MDAX, SDAX und TecDAX Wer dazugehört, entscheidet nur noch der Computer

Die Deutsche Börse ändert das Regelwerk, wodurch der Auswahlprozess der indizierten Unternehmen zukünftig vollkommen automatisiert stattfindet. Das hat viele Vorteile. Aber gibt es auch Nachteile?

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Kurstafel an der Börse Frankfurt Quelle: dpa

Die Entscheidung liegt nicht mehr beim Menschen: Die Deutsche Börse ändert die Regeln, wie sich die Indizes MDax, SDax und TecDax zusammensetzen. Ab September dieses Jahres sollen die in den Indizes gelisteten Unternehmen rein quantitativ ausgewählt werden –  und somit komplett automatisiert. Beim Dax wird dies bereits seit 2004 so praktiziert.

Umfangreiche Regelungen, wie die Wechsel in der Indexzusammensetzung bestimmt werden, gibt es bereits. Allerdings ergaben sich in einigen Fällen Ermessensspielräume bei der Regelauslegung, so dass zwischen Stabilität und Qualität des Indexes abgewogen werden konnte. 

Ob ein Unternehmen, in den Indizes auf- oder abstieg, konnte also von Menschen entschieden werden. „In der Vergangenheit sind Wechsel in den Indizes des Öfteren eine solche Entscheidung gewesen“, sagt Konrad Sippel, Head of Content Lab der Deutschen Börse. Der Arbeitskreis Aktienindizes legte stets eine Empfehlung vor – ihr wurde dann gefolgt.

Der Arbeitskreis setzt sich aus Mitarbeitern der Deutschen Börse und Vertretern nationaler und internationaler Finanzinstitute zusammen -  aktuell beispielsweise von Allianz, Commerzbank, Deka Investment, Deutsche Bank, HSBC Trinkaus & Burkhardt und Unicredit. Doch wo Menschen arbeiten, gibt es immer auch Interessenskonflikte. Wo Menschen Entscheidungen fällen, sind die Ergebnisse nicht immer vorhersehbar.

„Die Regelwerksanpassung ist ein wichtiger Schritt, um die Zusammensetzung aller Auswahlindizes der Deutschen Börse vollständig transparent, objektiv und faktenbasiert zu bestimmen“, sagt Holger Wohlenberg, bei der Deutschen Börse verantwortlich für das Indexgeschäft. Die Aufgabe des Arbeitskreises Indizes beziehe sich zukünftig rein auf die Ausgestaltung des Regelwerks, ergänzt Sippel.

Mögliche Konsequenzen für die Anleger

Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbeisitz (DSW) bewertet die Änderung des Regelwerks positiv: „Aus unserer Sicht spricht nichts gegen die automatische Zusammenstellung der restlichen Indexfamilie“, heißt es aus der Schutzvereinigung. „Nicht nur entfällt damit der Druck, getroffene Entscheidungen inhaltlich begründen zu müssen. Auch das Problem, dass Mitglieder des Arbeitskreises Indizes aufgrund von Interessenkonflikten ihre Aufgaben in einzelnen Fällen nicht wahrnehmen konnten, wird so aus der Welt geschafft.“

Allerdings sieht die DSW mögliche Konsequenzen für die Anleger, wenn Unternehmen aufgrund der neuen Regeln aus dem Index aussortiert werden oder in einen Index aufsteigen. „Zudem besteht die Möglichkeit, dass es häufiger zu Auf- und Abstiegen kommt als bisher“, erläutert Pressesprecher Jürgen Kurz. Laut der Deutschen Börse wird dies jedoch nicht der Fall sein: „Unsere Rückrechnungen haben ergeben, dass durch die Automatisierung keine vermehrten Änderungen innerhalb der Indizes zu erwarten sind“, erklärt Sippel.

Generell ist eine rein automatische Auswahl der indizierten Unternehmen ein übliches Prozedere bei den großen, international bedeutenden Indizes. Es gehe immer mehr in Richtung reiner Regelbasierung, heißt es aus Finanzkreisen. Denn durch eine rein quantitative Auswahl werden die Entscheidungen vorhersehbar – und alle Marktteilnehmer können sich darauf einstellen, was passiert.

Einzig der US-amerikanische Dow-Jones-Index bildet eine Ausnahme: Welche Unternehmen im Dow Jones gelistet werden, entscheidet allein ein Gremium. Deswegen ist der Index bei Investoren weniger beliebt.

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