Möbelkonzern EZB hat Steinhoff-Anleihe im Portfolio

Im Rahmen ihres Wertpapier-Anleihekaufprogramms hat die EZB auch einen Bond des deutsch-südafrikanischen Möbelkonzerns Steinhoff gekauft. Doch der Anleihekurs ist eingebrochen. Auch die Aktie ist wieder auf Talfahrt.

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Die EZB hat auch Anleihen des Möbelkonzerns Steinhoff gekauft, der aktuell an den Kapitalmärkten turbulente Zeiten erlebt. Quelle: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist über ihr Wertpapier-Kaufprogramm von der Krise beim Möbelkonzern Steinhoff betroffen. Wie aus am Donnerstag abgerufenen Angaben der EZB auf ihrer Internetseite hervorgeht, ist sie im Besitz einer Anleihe der europäischen Tochter von Steinhoff mit Fälligkeit im Jahr 2025 und einem Zins von 1,875 Prozent.

Das Unternehmen hat wegen des Verdachts auf Bilanzfälschungen das Vertrauen seiner Aktionäre und seiner Anleihenkäufer verloren. Der Kurs der Anleihe (ISIN: XS1650590349) ist von 101 Prozent im August dieses Jahres auf mittlerweile 56 Prozent abgerutscht. Die Rendite ist im Gegenzug auf rund zehn Prozent gestiegen. Das Volumen bei der Ausgabe des Papiers belief sich auf 800 Millionen Euro. Mit welchem Betrag die EZB investiert ist, ist nicht bekannt. Sie gibt dies nicht an.

Die Regularien der Notenbank sehen allerdings vor, dass maximal 70 Prozent einer einzelnen Unternehmensanleihe erworben werden dürfen. Insgesamt sind im EZB-Portfolio mehr als 1000 Firmenanleihen im Gesamtwert von 129 Milliarden Euro. Der höchstmögliche Anteil der Steinhoff-Papiere, die infolge der Krise deutlich an Wert verloren haben, am Firmenanleihen-Besitz der EZB beträgt etwa 0,4 Prozent.

Bilanzskandal bei Poco-Mutter: Aktie bricht ein

Und das Chaos bei Steinhoff setzt sich fort: Erst musste der langjährige Chef Markus Jooste gehen, dann warnte der Möbelkonzern selbst vor möglichen Unregelmäßigkeiten in der Bilanz. Die Bekanntgabe seiner Jahreszahlen wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Nun ist auch die Liquidität ein Thema.

Am Mittwochabend meldete die Steinhoff-Gruppe, Teile außerhalb von Südafrika verkaufen zu wollen. Mit dem Verkauf von Randgeschäften könnte Steinhoff Milliarden Euro zufließen. Auch wolle der Konzern durch eine Schuldenrefinanzierung seiner afrikanischen Tochter Star weitere zwei Milliarden Euro aufnehmen. Der starke Cashflow des afrikanischen Konsumgüterkonglomerats mache das möglich.

Auch zum Punkt Bilanzierung gibt es neue Warnungen. In einer Sitzung am Mittwoch beschloss der Aufsichtsrat laut eine Ad-hoc-Meldung, sich die Bewertungen von Vermögensposten außerhalb Südafrikas genauer anzusehen. Die fraglichen Positionen, deren Substanz geprüft würde, beliefen sich auf eine Summe von rund sechs Milliarden Euro. Im Geschäftsjahr 2015/16 wies der Konzern eine Bilanzsumme von 32 Milliarden Euro aus, davon 16 Milliarden Euro Eigenkapital. Fast ein Fünftel aller Vermögenswerte des Konzerns wäre damit infrage gestellt.

Im rasanten Tempo war der Steinhoff-Konzern unter dem bisherigen Vorstandschef Markus Jooste in den vergangenen Jahren gewachsen. Die ursprünglich von Bruno Steinhoff in Westerstede gegründete Möbelhandelsfirma ging unter Jooste zunächst in Südafrika an die Börse. Vor zwei Jahren entschloss sich das Unternehmen zum Schritt an die Frankfurter Börse. Steinhoff galt dort noch vor einem Jahr auf Grund seiner glänzenden Zahlen als Dax-Kandidat.

Schon am Mittwoch  hatte der Konzern vor dem Handel mit den eigenen Aktien gewarnt und verkündet, er habe zusätzlich zu den Wirtschaftsprüfern des Hauses noch einmal die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC um eine Nachprüfung gebeten.

Unter Jooste war aus Steinhoff ein weitverzweigtes Konglomerat entstanden, zu dem südafrikanische Einzelhandelsketten und die Textilkette Pepkor genauso gehören wie die deutsche Möbelkette Poco, die österreichischen Möbelhäuser Kika und Leiner und der französische Möbelkonzern Conforama. Dutzende Zwischenholdings und Beteiligungen ließen ein Geflecht entstehen, das Anlysten als „intransparent“ kritisieren.

Seit Dezember 2015 prüft die Staatsanwaltschaft Oldenburg Unterlagen des Unternehmens auf mögliche Bilanzmanipulationen. Mutmaßlich seien überhöhte Umsatzerlöse ausgewiesen worden, weil zum Konzern gehörende Firmen immaterielle Werte oder Gesellschafteranteile an vermeintlich fremde, den Ermittlungen zufolge jedoch dem Konzern nahestehende Unternehmen, verkauft haben sollen. Dabei soll es um Transaktionen jeweils in dreistelliger Millionenhöhe gehen. Steinhoff hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Nach dem Rücktritt Joostes übernahm Aufsichtsratschef Christo Wiese , 76, die Geschäfte. Er gilt als Ziehvater und enger Vertrauter Joostes. Nun kam es zumindest geschäftlich zum Bruch. Die Steinhoff-Aktie notierte am frühen Nachmittag bei 78 Cent. Neben dem 76-jährigen Milliardär Wiese, der mit rund 23 Prozent größter Einzelaktionär von Steinhoff ist, sind Public Investment Corp mit 8,5 Prozent und Coronation Fund Managers mit 5,2 Prozent weitere Großaktionäre.

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