Der kurze Einbruch an den Aktienmärkten in den ersten Wochen des Jahres hat vielen Anlegern den Blick auf alternative Anlageklassen geöffnet. Von der überfälligen Korrektur an der Börse profitierte ganz offensichtlich der Goldpreis. Selbst nachdem die Korrektur vorüber und die Aktienkurse sich in nur wenigen Tagen davon erholt hatten, verharrte der Goldpreis auf dem höheren Niveau von mehr als 1300 Dollar pro Feinunze. Auch Rohstoffexperte Eugen Weinberg von der Commerzbank ist überzeugt: „Bei Gold und Silber haben wir den Boden gesehen. Für die künftige Preisentwicklung bin ich optimistisch.“
Tatsächlich hat auch der Silberpreis mit dem Goldpreis einen Satz nach oben gemacht. Notierte Silber um den Jahreswechsel noch unter 20 Dollar je Unze ging es Mitte Februar rauf auf 22 Dollar – und hält sich auf diesem Niveau.
Der Markt für Rohstoffe kommt allmählich in Bewegung. Die Schweizer Vermögensverwaltung Tiberius verweist darauf, dass der wichtige Rohstoffindex Dow Jones UBS Total Return wichtige technische Widerstände wie die 200-Tage-Linie überwunden hat und somit vor dem Abschluss einer Bodenbildung steht. Zumindest bei einzelnen Rohstoffen gibt es inzwischen tatsächlich Anzeichen einer Erholung, nachdem die Preise nun seit Jahren unter Druck standen.
Chancen im Minensektor
Für risikofreudige und aktive Anleger bieten sich so gute Chancen – denn noch sind einzelne Rohstoffe und vor allem die Aktien ihrer Produzenten – der Minenkonzerne – niedrig bewertet. Vor allem bei Edel- und Industriemetallen deuten sich Preissteigerungen und gute Geschäfte für die Rohstoffproduzenten an, vorausgesetzt die erwartete robuste Konjunkturerholung und die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft – hauptsächlich in den USA und China – tritt ein. Bevor sich Anleger also mit den Berichten und Strategien einzelner Bergbaugesellschaften beschäftigen, sollten sie also zunächst prüfen, ob die Entwicklung der Weltkonjunktur tatsächlich die Voraussetzung für reüssierende Rohstoffmärke und -aktien bietet.
In China spielt die Musik
Wesentlicher Treiber für Rohstoffe, bei denen es derzeit kein signifikantes Überangebot gibt, ist die Nachfrage aus China. Zuletzt konnten die Konjunkturprognosen aus dem Reich der Mitte nicht immer überzeugen, die Signale fielen gemischt aus. Das nun erwartete Wirtschaftswachstum liegt zwar etwas unter den Erwartungen, dennoch ist es auf den Rohstoffmärkten deutlich spürbar. Bei Kupfer, Eisenerz und Öl erreichten Chinas Importe im Januar Rekordhöhen. Dass die Preise für Kupfer oder Eisenerz nicht deutlich angestiegen sind, begründet Weinberg mit Chinas Wachstumsschwäche. „Die Industriemetalle hängen in ihrer Preisentwicklung deutlich am chinesischen Aktienmarkt“, sagt der Rohstoff-Experte. „Bei Kupfer zeichnet die wirtschaftliche Entwicklung Chinas für 90 Prozent der Preisschwankungen verantwortlich.“ Den engen Zusammenhang zwischen Chinas Aktienmarkt und den Industriemetallpreisen verdeutlicht eine Grafik, die die Börsenentwicklung und einen Industriemetallindex übereinanderlegt – die Kurven verlaufen nahezu deckungsgleich.
Da Chinas Wirtschaft offenbar ihren Boden gefunden hat und auch die Kreditvergabe anzieht, ist die Ausgangbasis für zumindest perspektivisch wieder anziehende Rohstoffpreise nicht schlecht. Wermutstropfen sind hingegen vorlaufende Konjunkturindikatoren wie etwa der Einkaufsmanagerindex der Großbank HSBC - der nichts Gutes erwarten lässt -, sowie die Gefahr, Chinas Regierung könnte beim Wachstum auf die Bremse treten, um von der starken Kreditvergabe angetriebenen Preisblasen – etwa bei Immobilien – entgegenzuwirken.
Allmählich dreht der Wind
Unter dem Strich ist zu erwarten, dass die Nachfrage aus China hoch bleiben wird. Unterstützend wirkt auch die Tatsache, dass die Lagerbestände bei wichtigen Rohstoffen – außer Aluminium – deutlich geschrumpft sind. Deutlich wird dies etwa am Kupfermarkt. Hatte die Inernational Copper Study Group noch vor einem Jahr einen Produktionsüberschuss von 400.000 Tonnen Kupfer für 2013 und sogar 600.000 Tonnen für das laufende Jahr prognostiziert, so musste das Expertengremium nun seine Zahlen revidieren. Tatsächlich war es 2013 zu einem Angebotsdefizit von 375.000 Tonnen gekommen – eine Differenz zur Schätzung von 775.000 Tonnen. Für den unerwarteten Nachfrageschub war maßgeblich die chinesische Wirtschaft verantwortlich.
Die Rohstoffexperten des Schweizer Vermögensverwalters Tiberius fassen die Situation am Rohstoffmarkt für Metalle in ihrem monatlichen Kommentar vom Januar folgendermaßen zusammen: „Lediglich die Metalle bieten Kursfantasien. Kupfer, Nickel, Zink, Blei, Zinn, Palladium, Platin und Silber haben an technischen Unterstützungen nach oben angedreht und die letztgenannten sechs Rohstoffe besitzen aus fundamentaler und technischer Betrachtung weiteres Aufwertungspotenzial von fünf bis 15 Prozent.“
Dass der Wind am Rohstoffmarkt allmählich dreht, hilft vor allem den Minengesellschaften und großen Rohstoffkonzernen. Sie haben in Zeiten der Überschussproduktion und fallender Rohstoffpreise schmerzhafte Einbußen hinnehmen müssen, Produktionskapazitäten wo möglich gekürzt und Investitionen zurückgefahren. Dementsprechend sind die Kurse abgestürzt und haben großes Aufholpotenzial. Deher bieten Rohstoffaktien nun die Chance auf eine Wende, selbst wenn ein breiter Rohstoffboom bislang nicht erkennbar ist. Zuletzt konnten die Rohstoffriesen wie BHP Billiton oder Rio Tinto von ihren Sparmaßnahmen profitieren und wieder deutlich steigende Milliardengewinne ausweisen. So konnte Rio Tinto für das vergangene Jahr bereits ein Gewinnplus von zehn Prozent verbuchen, bei BHP stieg der operative Gewinn um 15 Prozent. Gleichzeitig kündigten die Konzerne an, ihre Kapazitäten in einzelnen Bereichen weiter auszubauen, weil sie eine langfristig steigende Nachfrage sowie Preise erwarten, die diese Investitionen rentabel machen. Eine Ausdehnung des Angebots dürfte zwar die tendenzielle Rohstoffpreise drücken, doch sind die Bergbaukonzerne nach ihrer Sparphase optimistisch, auch bei stagnierenden oder moderat fallenden Preise noch profitabel arbeiten zu können.
Dass die Rohstoffkonzerne wieder Licht am Ende des Tunnels sehen, haben offenbar auch die Investoren entdeckt. Bergbauaktien laufen bereits seit Wochen besser als Aktien aus anderen Branchen. In den vergangenen sechs Monaten schnitten sie besser ab als der europäische Referenzindex Stoxx 600, seit einem Monat gar besser als alle anderen Sektoren im Index – trotz aufflackernder Krise in den Schwellenländern und einer bislang verhaltenen Preisentwicklung bei Industrierohstoffen. Allerdings sind Bergbaugesellschaften nach der vorherigen Talfahrt auch nicht teuer. Zudem achten Rohstoffproduzenten wieder verstärkt auf Profitabilität der Projekte und nicht mehr nur auf reines Produktionswachstum wie im Boom.
Tipps für Anleger
Für Privatanleger sind Rohstoffspekulationen generell recht schwierig: Der Markt ist hektisch, schwankungsfreudig und reagiert auf zahllose Einflussfaktoren. Weitaus einfacher ist das Investment in die Aktien der Rohstoffproduzenten. Für die Konzerne ist das Auf und Ab bei den Rohstoffpreisen Teil des alltäglichen Geschäfts, sie müssen damit umgehen. Anleger, die strategisch auf Rohstoffaktien setzen, können so gleich in mehrfacher Hinsicht profitieren. Zum einen sind große Rohstoffkonzerne in der Lage, sich besser als die kleineren Produzenten an die Marktgegebenheiten anzupassen, weil sie in der Regel über viele Minen verfügen und viele unterschiedliche Rohstoffe fördern. Zum anderen hilft die Diversifikation, schlechte Geschäfte bei dem einen Rohstoff mit guten Erträgen aus anderen Rohstoffbereichen auszugleichen. Damit reagieren die Aktien der großen Minengesellschaften nicht so empfindlich auf die schwankenden Rohstoffpreise.
Zudem erwarten Marktbeobachter zunehmend Fusionen und Übernahmen im Rohstoffsektor. Insbesondere Beteiligungsgesellschaften sind demnach auf der Suche nach geeigneten Projekten in der Bergbaubranche. Sie werden angelockt von den niedrigen Unternehmensbewertungen und der robusten Rohstoffnachfrage. Gleichzeitig wollen die weltgrößten Produzenten wie Rio Tinto, BHP Billiton oder Anglo American immer noch missliebige Bergwerke losschlagen. Übernahmen oder Verkäufe dieser Art beflügeln in aller Regel den Aktienkurs. Nach einer Studie von Ernst & Young LLP haben allein Beteiligungsgesellschaften die Kapazität, in diesem Jahr Transaktionen im Bergbausektor im Volumen von zehn Milliarden Dollar abzuschließen. “Private Kapitalfonds haben 2013 mit dem Einsammeln von Geldern verbracht”, sagt Lee Downham, Chef für weltweite Transaktionen im Bergbausektor bei E&Y in London. “Wir gehen davon aus, dass sie 2014 eingesetzt werden.”
Schwellenländer-Krise: Nur Sturm im Wasserglas?
Besonders sinnvoll für Anleger sind im derzeitigen Umfeld daher Minengesellschaften, die sowohl Industrie- als auch Edelmetalle fördern. Auch bei einzelnen spezialisierten Goldminenbetreibern können Anleger fündig werden. Voraussetzung sollte dabei sein, dass sie bei den derzeitigen Gold- und Rohstoffpreisen bereits gutes Geld verdienen. Minen, die sowohl die gefragten Edel- als auch Industriemetalle fördern, haben den Vorteil, dass bei Rückschlägen am Aktienmarkt der Goldpreis anziehen dürfte. Sofern Gold als sicherer Hafen wieder verstärkt nachgefragt wird, dürfte der Preis und damit der Gewinn aus den Goldminen steigen.
Platin und Palladium im Aufwind
Dafür spricht, dass die Nachfrage nach Gold aus China und Indien wächst und die Verkäufe der börsengehandelten Goldfonds abgeklungen sind. Viele Experten sind daher mit Blick auf den Goldpreis wieder optimistischer. Auch für Silber, das zusätzlich von der Nachfrage der Industrie im Konjunkturaufschwung profitiert, stehen die Chancen nicht schlecht. Palladium und Platin sind ebenfalls in der Industrie gefragt. Zudem belastet das Platinangebot, dass die Arbeiter in vielen Platinminen Südafrikas seit langem für höhere Löhne streiken. „Der Platinpreis wird von den Streiks profitieren. Langfristig wird es zu Engpässen kommen. Für Anleger halte ich Palladium jedoch für die bessere Alternative“, sagt Eugen Weinberg. Palladium könnte neben seiner Bedeutung für die Industrie davon profitieren, dass in Kürze der erste börsengehandelte Palladium-Fonds Investoren anlocken soll. Die sogenannten ETF sind gerade für institutionelle Investoren ein beliebtes und leicht handelbares Vehikel. In den vergangenen Jahren waren etwa die Gold-ETFs für die Entwicklung des Goldpreises weit wichtiger als die hohe Nachfrage nach physischem Gold seitens der Privatanleger. Profianleger handeln mit diesen Fonds an nur einem Handelstag etliche Tonnen Gold. Sollte der Palladium-Fonds auf Interesse stoßen, kann das den Palladiumpreis zusätzlich antreiben.
Wer auf reine Goldminenaktien setzt, geht natürlich größere Risiken ein. Denn für einen fallenden Goldpreis könnte sprechen, dass die brummende Weltkonjunktur und damit florierende Aktienmärkte das unverzinste Edelmetall als Investment unattraktiver machen. Garantiert unter Druck kommt der Goldpreis, wenn die Notenbanken anfangen sollten, die Zinsen zu erhöhen, so dass die Zinsen nach Abzug der Inflation sichere und attraktive Renditen bieten. Gegen Goldminenaktien spricht auch, dass die Förderkosten pro Unze in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sind. Wer auf Goldminenaktien setzt, sollte daher unbedingt auf Profitabilität achten.
Solange der Goldpreis hoch war, hat sich der hohe Aufwand noch gelohnt. Die Gewinnseite hat aber seitdem deutlich gelitten. „Goldminenaktien waren zu Recht unter die Räder gekommen. Die haben alles falsch gemacht“, konstatiert Weinberg. Er hält die Aktien von ausgesuchten Gold- und Kupferminenbetreibern bestenfalls spekulativ für interessant und empfiehlt eher direkte Investments in diese Rohstoffe.
Einzelne Minengesellschaften haben jedoch ihre Hausaufgaben gemacht und arbeiten profitabel. Dafür spricht auch, dass der Nyse Arca Gold Bugs-Index, in dem viele wichtige Goldminenaktien enthalten sind, zuletzt deutlich gestiegen ist und sich anschickt, in den Aufwärtstrend zurückzukehren. Anlegern, die auf Goldminenaktien setzen, sollte jedoch eines immer bewusst sein: Ein spekulatives Engagement birgt neben großen Gewinnchancen auch hohe Risiken. Steigt der Goldpreis, dürften die Aktien nach dem Absturz der vergangenen zwei Jahre deutlich stärker steigen als der Preis für das Edelmetall.
Sinkt der Goldpreis jedoch, oder explodieren die Kosten in der Goldförderung weiter - etwa wegen der Lohnforderungen streikender Arbeiter und aufwändiger Fördermethoden -, geht es auch umso schneller mit dem Kurs abwärts. Wer Sicherheit bevorzugt und seine Nerven schonen will, sollte sich daher lieber zu den Großen der Bergbaubranche greifen – oder lieber gleich Goldmünzen und -barren kaufen. Letztere sind in Krisenzeiten eine verlässliche Versicherung.