Marc Faber im Interview Welt auf dem Weg in den finanziellen Untergang

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Die Situation in China wird schlecht ausgehen

So lebt Börsenguru Marc Faber
Marc Faber wohnt in einem riesigen ochsenblutfarbenen Haus in Chiang Mai, einer vergleichsweisen ruhigen Provinzstadt in Thailand. Schon die Pforte überwältigt den Besucher. Zwei übermannshohe Diener-Statuen buckeln vor einem gigantischen Holzportal, das einstmals einer Kirche im Süden Indiens als Eingang gedient hat. Quelle: Darren Soh
Der Hausherr empfängt seine Besucher in Socken, verwaschenen Jeans und T-Shirt – seinem Lieblingsoutfit. Faber ist einer der einflussreichsten Investoren der Welt. Von seinem Haus in Thailand aus analysiert er die Märkte und verwaltet rund 300 Millionen Dollar Kundengelder. Quelle: Darren Soh
Hier sitzt er, umgeben von meterhohen Bücherwänden. Die Stehlampe beleuchtete früher eine Straße in Thailand, um das schwere Holzportal kleben unzählige Mao-Badges. Quelle: Darren Soh
Eine Kolonnade von Mao-Büsten aus weißem Stuck thront selbst bei wichtigen Besprechungen oder Dinner-Partys in der Mitte eines riesigen Tisches, groß wie ein Swimmingpool, an dem problemlos zwei Dutzend Gäste sitzen können. Entworfen hat ihn seine Frau Supatra, eine ehemalige Flugbegleiterin bei Cathay Pacific, die der Anlageexperte vor rund 30 Jahren in Hongkong kennengelernt und geheiratet hat. Sie hat drei schwere, sechs Meter lange Gummibaum-Platten auf einen Unterbau aus verschiedenfarbigen Glassockeln montieren lassen und Lampen in die Sockel integriert. Quelle: Darren Soh
Dieser Teil des Hauses wirkt wie eine Kathedrale. Die Treppen führen zu Schlafzimmer, Bad und Galerie. Faber wollte kein Geländer, entwarf auf Drängen des Architekten ein chinesisch inspiriertes Eisenmodell. Quelle: Darren Soh
Stühle, Kommoden, Lampen, Kunst – Faber hat Exponate aus halb Asien zusammengetragen. japanische Möbel zieren die Halbetagen. Der Tontopf stammt aus Vietnam. Quelle: Darren Soh
Marc Faber duscht, wenn andere zu Abend essen. Sein Tagesrhythmus ist auf die New Yorker Zeit eingestellt, er lebt mit ständigem Jetleg. Im Badezimmer hängen chinesische Akte. Quelle: Darren Soh

Was begeistert Sie denn?

Ich besitze einige japanische REITs, darunter Premier Investment und Activia Properties. Mein Favorit ist der Mobilfunkanbieter NTT Docomo, weil die Aktie kaum gestiegen ist und eine hohe Dividende bietet. Ich hatte richtig vorausgesehen, dass der japanische Aktienmarkt enorm steigen würde, sobald die Regierung den Yen abschwächen würde. Genau das ist geschehen. Nach dem Tief am 15. Oktober und bis zu der kürzlich erfolgten Korrektur hat der Markt, in Yen gemessen, um mehr als 70 Prozent, in Dollar gerechnet, um über 35 Prozent zugelegt. Ich hatte Aktien von Finanzdienstleistern wie Nomura gekauft, deren Kurs sich mehr als verdoppelt hat. Derzeit befindet sich der japanische Markt in einer Korrekturphase, der Yen könnte wieder etwas an Wert zulegen. Aber während der US-Markt schon sehr in die Nähe eines Langzeithochs gerückt ist, verzeichnete der japanische Markt erst im Vorjahr ein Generationen-Tief. Das zumindest wird wohl nicht mehr unterschritten werden.

Ho-Chi-Minh-VSE-Index Quelle: Thomson Reuters

Sie waren kürzlich in Vietnam. Wie schätzen Sie die Lage dort ein?

Das Bankensystem leidet unter einer großen Menge notleidender Kredite, und der Aktienmarkt ist seit seinem Hoch um 70 Prozent gefallen. Aber die Exportwirtschaft ist stark, und die Menschen arbeiten hart. Der 35 Kilometer lange Küstenabschnitt zwischen Danang und Hoi An wird gerade zu einem riesigen Touristen-Resort ausgebaut. Mit dem Flugzeug ist diese Region von Hongkong in 70 Minuten und von Singapur in zwei Stunden erreichbar. Ein Park Hyatt Resort verkauft bereits Villen und Wohnungen. Fast alle werden von Vietnamesen erworben. Ich besuchte die Region auf einer Urlaubsreise. Die Menschen am Strand waren fast ausschließlich Vietnamesen. Einer war sogar im Lamborghini angereist.

In Vietnam findet man Unternehmen mit Dividendenrenditen zwischen fünf und sieben Prozent. Ich finde Military Commercial Bank attraktiv und Vietnam Dairy Products. Das Unternehmen ist im Milchproduktegeschäft führend und in den letzten zehn Jahren um rund 20 Prozent jährlich gewachsen. Die Aktie ist günstig bewertet, ein jährliches Wachstum um 10 bis 15 Prozent ist auch in Zukunft vorstellbar. Früher oder später ist eine Übernahme programmiert.

Von einem Konzern wie Nestlé oder Danone?

Es gibt in Asien eine Menge reicher Konzerne, die asiatische Unternehmen aufkaufen. Die langfristigen Konjunkturaussichten für Asien sind gut, solange Frieden herrscht. Länder wie Laos, Kambodscha und Myanmar öffnen sich mehr und mehr, und Vietnam ist wieder zurück auf dem Weg der Öffnung. In dieser Region leben 500 Millionen Menschen. Derzeit ist, wo immer man hinkommt, Myanmar in aller Munde. Das Land scheint so beliebt zu sein wie Vietnam vor der Krise in den Jahren 2006 bis 2007.

Kursverlauf Newmont Mining Quelle: Thomson Reuters

Das klingt dann aber nach einem gefährlichen Ort für Anleger.

Es gibt durchaus Investitionsmöglichkeiten, allerdings sind sie mit einem erheblichen Risiko behaftet. Yoma Strategic Holdings ist die einzige direkte Investitionsmöglichkeit in Myanmar. Geführt wird die Gesellschaft von Serge Pun, einem alten Freund von mir – ein idealer Mann in dem schwierigen Umfeld. Ich empfehle die Aktie nicht, denn sie ist nicht mehr billig, aber wenn man in Myanmar investieren will, ist sie die beste Option.

Lassen Sie uns zu China kommen. Die Konjunktur scheint schwächer zu werden, und die Anleger sind verständlicherweise besorgt. Wie sehen Sie die Situation?

In China gibt es eine riesige Kreditblase, die Sache wird nicht gut ausgehen. Offiziell wuchs die chinesische Wirtschaft zwar im ersten Quartal um 7,7 Prozent. In Wirklichkeit aber liegt das jährliche Wachstum bestenfalls bei vier Prozent. Die Exportzahlen, die China für Länder wie Taiwan, Südkorea, Hongkong und Singapur angibt, stimmen nicht mit den Importzahlen dieser Länder überein. Die angegebenen Exporte sind immer wesentlich höher als die angegebenen Importe. Singapur veröffentlicht relativ ungeschönte Wirtschaftsstatistiken. Das Bruttoinlandsprodukt ist in den vergangenen sechs Monaten nur minimal gewachsen. Die jährliche Inflationsrate liegt bei rund vier Prozent. In Thailand hat sich das Wachstum trotz massiver fiskalpolitischer Anreize verlangsamt. In Malaysia, Indonesien und anderen Ländern sind die Handels- und Leistungsbilanzüberschüsse geschrumpft.

Auch in Asien boomen die Branchen der Reichen. In den letzten Jahren ist eine immense Anhäufung von Reichtum zu beobachten. Aber die Mittelklasse verliert an Kaufkraft. Wenn man sich die Geschichte anschaut, so folgt einem wachsenden Wohlstandsgefälle unweigerlich eine Korrektur, entweder auf friedlichem Weg durch höhere Steuern oder gewaltsam – wie durch die Revolution in Russland. Ich bezweifle zwar, dass es in der westlichen Welt eine Revolution geben wird, aber die europäischen Wähler werden sich gegen die Arroganz der Bürokratie zur Wehr setzen. Es gibt in Europa Skandale ohne Zahl – im Zusammenhang mit französischen Politikern, Schweizer Bankkonten und so weiter.

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