Marktmanipulation Markus-Frick-Show vor Gericht

Im Strafprozess gegen den ehemaligen N24-Moderator Markus Frick hat die Verteidigung ihr Plädoyer gehalten. Doch für Frick könnte das aktuelle Strafverfahren nicht das letzte sein. Gegen ihn sind noch weitere Ermittlungen wegen anderer Börsenbriefe anhängig. Sein Anwalt wollte sich vor einem „Urteil des Landgerichts nicht zum Verfahren äußern".

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Markus Frick (r) Quelle: dpa

Montag, 17. Februar. Fricks Strafverteidiger Daniel Krause steht im Landgericht Frankfurt hinter seinem Stuhl und hält sich an der Lehne fest. Der Vorsitzende Richter Klaus Wiens hat der Verteidigung das Wort erteilt. Krause spricht frei, doch die Worte, die der Rechtsanwalt wählt, sind wohl kaum mehr als Teil einer Inszenierung, die man getrost als „Frick-Show reloaded“ bezeichnen kann. Er erinnere sich noch gut an seinen ersten Besuch in der Untersuchungshaft bei seinem Mandanten. Es muss der 6. Januar 2013 gewesen sein. „Herr Krause“, habe ihn Frick gleich im zweiten Satz gefragt, „warum habe ich beim ersten Mal keinen Tag in Untersuchungshaft gesessen? Das wäre mir eine Lehre gewesen.“

Krause rollt nun die vorbereiteten Sprechzettel in der Hand, auf die er aber nur selten blickt. Und dann berichtet der Rechtsanwalt von Marktmanipulation und davon, dass strafschärfend sicher einiges zu berücksichtigen sei. „Es ist hier ein sehr durchdachtes Vorgehen gewählt worden, nicht allein von Herrn Frick, aber eben maßgeblich von ihm. Daran kann man nicht vorbeigehen“, räumt der Verteidiger ein. Frick habe aber „ein von Reue getragenes Geständnis“ abgelegt. Und sein Mandant habe den Schaden wiedergutgemacht und die 1,24 Millionen Euro, die er erlangt habe, zur Verfügung gestellt. Nach mehr als 400 Tagen in Untersuchungshaft habe sich der Vater zweier kleiner Kinder zudem als „extrem haftempfindlich“ gezeigt. 

„Dieser Prozess ist eine Farce“

Und wie auf Kommando ist bei Krauses Worten jetzt selbst Frick schlagartig das Lachen vergangen, was er sonst im Prozess des Öfteren auf den Lippen hatte. Er sitzt nun da, wie versteinert, die Hand auf den Mund gelegt, starrt auf den Tisch vor sich. Und ein Zuschauer wispert: „Dieser Prozess ist eine Farce.“

Krause hatte schon 2011 eine Bewährungsstrafe für Frick herausgeschlagen. Das Landgericht Berlin hatte ihn damals wegen Marktmanipulation in 36 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Frick hatte Aktien in Börsenbriefen  empfohlen, ohne seine eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Kursentwicklung der Wertpapiere offenzulegen.

Jetzt also Frankfurt. Börsenbuchautor Frick muss sich dort seit dem 24. Oktober vor dem Landgericht den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft stellen. Sie hatte ihn ursprünglich wegen des Verdachts auf versuchten sowie vollendeten bandenmäßigen Betrug sowie Marktmanipulation angeklagt. Ihm und einem mitangeklagten mutmaßlichen Komplizen wird vorgeworfen, Anlegern Aktien von LetsBuyIt, Autev und Venatus Interactive in Börsenbriefen als unterbewertet empfohlen zu haben. Das Verfahren eines einst dritten Angeklagten ist abgekoppelt und gegen die Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro eingestellt worden. Er war im Wesentlichen für die Technik und die Versendung der Börsenbriefe zuständig gewesen.

"Wir hätten uns daran einen Wolf ermittelt"

Doch die Staatsanwaltschaft musste im Laufe des Verfahrens zugeben, dass sie den Vorwurf des Betruges nicht aufrechterhalten kann. Um einen Betrug nachzuweisen, müssen der Schaden beim Anleger und der Vermögensvorteil beim Täter deckungsgleich sein. Doch als die Kurse der manipulierten Aktien gestiegen sind, haben auch Menschen, die mit den Börsenbriefen nichts zu tun hatten, eigene Aktien verkauft. „Wir hätten filtern müssen, welche Aktien von den Tätern verkauft worden sind und welche nicht“, erklärt Oberstaatsanwalt Philipp Zmyj-Köbel. Dabei gehe es oft um kleinste Stückzahlen und hinter den Verkäufern stünden Banken im Ausland, die ihrerseits für Firmen in aller Welt tätig würden. „Zum Teil muss man in vier oder fünf Länder nacheinander Rechtshilfeersuchen schicken, um herauszufinden, wer jetzt tatsächlich verkauft hat. Wir hätten uns daran einen Wolf ermittelt.“

Während die Behörden in Handelsdaten ertrinken, spielt das den Tätern in die Hände. Was bleibt, das räumt auch die Verteidigung von Frick ein, ist Marktmanipulation. „Die Beweisaufnahme hat ergeben“, sagt Fricks zweiter Verteidiger Alexander Gehrmann, „dass sich Herr Frick einer Marktmanipulation schuldig gemacht hat.“ Allein deswegen sei Frick zu verurteilen. Frick regt sich nicht – nur seine Augen blicken nach links und rechts durch den Gerichtssaal 18.

Sein Mandant habe, fährt Krause fort, zur Aufklärung beigetragen. Spät zwar, aber immerhin. Frick habe zum Beispiel die Namen weiterer Beteiligter genannt, in den vergangenen Monaten immer wieder für Vernehmungen zur Verfügung gestanden, einen Beitrag zur Aufklärung geleistet, sich selbst zu Sachverhalten anderer Ermittlungsbehörden umfassend geäußert. Will heißen: Sein Mandant Frick hat ausgepackt – und nun soll das Gericht ihm bitteschön entgegenkommen.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Frick 2 Jahre 3 Monate gefordert – und angesichts der langen Untersuchungshaft Haftverschonung angeregt.  Ein Überschreiten dieses von der Staatsanwaltschaft  geforderten Strafmaßes sei nicht angezeigt, meint Verteidiger Krause. „Wir ersuchen die Kammer um eine Perspektive für Frick“, sagt er – und regt an, eine Halbstrafe zu verhängen. Eine Freiheitsstrafe kann nach verbüßen der Hälfte der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Unklar ist allerdings noch, wie die Berliner reagieren werden. Deren Urteil wurde damals zur Bewährung ausgesetzt. Die Pressestelle der Berliner Strafgerichte sagte auf Anfrage nur, dass es allgemein möglich sei, die Strafaussetzung zu widerrufen, falls ein Verurteilter  „während der Bewährungszeit eine weitere Straftat begeht“. Voraussetzung dafür sei es, dass die neue Straftat rechtskräftig festgestellt werde. Wie mit Frick umgegangen werde, sei noch nicht zu sagen, „zumal das aktuelle Verfahren noch nicht einmal in erster Instanz beendet ist“.

„500 Arbeitsstunden“

In Frankfurt hat Richter Wiens genug gehört. Er ruft zur Verhandlungspause, da meldet sich Krause doch noch mal zu Wort. „Ich habe noch was vergessen“, ruft er und bittet erneut um das Wort. „Bitteschön“, sagt Wiens. Und Krause bietet noch schnell an, dass für Frick noch eine Auflage von „500 Arbeitsstunden“ in Betracht käme.

Das Urteil in Frankfurt soll nun in der nächsten Sitzung am 25. Februar fallen.

Für Frick könnte das aktuelle Strafverfahren aber nicht das letzte sein. In Frankfurt sind gegen ihn noch weitere Ermittlungen wegen anderer Börsenbriefe anhängig. Krause wollte sich vor einem „Urteil des Landgerichts nicht zum Verfahren äußern".

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