Für viele Aktionäre dürfte die Kuka-Aktie schon seit längerem ein gutes Investment gewesen sein - nun könnte sie von einem guten zu einem sehr guten Griff werden. Der chinesische Großaktionär, die Midea Gruppe, hat ein Übernahmeangebot für Kuka abgegeben, und das dürfte vor allem die Anleger erfreuen. 115 Euro je Aktie bietet Midea, das entspricht einem Aufschlag von mehr als 36 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom Dienstag.
Die im MDax gelistete Kuka-Aktie machte einen entsprechend großen Sprung und notierte am Mittwochvormittag bei rund 110 Euro, nachdem der Schlusskurs am Vortag bei etwas mehr als 84 Euro gelegen hatte. Sind die Aktionäre die Gewinner des Angebots? Und was sollten Kuka-Anleger nun machen?
Das Midea-Angebot gilt für alle ausstehenden Kuka-Aktien, ist aber an eine Bedingung geknüpft: Midea will sich damit mindestens 30 Prozent der Anteile sichern. Die Chinesen wären damit der größte Anteilseigner beim Augsburger Roboterbauer.
Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland
Die chinesische Holding Beijing Enterprises gab Anfang Februar 2016 bekannt, den Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.
Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar 2016 von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen – mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.
Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernahm 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.
Avic übernahm 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp schloss 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machten beide Seiten keine Angaben.
2012 stieg der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kauften zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigerten 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhielt der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.
Der Baumaschinenhersteller Sany übernahm 2012 den Betonpumpenhersteller für gut 320 Millionen Euro.
Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.
Bisher hält der chinesische Hersteller von Klimaanlagen und Elektronikgeräten wie Mikrowellen oder Reiskochern einen Anteil von 10,2 Prozent an Kuka. Größter Aktionär ist mit 25,1 Prozent der schwäbische Anlagenbauer Voith, Investor Friedhelm Loh hält mit der Swoctem GmbH zehn Prozent.
Bereits in den vergangenen Monaten hatte sich beim Roboterbauer ein Übernahmepoker angedeutet, welcher den Kurs beflügelte. Seit Ende Januar kletterte die Aktie um über 60 Prozent. Auslöser für den Turnaround war unter anderem die Midea-Gruppe, die ihren Anteil am Roboterbauer Anfang Februar dieses Jahres von 5,2 auf 10,2 Prozent aufstockte.
Zuvor litt die Aktie vor allem unter ihrer hohen Bewertung und den Problemen der Autobranche in Folge des VW-Abgasskandals. Seit Februar allerdings wird das Papier von Übernahmegerüchten getrieben. Analysten bemängeln die ungerechtfertigt hohe Bewertung: Das Papier habe sich zunehmend von den Unternehmensergebnissen abgekoppelt. Mittlerweile kostet eine Aktie das rund 27-fache des Unternehmensgewinns.
2015 erwirtschaftete Kuka mit seinen rund 12.300 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,97 Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2016 gingen die Umsätze allerdings um mehr als zwölf Prozent zurück, darunter leidet auch die Ertragskraft des Konzerns. Die Ebit-Marge fiel von 6,3 Prozent im Vorjahresquartal auf 5,4 Prozent. Grund sind neben den sinkenden Umsätzen Investitionen in Logistik und Industrie 4.0.
Händler bezeichnen das Midea-Angebot deshalb zu Recht als "unglaublich hoch".
Was Analysten raten
Hauck & Aufhäuser-Analyst Henning Breiter empfiehlt Anlegern die Annahme des Angebots oder den Verkauf der Aktie zum deutlich gestiegenen Marktpreis. Der Bewertungsaufschlag des Angebots sei sehr hoch und die Offerte damit attraktiv, schreibt Breiter. Er gehe daher davon aus, dass der geforderte Anteil von 30 Prozent erreicht werde. Auch Warburg-Analyst Christian Cohrs rät Anlegern zum Verkauf der Aktie. Das Angebot sei attraktiv, Kuka werde deutlich höher bewertet als Konkurrenten wie der japanische Roboterhersteller Yaskawa.
Wächst Kuka nun in China?
Während die Mehrheit der Analysten den Übernahme-Kurs für sehr hoch hält, glaubt Holger Schmidt, Analyst bei Equinet, dass der Kurs der Kuka-Aktie noch weit über die gebotenen 115 Euro steigen dürfte.
Die Theorie hinter der optimistischen Prognose: Die Chinesen dürften laut Schmidt über kurz oder lang eine Komplettübernahme anstreben und müssten den bisherigen Großaktionär Voith mit einem entsprechenden Angebot überzeugen. Ein weiterer Grund für Optimismus: mit Midea könnte Kuka seine China-Strategie beschleunigen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist für den Roboterhersteller ein wichtiger Markt, weil dort der Automatisierungsgrad noch niedrig ist. Bis 2020 will Kuka in China eine Milliarde Umsatz erzielen.
Bisher gibt sich die Midea-Gruppe allerdings defensiv. Im Rahmen der Offerte heißt es, man wolle die Kontrolle über Kuka nicht übernehmen. Weder der Standort noch die Zahl der Mitarbeiter würden in Frage gestellt, Vorstand Till Reuter solle weiterhin freie Hand haben.
Bisher kein Gegenangebot erwartet
Vorerst dürfte es also auch auf die Reaktionen der anderen Großaktionäre Voith und Loh ankommen. Voith teilte zunächst mit, man gehe davon aus, dass die Midea-Gruppe ihre Pläne und Absichten erläutern werde. Mit einem Gegenangebot rechnen Analysten dagegen nicht, unter anderem aufgrund der hohen Bewertung des Kuka-Papiers.
Dabei galt auch Voith mit seinem Anteil von immerhin einem Viertel der Kuka-Papiere mal als Kandidat für eine Offerte. Allerdings sind die Heidenheimer mit hauseigenen Baustellen beschäftigt. Zuletzt reduzierte der Anlagenbauer durch den Verkauf seines Industrieservice-Geschäfts seine Mitarbeiterzahl um die Hälfte. Der Konzernumbau hinzu mehr digitalem Geschäft sorgte zuletzt für Verluste von 93 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2014/15.
Skeptiker warnten Anleger allerdings davor, sich auf dem Angebot auszuruhen. In der jüngeren Vergangenheit seien vor allem in den USA einige Übernahmen durch chinesische Firmen geplatzt, auch im Fall Kuka müssten noch die entsprechenden Genehmigungen erteilt werden.
Für Anleger gilt also: Wer an rosige Zukunftschancen der Kuka-Roboter in China glaubt, muss sein Papier im Depot behalten. Alle anderen fahren sicherlich besser und vor allem risikoärmer, indem sie rechtzeitig Gewinne mitnehmen.