Mega-Anleihe Anleger reißen sich um Microsoft

Vor den nächsten Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed nutzt der US-Softwareriese Microsoft die Gunst der Stunde und leiht sich 17 Milliarden Dollar bei Anleiheinvestoren. Warum der Deal so gut ankommt.

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Der US-Konzern hat am Anleihemarkt erneut mit einer riesigen Emission zugeschlagen. Quelle: Reuters

Frankfurt Nicht kleckern, sondern klotzen. Dieses Motto befolgt Microsoft, der weltgrößte Softwarehersteller, auch am Anleihemarkt. Der Konzern hat sich zu Wochenbeginn bei Investoren auf einen Schlag 17 Milliarden Dollar am Anleihemarkt geliehen. Und es ist beileibe nicht das erste Mal, dass der Softwaregigant aus Redmond im US-Bundesstaat Washington extrem viel Geld bei den Bond-Investoren einsammelt. Emissionen über mehr als zehn Milliarden Dollar sind bei Microsoft eher die Regel als die Ausnahme.

Erst vor einem halben Jahr holte sich der von Satya Nadella geführte Konzern für die Übernahme des sozialen Netzwerks Linkedin 19,75 Milliarden Dollar – und rangiert damit laut Informationsdienst Dealogic auf Platz fünf der größten Firmen-Bond-Deals aller Zeiten. Die neue Anleihe gehört zu den siebtgrößten jemals platzierten Bonds eines Unternehmens.

Anleihen über 17 Milliarden Dollar hatten in den vergangenen Jahren auch schon Medtronic und Apple begeben. Dabei braucht Microsoft das in dieser Woche eingesammelte Geld nicht für eine Übernahme, sondern für allgemeine Geschäftszwecke. Analysten spekulieren, dass der Konzern damit Investitionen und Aktienrückkäufe finanzieren will.

Bei Investoren kam die Anleihe extrem gut an. Die zwölf Konsortialbanken – angeführt von Barclays und HSBC — berichteten von Kaufaufträgen über insgesamt 37,3 Milliarden Dollar. Das liegt auch daran, dass Microsoft neben dem US-Pharmakonzern Johnson & Johnson das weltweit einzige Unternehmen ist, dem beide große Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s die Spitzenbonitätsnote „AAA“ geben. Nur die etwas kleinere Ratingagentur Fitch vergibt das eine Stufe darunter liegende „AA+“. Damit ist die Bonität von Microsoft vergleichbar mit der Kreditwürdigkeit der USA. Die Vereinigten Staaten haben von Moody‘s und Fitch das Dreifach-A und von S&P ein „AA+“.

Dennoch bietet Microsoft für seine Anleihen höhere Zinsen als der amerikanische Staat. Microsoft holte sich das Geld in Dollar über sieben verschiedene Laufzeiten von drei, fünf sieben, zehn, 20, 30 und sogar 40 Jahre. Dabei lagen die Renditeaufschläge über den Treasuries genannten amerikanischen Staatsbonds – steigend mit der Laufzeit – zwischen 0,4 und 1,4 Prozentpunkten. Konkret bietet zum Beispiel die fünfjährige neue Microsoft-Anleihe einen Zinsschein von 2,4 Prozent, bei der zehnjährigen sind es 3,3 und bei der 40-jährigen 3,07 Prozent. Da die Bonds leicht unter den Rückzahlungskursen von 100 Prozent begeben wurden, waren die Renditen sogar noch etwas höher.


Anleihen als Steuersparmodell

Die Bonität von Microsoft ist so gut, weil der Konzern mit über 100 Milliarden Dollar extrem viel Cash beziehungsweise liquide Mittel von im Ausland erwirtschafteten Gewinnen auf seiner Bilanz hat. Von diesen liquiden Mitteln sind jedoch mehr als 90 Prozent außerhalb der USA geparkt. Wenn der Konzern dieses Geld in die USA zurückholen würde, müsste er darauf 35 Prozent allein an Bundessteuern zahlen. Auch Unternehmen wie General Electric, Apple, Pfizer, Merck oder die Google-Mutter Alphabet horten viel im Ausland angelegtes Cash auf ihrer Bilanz – begeben aber lieber Anleihen, statt die Mittel zurückzuholen. Anleihen funktionieren so für die Konzerne als Steuersparmodell.

Unter der geplanten Steuerreform des neuen US-Präsidenten Donald Trump könnte sich dies aber ändern, meint Wolfgang Bauer, einer der leitenden Fondsmanager für Unternehmensanleihen beim Fondshaus M&G Investments. Wenn die US-Unternehmen künftig tatsächlich weniger Steuern für die Zurückholung von Geldern zahlen müssen, könnte das Angebot an US-Firmenbonds deutlich sinken. Die Analysten der BofA Merrill Lynch rechnen damit, dass die Emissionen von US-Firmenbonds in diesem Jahr um 17 Prozent gegenüber 2016 zurückgehen könnten.

Doch es ist nicht nur das wohlmögliche sinkende Angebot, dass die Anleihen von US-Unternehmen schon jetzt begehrt macht. Auch die Hoffnung auf eine anziehende Konjunktur in den USA stützt die Firmenbonds. Dazu kommt laut Bauer von M&G, dass die Risikoprämien – also die Aufschläge von Firmenbonds gegenüber Staatsanleihen – gerade in den USA attraktiv sind. Dabei sind die Renditen von US-Staatsanleihen seit dem vergangenen Sommer schon deutlich gestiegen. Seit der Wahl von Trump zum 45. Präsidenten der USA hat sich diese Bewegung deutlich verstärkt.

Investoren machen sich Sorgen, dass das von Trump geplante Infrastrukturprogramm die Inflation anheizen wird, da der Motor der US-Wirtschaft schon jetzt – zumindest den Statistiken nach – praktisch bei Vollbeschäftigung läuft. Schon zuvor waren die tatsächliche Teuerungsrate und die Inflationserwartungen wegen der höheren Ölpreise gestiegen. Dazu kommt: „Wenn der neue US-Präsident Donald Trump mit seinem Protektionismus Ernst macht und Unternehmen dazu bringt, mehr in den USA zu produzieren, müsste das natürlich zu höheren Löhnen geschehen“, erklärt Björn Jesch, Fondschef bei Union Investment: „Das würde die Inflation zusätzlich anziehen lassen.“ Steigende Inflation gilt aber als Gift gerade für Staatsanleihen, weil sie direkt an den immer noch recht mageren Zinserträgen zehrt.

Unternehmensanleihen sind davon wegen des Risikopuffers bei den Renditen nicht ganz so stark betroffen. Trotzdem haben Unternehmen gerade in den USA die Zeit vor der Amtseinführung von Trump am 20. Januar genutzt, um noch schnell Anleihen zu begeben. Insgesamt haben Unternehmen – inklusive Finanzdienstleistern — laut Dealogic im Januar Bonds im Volumen von umgerechnet knapp 162 Milliarden Dollar platziert. Mehr Bonds in einem Monat gab es nur im vergangenen Mai mit Emissionen über mehr als 178 Milliarden Dollar.

„Dass sich die Unternehmen vor Trumps Amtseinführung viel Geld geliehen haben, war keine Überraschung“, sagt dazu Matt Brill, Fondsmanager bei Invesco, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dass die Unternehmen aber weiter so viel Geld aufnähmen, sei überraschend. Und mit Blick auf die nächsten Wochen gebe es noch keine Anzeichen dafür, dass die Emissionsflut nachlässt.

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