Marc Faber "Junge Leute tun mir ehrlich leid"

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Schuld ist unter anderem die Globalisierung

Warum haben solche liberal-libertären Positionen in Europa so wenig Rückhalt?

Wie sind eine politisch korrekte Gesellschaft geworden, die mit allen auf Kuschelkurs ist. Der Konsens „Staatsausgaben sind gut, hohe Steuern verringern die Ungleichheit“ wird nicht mehr hinterfragt. Das kann auf Dauer nicht funktionieren.

Kapital verdoppelt

Sie sehen die Schere zwischen Arm und Reich also weiter aufgehen?

Ich will nicht alle Schuld den Zentralbankern geben – aber sie sind für die Vermögensungleichheit mitverantwortlich. Ein Grund für die wachsenden Einkommensunterschiede liegt schlicht in der Globalisierung. Nehmen Sie einen Top-Fußballspieler von Bayern München oder Manchester United. Vor 40 Jahren kannten den Spieler vielleicht ein paar Millionen Menschen. Heute schauen Milliarden Menschen auf der Welt Fußball. Das heißt, der Marktwert solcher Spieler ist wesentlich höher als damals. Genauso verhält es sich mit Unternehmen. Das bedeutet: Es ist viel schwieriger geworden, an die Spitze zu gelangen. Aber wer einmal oben angekommen ist, ist heute mächtiger denn je.

Die Welt, die Sie beschreiben, klingt deprimierend. Was raten Sie jungen Leuten?

Das ist ein wichtiges Thema. Ich bin 1946 geboren. Bis in die Achtzigerjahre waren die Preise für Anlagen – Immobilien, Aktien, Kunst – sehr niedrig. Auch auf dem Sparkonto bekamen Sie zudem gute Zinsen. Heute bekommen Sie für Erspartes gerade einmal 0,5 Prozent! Wissen Sie, wie viele Jahre es länger dauert, bis sich Ihr Kapital verdoppelt hat, im Vergleich zu den Jahrzehnten zuvor? Mir tun junge Leute heute ehrlich leid. In den USA ist es noch finsterer: Die meisten Universitätsabsolventen beginnen ihr Arbeitsleben mit einem Berg Schulden. Die nächsten Jahre sind sie mit nichts anderem beschäftigt, als ihre Studienkredite abzubezahlen. Wie soll so jemand ein Haus kaufen können? Ich bezweifle auch, dass die meisten jungen Berufstätigen in Europa am Ende des Monats irgendetwas zurücklegen können. Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Weil die Versicherungen auf dem Kapitalmarkt nichts mehr verdienen, müssen sie die Prämien erhöhen. Auch das trifft am Ende wieder den normalen Bürger. Kurz: Everybody gets fucked!

Wenn Sie Geld für zehn Jahre anlegen müssten und es nicht umschichten dürften, wohin würden Sie es packen?

Große Gewinne sind nicht drin, es geht darum, das Geld zu erhalten. Ich würde es streuen, in etwa gleichgewichtet in Gold, Immobilien, Aktien und Unternehmensanleihen. Auf jeden Fall einen Teil in Aktien. Bargeld ist riskant, weil es in zehn Jahren weniger wert sein wird als heute. Staatsanleihen werden nur mit wertlosem Papiergeld zurückbezahlt. Die Deutschen wissen das aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Aktien von Siemens, BASF oder Daimler waren vielleicht keine gute Anlage, aber es blieb noch etwas. Deshalb werden die Börsen nicht ins Bodenlose fallen. Heutzutage ist es eher ein Risiko, keine Aktien zu halten.

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