Kursmanipulation Abgezockt mit einer Goldaktie

Drei Verdächtige sollen den Kurs der berüchtigten De Beira Goldfields manipuliert und 47 Millionen Euro erlöst haben. Im Fokus der Ermittler: ein Goldminen-Boss, ein Journalist, Börsenbriefe und ein PR-Unternehmer.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Gold-Nugget Quelle: AP

So schnell kommt einem ein Vorstandschef abhanden: Aly B. Mawji sei „aus Gründen, die nach bestem Wissen und Gewissen in keinerlei Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit oder den Angelegenheiten von Golden Touch stehen, in Europa inhaftiert“ worden, verkündete Robert Murdoch, Mawjis Nachfolger als Boss von Golden Touch, Mitte der Woche dem staunenden Anlegervolk.

„Keinerlei Zusammenhang“ stimmt nur oberflächlich: Golden Touch sucht Gold in Albanien, verhaftet wurde Mawji wegen Aktivitäten bei De Beira Goldfields, die vor allem in Südamerika graben sollten. Und: Der Aktienkurs von De Beira ist bereits hoffnungslos abgestürzt (siehe Chart auf Seite 2).

Verdacht: Marktmanipulation und Betrug

Mawji, ein meist von Kanada aus operierender Aktienpromoter, wurde Anfang der Woche in Österreich vorläufig festgenommen, aufgrund eines Haftbefehls, den die Staatsanwaltschaft Stuttgart beantragt hatte. Seine Auslieferung nach Deutschland wird geprüft. Die Fahnder ermitteln unter dem Aktenzeichen 157 Js 81565/10 gegen Mawji, den Salzburger PR-Unternehmer Pascal Geraths und den Journalisten Christian E., bis Mitte 2006 Redakteur beim Münchner Magazin „Focus“ und zuletzt freier Journalist und Herausgeber des Börsenbriefs „Blue Sky Level“.

Die Sprecherin der Stuttgarter Ermittler, Staatsanwältin Claudia Krauth, bestätigte „ein Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte wegen Marktmanipulation und gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs“. Durch Manipulation des Kurses von De Beira, der binnen Wochen um 1100 Prozent stieg, „hätten die Beschuldigten über 47 Millionen Euro erlöst“.

Journalist in Untersuchungshaft

Mitte März seien fünf Objekte, zwei in Deutschland und drei in Österreich, durchsucht worden. Christian E. sitzt seither in Untersuchungshaft. Geraths, der in Österreich verhaftet wurde, ist wieder auf freiem Fuß: Der Verdacht, er habe Marktmanipulation begangen, reichte nicht. Laut österreichischem Börsengesetz wäre Marktmanipulation keine Straftat, sondern eine „Verwaltungsübertretung“. Dass die Österreicher Mawji ausliefern, ist deshalb alles andere als sicher.

Aufgepumpt und abgestoßen

Das Geschäftsmodell, das die Fahnder hinter dem De-Beira-Fall wittern, ist bekannt. In Vancouver und Toronto, den Hochburgen des weltweiten Minengeschäfts, nennen sie es das „Frankfurt Game“, „pump and dump“ – aufblasen und abkippen. Wertlose Aktienhüllen werden zu Explorationsunternehmen gemacht – Unternehmen, die angeblich nach Gold, Öl, Silber oder Uran suchen.

Nach der Börseneinführung in Frankfurt wird aufgeblasen: PR-Agenturen formulieren Erfolgsmeldungen, Insider schieben ein paar Aktien hin und her, um steigende Kurse zu produzieren, in Börsenbriefen und Internet-Boards werden Kaufempfehlungen abgefeuert. Zieht der Kurs an, werden die Aktien bei Anlegern abgeladen. „Scalping“ heißt diese Variante der verbotenen Kursmanipulation bei Ermittlern – den Anlegern wird von den Aktien-Pushern, die sich vor Beginn der Welle mit Aktien eingedeckt haben, der Schopf abgezogen.

Auf Höhenflug

Aufstieg und Fall der Goldaktie De Beira vollzogen sich wie die vieler Explorationswerte – nur extremer und mit mehr Breitenwirkung. Der Kurs der 2004 gegründeten Gesellschaft schwang sich in atemberaubende Höhen auf, nachdem der Geologe Klaus Eckhof dort den Chefsessel übernommen hatte. Eckhof hatte wegen seines Erfolgs mit dem Unternehmen Moto Goldmines, das 2009 von den etablierten Goldförderern Randgold und Anglogold Ashanti übernommen wurde, unter deutschen Anlegern einen Ruf wie Donnerhall.

Befeuert wurde der Kursanstieg der Aktie von Erfolgsmeldungen des Unternehmens und Empfehlungen im „Focus“ und in diversen Börsenbriefen. In der Spitze wurde das Unternehmen mit über einer halben Milliarde Euro bewertet, die Aktienumsätze in Frankfurt waren zeitweise höher als die des MDax-Wertes Hochtief.

„Spekulative Versuchung“

Laut Staatsanwaltschaft hätten die Beschuldigten „Empfehlungen abgegeben und wertbildende Tatsachen vorgetäuscht“, zum Beispiel, dass Schürfvorhaben geplant seien und eine gestiegene Nachfrage nach der Aktie existiere. Geraths und Christian E. hätten zusammen die Werbung für die Aktie übernommen.

Tatsächlich wurde die Aktie im „Focus“ zwei Mal empfohlen, in der Ausgabe vom 15. Mai 2006 beim Kurs von 1,90 Euro („lukrativ für risikobewusste Investoren“) und in der vom 3. Juni 2006 bei 4,10 Euro, diesmal im Rahmen einer größeren Gold-Geschichte, die von E. mit verfasst wurde („spekulative Versuchung“). Nahezu zeitgleich empfahl E., der offenbar auch De-Beira-Aktionär war, die Gold-Aktie in seinem Börsenbrief „Blue Sky Level“. Ein „Focus“-Sprecher sagt dazu lediglich, das Blatt und E. hätten sich 2006 „getrennt“.

Tipps und Empfehlungen überall

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, an die die deutsche Börsenaufsicht BaFin die Ergebnisse ihrer Untersuchung im De-Beira-Verfahren abgegeben hatte, untersucht neben den „Focus“-Tipps auch Empfehlungen in den Börsenbriefen „Bullvestor“, „Rohstoffraketen“, „Goldinvest“, „Börsenspion“ und „Der Aktieninvestor“. Auf der Zeugenliste der Ermittler finden sich, neben einer Mitarbeiterin Geraths und zwei Frankfurter Börsenmaklern, vor allem Börsenbrief-Herausgeber, darunter auch der vom Landgericht Berlin Mitte April wegen Marktmanipulation zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilte Markus Frick.

Kurstreiberei bestritten

Geraths bestritt gegenüber der WirtschaftsWoche, dass er den Kurs getrieben habe. Er habe einen PR-Auftrag von De Beira gehabt, zu dessen Erfüllung er eben auch mit Börsenmedien geredet habe. Die Aktie sei aber aufgrund von Nachrichten, die das Unternehmen lancierte, gestiegen. Diese seien auch bei der US-Aufsicht SEC eingereicht worden. Tatsächlich meldete De Beira zwischen Mai und Oktober 2006 die Unterzeichnung diverser Absichtserklärungen zur Übernahme von Gold- und Kupferprojekten in Peru, Ecuador und Kolumbien. Alle diese Projekte wurden später wieder einkassiert.

Profit ist unklar

Ob und wie die drei Beschuldigten vom Aufstieg und Fall der Aktie tatsächlich profitiert haben, ist noch unklar. Vonseiten der Ermittler ist von einem Depot in der Schweiz die Rede, aus dem Mawji und Geraths Aktien für 47 Millionen Euro abverkauft hätten. Um einen möglichen Gewinn zu berechnen, müssten die Fahnder die Einstiegskurse kennen. Leicht ist das nicht, zumal Explorer-Aktien nahezu beliebig vermehrbar sind und nicht nur verkauft, sondern an Dienstleister auch gratis abgegeben werden können.

Ölförderung mit Hilfe eines Quelle: dpa

Geraths behauptet, Mawji habe ihn beauftragt, von einem Aktiendepot in seinem Namen Aktien zu verkaufen, die Erlöse sollten „laut Herrn Mawji zu Finanzierungszwecken von De Beira dienen“. Was letztlich mit den Geldern passiert sei, wisse er nicht. Er räumt aber ein, dass Mawji ihm „als Gegenleistung für das Einbringen werthaltiger Projekte und eines qualifizierten Managements eine Networking-Provision in Aktien zahlte“.

Unter dem Strich aber habe er mit De Beira, von deren „Wertigkeit und Seriosität“ er immer überzeugt gewesen sei,„fast nichts verdient“. Christian E. soll laut Staatsanwaltschaft aus De-Beira-Verkäufen rund 30.000 Euro erlöst haben. Auch hier ist unklar, wie viel er verdiente. Für eine Stellungnahme waren weder E. noch Mawji erreichbar.

Auch bei Ölaktie mitgemischt

Aufgepumpt und abgestoßen2

Die Ermittler argwöhnen, dass die Beschuldigten auch beim Gold-Explorer Aurora Gold und der Ölaktie California Oil & Gas, die eine ähnlich dramatische Kursentwicklung aufweisen wie De Beira (siehe Chart unten), mitgemischt haben.

Aurora wurde im Januar und am 22. März 2006 in „Focus Money“ empfohlen und wenige Tage später im „Blue Sky Level“. Die Ölaktie wurde am 26. April 2006 sowohl in dem Börsenbrief als auch in „Focus Money“ sehr wohlwollend besprochen.

„Es war ein positiver Imageeffekt für den Newsletter, wenn auch ein berühmtes Anlegermagazin diese Aktie empfiehlt“, sagte E. , der nicht Autor der Empfehlungen im „Focus“-Schwesterblatt war, 2006 der „Financial Times Deutschland“.

De Beira wurde 2010 umgetauft, in Panex Resources. Der Verdacht, dass unter neuer Flagge möglicherweise Ahnungslose geködert werden sollen, liegt nahe. „Raider heißt jetzt Twix und De Beira Panex“ juxten Anleger in einem Internet-Forum. Der Panex-Kurs hat sich bereits wieder vervierfacht – von zwei auf acht Cent.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%