Krisenwährung Gold glänzt nicht mehr

In Zeiten niedriger Inflation trocknet der sichere Hafen Gold aus. Das müssen die Fans des Edelmetalls gerade wieder spüren. Seit geraumer Zeit bröckelt der Preis für eine Unze. Wann ist ein Ende der Talfahrt in Sicht?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein lokaler Goldhändler preist zwei Goldstücke an: Der Preis des Edelmetalls gerät weiter unter Druck. Quelle: Reuters

Frankfurt Es treibt Goldfans schier in die Verzweiflung: In den großen Volkswirtschaften laufen die Notenbankpressen auf Hochtouren, trotzdem ist weit und breit keine Inflationsgefahr auszumachen, die den Goldpreis beflügeln könnte. Im Gegenteil: Die Europäische Zentralbank (EZB) bekräftigt immer wieder ihre Bereitschaft, die Geldschleusen im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche noch weiter zu öffnen.

Die Folge: Vermögende Anleger verlieren zunehmend das Interesse, Gold als Inflationsschutz zu kaufen. Der Goldpreis ist seit dem Jahreshoch im März bei knapp 1400 US-Dollar je Feinunze (etwa 31,1 Gramm) um etwa 16 Prozent auf zuletzt 1200 Dollar gefallen.

Seit geraumer Zeit drückt außerdem der starke Dollar auf den Goldpreis. Das Edelmetall wird auf dem Weltmarkt in der US-Währung gehandelt. Mit dem kräftigen Aufschwung in den USA ging es auch mit dem Kurs des Greenback deutlich nach oben. Die Folge: Gold wird in Regionen außerhalb des Dollarraums wie beispielsweise Europa und Asien tendenziell teurer. Das bremst ebenfalls die Nachfrage.

Jüngste Daten des Branchenverbands World Gold Council zur Nachfrage in China sorgten für einen herben Dämpfer bei Goldoptimisten. Die Boomregion in Asien mit ihrer aufstrebenden Mittelschicht galt in der Vergangenheit immer wieder als Garant für eine starke Nachfrage. Umso größer war die Überraschung, als der Verband für die Monate Juli bis September einen Einbruch der Nachfrage bei Goldschmuck, Barren und Münzen um 37 Prozent im Jahresvergleich auf nur noch 182,7 Tonnen meldete.

Rohstoffexpertin Dora Borbély von der Dekabank sieht aber noch eine weitere Ursache für die Talfahrt beim Goldpreis: „Die europäische Staatsschuldenkrise ist zwar lange noch nicht beendet. Sie hat aber mittlerweile deutlich an Brisanz verloren und damit an Bedeutung für den Goldpreis.“ Zum Vergleich: In der Hochphase der Krise hatte der Preis im September 2011 ein Rekordhoch von 1920 Dollar erreicht.


Es steht noch Dynamik im Handel

Die Frage, die aktuell am Goldmarkt am heißesten diskutiert wird: Bleibt der Goldpreis auf Talfahrt, oder hat er seinen Boden gefunden? Expertin Borbély geht davon aus, dass mittlerweile das Schlimmste überstanden ist: „Wir rechnen nicht mit einem weiteren dramatischen Absturz der Goldnotierungen.“

Der Goldmarkt liefert zudem immer wieder Beispiele für die Dynamik, die nach wie vor in dem Handel steckt. So reichte schon die Ankündigung einer Volksabstimmung in der Schweiz, um den Preis nach oben zu treiben. Eine Volksinitiative will die Schweizer Nationalbank zum milliardenschweren Kauf des Edelmetalls zwingen. Erst eine Umfrage, wonach das für das letzte November-Wochenende angesetzte Plebiszit wohl scheitern dürfte, hatte den Goldpreis wieder nach unten gedrückt.

Für eine Stabilisierung des Goldpreises spricht auch die Entwicklung in Indien. Trotz Importbeschränkungen durch die Regierung sehen viele Inder den Preisverfall beim Edelmetall offenbar als günstige Kaufgelegenheit. Für das dritte Quartal meldete der World Gold Council einen Anstieg der Nachfrage nach Goldschmuck um satte 60 Prozent im Jahresvergleich auf 182,9 Tonnen. Experten des Branchenverbandes sehen eine Ursache für die Kauflaune der Inder in der neuen Regierung in Neu-Delhi, die generell für eine bessere Stimmung in der Bevölkerung und mehr Konjunkturoptimismus sorge.

Entscheidend für die weitere Entwicklung wird aber die Frage sein, ab welchem Preis die Förderung überhaupt noch interessant ist. Wird das Edelmetall so günstig, dass sich die teure Förderung durch Minen-Gesellschaften über weite Strecken nicht mehr lohnt? Die Folge wäre eine Verknappung des Gold-Angebots auf dem Weltmarkt. Dies könnte die Basis für künftige Preissteigerungen bilden. 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%