Manipulationsverdacht beim Volatilitätsindex Vix Wie glaubhaft ist das Angstbarometer der Wall Street?

In der Debatte um mögliche Manipulationen beim sogenannten Angstbarometer der Wall Street wächst der Druck auf den Indexanbieter CBOE.

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New York Wie sicher ist der Vix? Nach den Manipulationsvorwürfen eines Whistleblowers wird an der Wall Street heftig über den Volatilitätsindex Vix diskutiert. Dabei gerät auch die Chicagoer Terminböse CBOE, die den Index berechnet, immer stärker unter Zugzwang. „Ich wurde in der Vergangenheit von mehreren Händlern kontaktiert, die glauben, der Vix sei manipuliert“, sagte der frühere Regulierer der Derivateaufsicht CFTC im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Er hält die Vorwürfe des anonymen Whistleblowers für plausibel und geht davon aus, dass sich nicht nur die Finanzaufsicht Finra, sondern auch die Börsenaufsicht SEC und die CFTC den Fall genau anschauen werden. „Der Vix ist schon seit Jahren verdächtig. Jetzt gibt es genug Rauch, damit die Aufseher nachschauen müssen, ob auch irgendwo Feuer ist.“

Der frühere Chef der Börsenaufsicht, Harvey Pitt, kritisierte am Freitag die CBOE. „Wenn es Beschwerden über eine mögliche Manipulation gibt, dann hätte die CBOE eigentlich aktiv werden müssen“, sagte er im US-Börsensender CNBC. Allerdings gilt es als äußerst schwierig, Manipulationen nachzuweisen.

Der Indexanbieter hatte die Vorwürfe des Hinweisgebers zurückgewiesen. Ein Whistleblower hatte sich über seine Anwälte an die SEC und die CFTC gewandt und in einem Brief seinen Manipulationsverdacht erläutert. Der Volatilitätsindex wird von der CBOE berechnet und ermittelt die erwarteten Schwankungen des breiter gefassten Aktienindexes S&P 500. Dabei werden zur Berechnung die Preise von Options-Produkten, mit denen man auf den Anstieg oder Fall des S&P 500 wetten kann, herangezogen.

Der Vix lässt sich selbst nicht handeln. Allerdings gibt es eine Reihe von Derivaten, wie Optionen, Futures und sogenannte Exchange Traded Notes, mit denen sich auf den Vix wetten lässt.

Die Vorwürfe des Whistleblowers beziehen sich auf ein komplexes Zusammenspiel zwischen den Vix-Derivaten und den zugrunde liegenden Optionen auf den S&P 500. Dabei weist der Hinweisgeber auf eine Schwachstelle im Aufbau des Vix hin, wonach „Handelsfirmen mit ausgefeilten Algorithmen den Preis des Vix nach oben oder nach unten treiben können“, heißt es in dem Brief an die Aufsichtsbehörden.

Der CBOE zufolge sei der Brief voller ungenauer Aussagen, Missverständnisse sowie sachlicher Fehler und somit unglaubhaft, hieß es in einer Stellungnahme. Für Unmut sorgte zudem, dass in einer ersten Version versehentlich von der Chicagoer Börse CME die Rede war statt von der CBOE. Die CME jedoch hat mit dem Volatilitätsindex und dessen Derivaten nichts zu tun.

Marktmanipulationen nachzuweisen gilt als äußerst schwierig. „Die Aufseher müssen eine ganze Reihe von Dingen nachweisen“, gibt Finanzaufseher Bart Chilton zu bedenken. „Allein die Absicht, die Preise zu beeinflussen, reicht da nicht aus.“

So bräuchten Marktteilnehmer zunächst eine kritische Größe, um Preise überhaupt beeinflussen zu können. Dann brauchen die Regulierer Beweise, dass eine Manipulation tatsächlich geplant war. Das könnte ein Telefonmitschnitt sein, oder eine E-Mail. Allerdings ist den Händlern längst klar, dass Gespräche aufgezeichnet und E-Mails ebenso wie Chatprotokolle später aus den Archiven wieder hervorgeholt werden können. Und schließlich muss die Manipulation auch tatsächlich stattgefunden haben.

Beim Vix besteht ein wesentlicher Unterschied zum Referenzzinssatz Libor. „Der Zinssatz wurde traditionell durch Absprachen unter Händlern ermittelt, somit waren Manipulationen leichter nachzuweisen“, sagt Chilton. Beim Vix jedoch geht es um tatsächliche Käufe oder Verkäufe, die stattgefunden haben müssen. Der Libor-Skandal hatte für eine Reihe von internationalen Großbanken zu hohen Strafen geführt, insgesamt beliefen sich die Zahlungen auf mehrere Milliarden Dollar.

Seinen Anwälten zufolge habe der Whistleblower in der Vergangenheit bereits auf Ungereimtheiten beim Vix hingewiesen. Offenbar ist daraufhin jedoch nichts geschehen. Der Hinweisgeber ist Teil des Whistleblower-Programms der SEC. Das erlaubt es ihm, anonym zu bleiben. Sollten seine Hinweise später zu Strafzahlungen führen, dann hat er einen Anspruch auf bis zu 30 Prozent dieser Summe.

Das Programm war nach der Finanzkrise ins Leben gerufen worden. Seit 2011 wurden mehr als eine Milliarde Dollar an Belohnungen ausgezahlt.

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