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Deutschland, Justizvollzugsanstalten in Großbritannien oder Schulprojekte in Belgien.

Kommunalkredit Austria als „Brückenbauer“

„Wir sehen in Europa eine massive Öffnung, mit spezialisierten Banken wie uns zusammen zu arbeiten“, sagt Steinbichler. Die Kommunalkredit Austria begreift sich als Dienstleister für die öffentlichen Haushalte, indem sie privates und institutionelles Kapital bereitstellt und vermittelt. Das ermögliche eine beschleunigte Errichtung von Infrastrukturprojekten. Zudem könnten so Vorhaben umgesetzt werden, die beispielsweise durch definierte Verschuldungsgrenzen nicht möglich seien.

„Wir verstehen uns als Brückenbauer zwischen den Errichtern von Infrastrukturen wie Kommunen, Unternehmen der öffentlichen Hand oder auch Versorgungsunternehmen und institutionellen Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds“, sagt der 63-jährige Vorstandschef „Als Spezialbank sind wir auf Grund unserer langen Erfahrung schlagkräftig.“

Freilich hat das Ansehen des Instituts durch die vergangene finanzielle Schieflag gelitten. Doch für die Vorstandsetage sind diese alten Zeiten längst abgehackt. „Der Beinahe-Zusammenbruch und Notverstaatlichung des Vorläuferinstituts durch die Republik Österreich schadet heute unserem Image nicht mehr“, beteuert Steinbichler, der lange Zeit als Banker in London und Zürich gearbeitet hat.

Für 2017 ist die Kommunalkredit Austria sehr zuversichtlich. „Es zeichnet sich ein gutes Neugeschäft mit Schwerpunkt Energie, Umwelt und soziale Infrastruktur in unseren Märkten ab“, sagt der CEO. „Wir verstehen uns nicht nur als Finanzierer, sondern als Entwickler, der langfristige Beziehungen zu seinen Kunden aufbaut und pflegt.“ Durch die Verwendung von Verfügbarkeitsmodellen würden Städte und Länder das finanzielle und wirtschaftliche Beschaffungsrisiko vermeiden.

Die neuen Eigentümer um den deutschen Investmentbanker Patrick Bettscheider wollen langfristig in der Kommunalkredit Austria engagiert sein. „Unsere Investoren agieren nicht wie ein Private-Equity-Unternehmen. Sie haben keinen definierten Anlagehorizont“, sagt Vorstandschef Steinbichler. Der Austausch zwischen der Geschäftsführung und den Eigentümer ist eng. „Unsere Eigentümer sind aktive Aufsichtsräte. Sie sind keine unachtsamen Investoren“, sagt der Vorstandschef. Es gebe ein großes Vertrauensverhältnis. Den Aufsichtsratsvorsitz hat Bettscheider, Gründer der Frankfurter Investmentbank Main First, inne.

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