Kreditbank zieht sich zurück Diamantenhändlern geht das Geld aus

Antwerpen wickelt 80 Prozent des weltweiten Diamantenhandels ab. Doch nun verliert die Branche einen wichtigen Finanzierungspartner. Antwerpens Dominanz im Diamantengeschäft wackelt bedrohlich.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Diamanten sind extrem teuer. Ohne Finanzierungsmöglichkeiten ist eine Bearbeitung der Steine fast unmöglich. Ausgerechnet die Diamanten-Stadt Antwerpen verliert nun ihre wichtigste Finanzierungsqulle. Quelle: dpa

Die Antwerp Diamond Bank (ADB) wird ihre Kreditvergabe einstellen, nachdem ein Verkauf durch die belgische KBC Groep an die chinesische Yinren Group in der vergangenen Woche scheiterte. KBC wird ADB absorbieren und deren Aktivitäten langsam beenden. Damit zeichnet sich ab, dass Kredite für die Branche, die auf Finanzierungen angewiesen ist, um die Rohdiamanten anzukaufen, die dann zu Brillanten geschliffen werden, knapper werden. Zumal die Konditionen der Finanzierungen bereits zuvor verschärft worden waren.

„Das kann keine gute Nachricht für die Diamantenbranche sein“, sagt Charles Wyndham, früherer Verkaufsdirektor bei De Beers und Gründer von WWW International Diamond Consultants „Das war die einzige Bank, die sich ganz auf die Diamantenbranche ausgerichtet hatte, und sie zieht sich zurück. Die Liquidität ist ein großes Problem.“

Auf ADB entfielen über zehn Prozent des Finanzierungsmarkts im Diamantengeschäft im Gesamtvolumen von 15 Milliarden Dollar. Der Wegfall der Bank dürfte die überragende Position Antwerpens in der weltweiten Diamantenbranche schwächen, zumal der Wettbewerb mit Händlern in Städten wie Mumbai und Dubai mit niedrigeren Kosten zunimmt.

In Antwerpen finanzierte ADB nach Angaben des Antwerp World Diamond Center rund ein Drittel der Diamantenhändler. Der Verband erklärte in einer Stellungnahme, er führe Gespräche mit Branchenmitgliedern über Wege, die verlorene Finanzierung auszugleichen.

Bereits im April hatten Banken ihre Finanzierungsbedingungen verschärft. ADB und die niederländische ABN Amro Bank beliehen Rohdiamanten nur noch zu 70 Prozent ihres Wertes, statt zuvor 100 Prozent. ADB verwies dabei auf das Verhältnis der Preise für Rohdiamanten im Vergleich zu geschliffenen Steinen und Diamantschmuck.

ABN Amro erklärte am Dienstag, sie werde weiterhin Finanzierungen für die belgische Diamantenbranche bereitstellen, arbeite aber daran, dass die Kredite weniger riskant werden. „Für die richtigen Unternehmen sind ausreichend Finanzierungen im Markt verfügbar“, teilte ABN Amro mit. „Unser langfristiger Ausblick für die Diamantenbranche als Ganzes und für den belgischen Sektor ist positiv“, hieß es weiter.


Antwerpens Handelskapazität wird sich schmälern

Dass ADB keine neuen Kredite mehr vergeben wird, hat sich bereits auf die Preise für Rohdiamanten ausgewirkt. Nach Daten von WWW International fielen die Preise in der vergangenen Woche um fünf Prozent. Das war der stärkste wöchentliche Rutsch seit zwei Jahren.

„Im Vergleich zu anderen Diamantenzentren wird die Kaufkraft von Antwerpen abnehmen, was die Handelskapazität schmälert“, sagt Anish Aggarwal, Partner von Gemdax in Antwerpen. Die Firma berät Diamantenförderer bei Bewertungen. „Außerdem gibt es einen symbolischen Aspekt: Die Antwerp Diamond Bank ist einer der am besten etablierten und beständigsten Marktteilnehmer.“

Die Bank wurde 1934 im Antwerpener Diamantkwartier gegründet, dem Viertel, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Zentrum des globalen Diamantenhandles steht. Als die Deutschen im Jahr 1940 vorrückten, lagerte die ADB ihre Diamanten in die USA aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg half die Bank beim Wiederaufbau der Diamantenbrache in Antwerpen.

In den letzten fünf Jahren hatten sich Rohdiamanten bis zu dem Preisrutsch der vergangenen Woche um 75 Prozent verteuert. Große Produzenten wie De Beers versuchten, ihre höheren Förderkosten weiter zu geben. Dadurch schrumpften die Margen der Händler zusammen, denn bei geschliffenen Steinen für Brillantschmuck stiegen die Preise nicht entsprechend.

KBC, mit Sitz in Brüssel, ist die größte belgische Bank gemessen am Marktwert. Als Teil der Bedingungen der Europäischen Kommission für die Genehmigung der Staatshilfen in den Jahren 2008 und 2009 während der Finanzkrise muss die Bank ADB verkaufen. Nachdem jahrelang kein Käufer zu finden war, kündigte KBC im vergangenen Dezember einen Verkauf an die chinesische Diamantenhandelsgruppe Yinren an. Die Transaktion scheiterte letzte Woche, weil Yinren nicht in der Lage war, den belgischen Aufsichtsbehörden innerhalb einer bestimmten Frist umfassende Unterlagen vorzulegen. Nun werden die Reste von ADB in der KBC aufgehen.

„Für Antwerpen ist derzeit noch nicht alles verloren. Und Finanzierungen sind nicht der einzige Treiber für das Handelsvolumen“, sagt Aggarwal von Gemdax. Gleichwohl werde das Antwerp World Diamond Center „mit einem strukturierten Plan gegensteuern“ müssen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%