Musterdepots Äpfel und Birnen

Die Aktienmärkte befinden sich nunmehr im achten Jahr der Hausse. Und immer noch predigt die Finanzbranche die einmaligen Vorteile der Dividende im Nullzinszeitalter. Georgios Kokologiannis wagt einen kritischen Blick.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

„Die Dividende ist der neue Zins.“ Mit diesem Werbespruch trommelt die Finanzbranche auch im achten Jahr der zweitlängsten Aktienhausse aller Zeiten für den Einstieg in Dax & Co. Denn mit den Anteilscheinen solider Unternehmen könnten gerade langfristig orientierte Anleger eine im Vergleich zu Anleihezinsen um ein Vielfaches höhere Dividendenrendite einstreichen.

Zumindest an der Wall Street stimmt diese Rechnung nicht mehr: Nach dem Kursrutsch am Anleihemarkt rentieren etwa die vielbeachteten zehnjährigen US-Staatsbonds oberhalb von 2,3 Prozent - und damit über der durchschnittlichen Dividendenrendite der Titel aus dem S&P 500-Aktienindex, die nach deren Trump-Rally auf 2,1 Prozent gefallen ist.

Hintergrund: Anders als an der Wall Street wappnen sich die Investoren am US-Bondmarkt bereits jetzt gegen ein Szenario, in dem die Staatsverschuldung der USA unter dem designierten Präsidenten Donald Trump explodiert und die Inflationsraten rasant zulegen: Der Abverkauf bestehender Anleihen geht mit stark steigenden Bondrenditen einher. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren inzwischen mehr als zwei Drittel höher als noch im Juni bei damals 1,4 Prozent.

Bei kritischer Betrachtung entpuppt sich der griffige Werbeslogan vom neuen Zins auch insgesamt als fragwürdiges Argument:  Denn anders als ein Anleihekupon kann die Dividendenausschüttung jederzeit gekürzt oder sogar ganz gestrichen werden.

Dazu kommt noch ein zweiter Punkt, der die eindimensionale Gegenüberstellung von Dividendenrenditen und Bondverzinsung wie den Vergleich von Äpfeln und Birnen erscheinen lässt: Zwar können auch Anleiheinvestments zwischenzeitliche Kursverluste erleiden – so wie jüngst in den USA. Doch die Rückzahlungshöhe zum Ende der Laufzeit ist jederzeit bekannt.

Ob dagegen das Wall Street-Barometer S&P 500 beispielsweise in fünf Jahren noch auf dem aktuellen Kursniveau verharren wird, deutlich höher geklettert ist oder gar in einer Baisse steckt, kann heute niemand seriös vorhersagen.


Einzelhandel will Schallmauer knacken

Der deutsche Einzelhandel steuert auf einen erfolgreichen Geschäftsjahrabschluss zu. Laut den letzten Daten vom Statistischen Bundesamt stieg der Branchenumsatz im Oktober um 2,4 Prozent zur Vorjahresperiode, während die Fachleute lediglich mit einem Prozent Wachstum gerechnet haben. Dies ist die stärkste Steigerungsrate seit Juni 2011.

Der Sprecher des Einzelhandelsverbandes Stefan Hertel sagte diesbezüglich, dass die Branche mit Rückendwind ins Weihnachtsgeschäft gehe. Die Aussichten für die Vorweihnachtszeit, welche traditionell eine besonders wichtige Rolle für die Händler spielt, sehen tatsächlich gut aus. Die deutschen Verbraucher weisen laut Umfragen eine sehr positive Konsumstimmung auf. Ein robuster Arbeitsmarkt, reale Lohnzuwächse sowie von der Zinsseite fehlende Sparanreize bilden eine Grundlage dafür.

Darüber hinaus gibt es dieses Jahr im Dezember ungewöhnlich viele Arbeitstage. Unter dem Strich hofft der Einzelhandelsverband darauf, in Dezember zum ersten Mal einen Monatsumsatz von 50 Milliarden Euro zu erreichen. Neben den aufgrund der Flüchtlingskrise rapide gestiegenen Staatsausgaben stellt der Binnenkonsum aktuell eine tragende Säule für ein moderates BIP-Wachstum in Deutschland dar.


Italiens Bonds – quo vadis?

Im Vorfeld der Opec-Entscheidung in Wien beeinflussen positive Äußerungen der Energieminister von Saudi-Arabien und des Iran – beide gehen von einer Vereinbarung des Ölkartells über die künftige Fördermenge aus - sowohl den Ölpreis als auch die europäischen Aktienmärkte. Der Preis für die Nordseesorte Brent steigt um mehr als acht Prozent auf über 50 Dollar, der Dax verbesserte sich zwischenzeitlich auf 10.691 Punkte.

Die kleine Aufwärtsbewegung der Aktien ist jedoch fragil und wird bis zum Referendum am Sonntag in Italien vermutlich nicht in eine Aufwärtstendenz münden. Die technische Unterstützung im Dax bei 10.600 Punkten wurde wiederum nicht signifikant unterschritten und hat keine Anschlussverkäufe ausgelöst – daher gibt es bislang auch keine Abwärtstendenz sondern die seit Tagen anhaltende Seitwärtsbewegung mit geringen Schwankungen.

Im Musterdepot gibt es mit dem iShares Italy Government Bond eine kleinere Position eines ETF auf italienische Staatsanleihen. Der durchschnittliche Kupon innerhalb dieses börsennotierten Fonds beträgt 3,77 Prozent. In unserem Depot trägt der Wert mit einer positiven Entwicklung von 1,90 Prozent zum Gesamtergebnis bei. Im Vorwege zum Referendum halten wir an der Position fest – ein „Nein“ in Italien wird erwartet und dürfte unseres Erachtens längst in die Bewertung italienischer Staatsanleihen eingepreist sein.

Sehen wir dagegen zum dritten Mal in 2016 – nach Brexit und Trump – ein alle überraschendes Ergebnis, das heißt Italien stimmt für notwendige Reformen, dürften die Renditen von Italienbonds sinken und deren Kurse und damit auch der Wert unseres ETF steigen.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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