Kommunikation von Chefwechsel Deutsche Börse droht Bußgeld durch die Bafin

Die Deutsche Börse muss sich wegen der Kommunikation des Chefwechsels auf eine Strafe durch die Finanzaufsicht Bafin einstellen.

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Bis zu zwei Prozent ihres Jahresumsatzes müsste die Börse im Falle einer zu spät verkündeten Insiderinformation zahlen. Quelle: dpa

Frankfurt Die Deutsche Börse und die Bafin – das war die unendliche Geschichte des Jahres 2017. Im Herbst griff die deutsche Finanzaufsicht maßgeblich ins Insider-Verfahren von Vorstandschef Carsten Kengeter ein und forcierte damit letztlich dessen Rückzug. Und anschließend untersuchte die Bonner Behörde, ob Deutschlands größter Börsenbetreiber die Märkte Mitte November zu spät über die Auswahl von Kengeters Nachfolger informiert hat.

Und in diesem Fall ist ein Bußgeld für die Deutsche Börse nun wahrscheinlicher geworden. Die Bafin hat Anhaltspunkte für Verstöße und hat den Fall intern weitergegeben. „Wir haben das Ergebnis unserer Untersuchung im Zusammenhang mit der Ad-hoc-Mitteilung der Deutschen Börse vom 16. November 2017 inzwischen an unser Referat für Ordnungswidrigkeiten abgegeben“, sagte eine Bafin-Sprecherin. „Der Sachverhalt wird dort nun weiter untersucht.“ Zuerst hatte darüber die „Wirtschaftswoche berichtet.“

Bei einer verspäteten Veröffentlichung von Insiderinformationen kann die Bafin Bußgelder verhängen, die maximal zwei Prozent des Jahresumsatzes entsprechen. Da die Deutsche Börse 2016 Erträge von 2,4 Milliarden Euro einfuhr, wäre somit eine Strafe von maximal 48 Millionen Euro möglich.

Das Handelsblatt und mehrere andere Medien hatten bereits am 15. November berichtet, dass Weimer der Favorit auf die Nachfolge von Kengeter ist. Die Deutsche-Börse-Aktien legte an dem Tag knapp zwei Prozent zu. Der Personalausschuss und der Aufsichtsrat der Deutschen Börse tagten jedoch erst am 16. November.

Das Kontrollgremium bestellte Theodor Weimer dann am Nachmittag zum neuen Vorstandschef, worüber das Unternehmen die Märkte umgehend in einer Ad-hoc-Mitteilung informierte. Finanzkreisen zufolge war bis zuletzt auch noch Finanzchef Gregor Pottmeyer im Rennen um die Kengeter-Nachfolge.
Die Bafin kritisiert nach Informationen des Handelsblatts nicht die Mitteilung über Weimers Ernennung. Vielmehr prüft sie, ob die Identifizierung von zwei geeigneten und zur Übernahme des Vorstandspostens gewillten Kandidaten durch den Personalausschuss am 13. November nicht schon eine Insiderinformation war, die die Deutsche Börse unverzüglich hätte veröffentlichen müssen.

Falls es ein berechtigtes Interesse des Unternehmens gibt, die einer sofortigen Veröffentlichung der Informationen entgegenstehen, hätte sich der Konzern von der Pflicht befreien lassen können – da ist im Fall der Deutschen Börse Finanzkreisen zufolge aber nicht geschehen.
Die Deutsche Börse ist überzeugt davon, bei der Kommunikation des Chefwechsels alles richtig gemacht zu haben. Die Mitteilung über Weimers Ernennung sei zeitgerecht erfolgt, erklärte das Unternehmen. Die Deutsche Börse nehme ihre Informationspflichten gegenüber dem Kapitalmarkt sehr ernst. „Diese Pflichten wurden auch im Zusammenhang mit der Auswahl und der Ernennung ihres neuen Vorstandsvorsitzenden sorgfältig geprüft.“


Bafin killt den Kengeter-Deal

Die Deutsche Börse und die Bafin waren im Zuge des Insider-Verfahrens gegen Vorstandschef Kengeter mehrfach aneinandergeraten. Kengeter hatte im Dezember 2015 im Rahmen eines Vergütungsprogramms Aktien der Deutschen Börse gekauft – rund zwei Monate vor Bekanntwerden der inzwischen gescheiterten Fusionsbemühungen mit der London Stock Exchange (LSE).

Der Staatsanwalt geht davon aus, dass Kengeter schon 2015 über den LSE-Deal verhandelte, und wirft ihm deshalb Insiderhandel vor. Das Unternehmen und sein Ex-Chef haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Im Juli 2017 teilte die Deutsche Börse dann in einer Ad-hoc-Mitteilung mit, die Staatsanwaltschaft habe im Rahmen eines möglichen Vergleichs mit dem Unternehmen in Aussicht gestellt, auch das Verfahren gegen Kengeter ohne Auflagen einzustellen. Doch die Staatanwaltschaft widersprach der Darstellung wenig später.

Die Bafin leitete daraufhin eine Untersuchung ein, ob die Deutsche Börse Investoren mit der Mitteilung getäuscht hat. Hier hätten sich allerdings „keine Anhaltspunkte für einen Verstoß ergeben“, erklärte die Bafin-Sprecherin am Mittwoch.
Im September 2017 verständigten sich die Deutsche Börse und Kengeter dann mit dem Staatsanwalt, die Verfahren gegen das Unternehmen und den Vorstandschef gegen Geldauflagen einzustellen. Doch die Finanzaufsicht Bafin machte Finanzkreisen zufolge anschließend in einem Brief an das Gericht klar, dass sie den Vergleich ablehnt.

Eine Einstellung wäre aus Sicht der Behörde ein falsches Signal, schließlich habe die EU erst kürzlich schärfere Sanktionen bei Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz ermöglicht, hieß es. Zudem sei die Bafin grundsätzlich der Ansicht, dass der Fall weiterverfolgt werden sollte.
Das Amtsgericht Frankfurt schloss sich dieser Sichtweise an und verwies den Fall Ende Oktober zurück an die Staatsanwaltschaft. Diese ermittelt seitdem weiter, bevor sie Anklage gegen Kengeter erhebt, das Verfahren einstellt oder einen neues Vergleichsangebot vorlegt.

Da sich das Verfahren noch lange hinziehen kann, war es für das Unternehmen quasi unmöglich, Kengeters Vertrag zu verlängern, der ursprünglich noch bis Ende März galt. Der langjährige Investmentbanker kündigte deshalb wenige Tage nach der Entscheidung des Amtsgerichts an, Ende 2017 als Vorstandschef abzutreten.

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