Da begegnete ihm ein armer Mann, der sprach: „Ach, gib mir etwas zu essen, ich bin so hungrig.“ Es reichte ihm das ganze Stückchen Brot und sagte: „Gott segne dir’s.“
Dem Finanzierungsberater FMS aus München verdanken Anleger gleich fünf Pleitebuden: Windreich, Solarwatt, Solen, Centrosolar und SIC Processing. „Wir hatten viele Kunden aus dem Bereich der erneuerbaren Energien – dass diese Branche derart in Schwierigkeiten gerät, war für uns nicht vorhersehbar“, verteidigt FMS-Vorstand Jörg Schilling-Schön.
Je höher ein Mittelständler sich verschuldet, desto lukrativer wird die Anleiheemission für Berater und Dienstleister – ihre Gebühren hängen teilweise davon ab, wie viel Geld ein Unternehmen einnimmt. Ergo: Der Berater könnte ein Interesse daran haben, dass sich seine Kunden möglichst hoch verschulden – schlecht für Anleger, denn je höher die Schulden, umso unwahrscheinlicher wird es, dass ein marodes Unternehmen Zinsen erwirtschaften und Schulden tilgen kann.
Für die Berater geht es um viel Geld
Da kam ein Kind, das jammerte und sprach: „Es friert mich so an meinem Kopfe, schenk mir etwas, womit ich ihn bedecken kann.“ Da tat es seine Mütze ab und gab sie ihm.
Im Fall der Reederei Rickmers betrifft dieser für Anleger unglückliche Mechanismus das Essener Beratungshaus Conpair: Im Emissionsprospekt der Rickmers Holding als Anleiheemittentin ist nachzulesen, dass sich sowohl die Höhe der Beratungsgebühr für Conpair als auch die Höhe der Bankprovision nach dem Gesamtbetrag der platzierten Anleihen richtet. Ähnliche Formulierungen finden sich auch in den Prospekten von Bastei Lübbe, Valensina und Underberg. Conpair habe „ein wirtschaftliches Interesse“ an der erfolgreichen Umsetzung des Angebots, heißt es beispielsweise im Rickmers-Prospekt. Es geht dabei um Millionen: Fünf Prozent, also zehn Millionen Euro, sollte die 200 Millionen Euro schwere Rickmers-Anleihe an Gebühren für Banken, Berater und Dienstleister einspielen. Es wurde vorerst nicht ganz so viel: Anleger haben im ersten Schwung bloß 175 Millionen Euro gezeichnet, das Rickmers-Papier wurde später allerdings aufgestockt.
Der Löwenanteil geht an die Banken
Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind und hatte kein Leibchen an und fror: Da gab es ihm seins; und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich hin.
Ökonomieprofessor Olaf Schlotmann von der Brunswick European Law School schätzt, dass Dienstleister im Markt für Minibonds seit 2010 rund 220 Millionen Euro Honorar generiert haben. Kostet eine Anleihe fünf Prozent, kann die Bank geschätzt 1,5 bis zwei Prozentpunkte kassieren. Geschickte Berater können bis zur Hälfte der Kosten abzweigen. Meist aber greift die Bank den Löwenanteil ab. Den Rest des Geldes sacken Kommunikations- und Ratingagentur, Börse, Wirtschaftsprüfer, Zahlstelle, Anwalt und – ein paar Tausend Euro – selbst die Finanzaufsicht BaFin ein.
Marktführer bei den Banken ist Close Brothers aus Frankfurt, denen die Berater von Conpair Geschäft zuführen. Bis Ende 2013 hatten die Essener gar ein Büro im Frankfurter Bankgebäude. Zu den Conpair-Kunden mit Anleihe zählen neben der Reederei Rickmers und der Brauerei Stauder weitere prominente Namen: Zuletzt hat Conpair-Chef Michael Nelles dem angeschlagenen Modeproduzenten Strenesse höchstselbst auf der Gläubigerversammlung zur Seite gestanden, als es darum ging, die Anleihe um drei Jahre zu verlängern. Strenesse hatte sich schlicht nicht in der Lage gesehen, seine Anleiheschulden Mitte März zurückzuzahlen. Und auch der klamme Tütensuppenhersteller Zamek ist Conpair-Kunde. All diese Anleihen hat Close Brothers an die Börse begleitet.