Musterdepots Anleger deuten Wahlergebnisse um

Der Freihandelsgegner Trump wird plötzlich zum Hoffnungsträger uminterpretiert, meint Georgios Kokologiannis. Sönke Niefünd beschäftigt sich unter dem Eindruck der politischen Börse mit Charttechnik.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Düsseldorf Die zeitweise deutlich eingebrochenen Börsenkurse unmittelbar nach Donald Trumps Wahlsieg hatte ich am Mittwochmorgen genutzt, um die hohe Cash-Quote zu verringern: Gekauft wurden neue Discount- (WKN: DT92GZ) sowie Sprintzertifikate (VN13U0), die sich auf den Euroland-Aktienindex Euro Stoxx 50 beziehen.

Die Discountzertifikate erreichen bis September 2017 eine Rendite von insgesamt rund zehn Prozent – selbst wenn der Euro Stoxx nur stagniert.Offensiver sind die Sprinter, die überproportional von einem möglichen Indexanstieg bis auf maximal 3 207 Punkte profitieren. Gleichzeitig bieten sie auf dem gegenwärtigen Kursniveau einen Seitwärtsertrag von rund 4,5 Prozent. Umgerechnet entspricht das einer jährlichen Rendite von rund sieben Prozent, falls sich der Index mindestens auf seinem gegenwärtigen Niveau halten kann.

Bereits jetzt liegen beide Positionen im Plus. Hintergrund: Nach einem ersten Schock haben Anleger damit angefangen, das Wahlergebnis plötzlich ganz anders zu deuten. Während man bisher bei einer Wahl Donald Trumps als künftigen US-Präsidenten abstürzende Börsenkursen und wirtschaftliches Chaos fürchtete, will davon kaum noch jemand etwas wissen. Es sind teils dieselben „Experten“ die zuvor Schreckensszenarien für die Kapitalmärkte skizziert hatten, die nun völlig gegensetzliche Prognosen aus dem Hut zaubern: Der Freihandelsgegner Trump wird plötzlich zum Hoffnungsträger uminterpretiert – unter anderem wegen seiner Steuersenkungspläne.

Zudem verweisen die Optimisten darauf, dass angesichts der unklaren wirtschaftlichen Pläne des designierten neuen US-Präsidenten die Notenbank Fed auf ihre ursprünglich wohl für Dezember anvisierte nächste Leitzinsanhebung verzichten werde. Ich halte die überraschende Erleichterungsrally an den weltweiten Aktienmärkten für nicht nachhaltig: Den möglicherweise konjunkturell stimulierenden fiskalischen Impulsen müssen die Risiken einer protektionistischen Wirtschaftspolitik entgegengestellt werden. Trumps Pläne für Zollschranken, ein Ende der bisherigen weltweiten Handelsbeziehungen und die Ausweisung von Millionen illegal Eingewanderter könnte die US-Wirtschaft sogar in eine Rezession stürzen.

Zudem ist eine weiterhin lockere Geldpolitik keine ausgemachte Sache: Da der umstrittene Milliardär bislang keine Pläne zur Gegenfinanzierung seiner Steuersenkungsvorhaben vorgelegt hat, erwarten viele Ökonomen einen massiven Anstieg der Staatsverschuldung und anspringende Inflationsraten.

Vor diesem Hintergrund müsste die US-Notenbank Fed die Leitzinsen spätestens 2017 womöglich deutlich stärker und häufiger anheben, als es die meisten Anleger bisher erwarten. Das ist nicht gerade das Idealszenario für eine Fortsetzung der bereits fast acht Jahre währenden zweitlängsten Wall-Street-Hausse aller Zeiten.


Keine Einbrüche beim US-Geschäft von Vostaloine

Der österreichische Stahlkonzern Vostalpine hat am Mittwoch die Zahlen für die erste Hälfte des laufenden Geschäftsjahres, welches beim Linzer Unternehmen im April beginnt, vorgelegt. Im Zeitraum zwischen April und September sank der Umsatz im Vergleich zur Vorjahresperiode um 6,5 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro.

Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn schrumpfte um 6,6 Prozent auf rund 700 Millionen Euro. Nichtsdestotrotz hat der Konzernchef Wolfgang Eder das geplante Jahresziel bestätigt, wonach das Vorjahresergebnis erreicht werden sollte. Laut Herrn Eder war das zweite Quartal durch einen deutlichen Aufwärtstrend gekennzeichnet. Das Öl- und Gassegment bleibe zwar nach wie vor schwierig, die Abnehmer aus anderen Bereichen, wie zum Beispiel Automobil- und Konsumgüterindustrie sowie Flugzeugbau, entwickeln sich aber stabil. Darüber hinaus konnte Voestalpine im zweiten Quartal von Stahlpreissteigerungen profitieren.

Nach der US-Präsidentschaftswahl erwartet Herr Eder keine Einbrüche beim Amerikageschäft. Die Voestalpine Aktie, die sich seit Auflage des Musterdepots im Aktienkernportfolio befindet, konnte in den letzten Tagen kräftig zulegen.      


Gewinne bei trading-orientierten Anlegern

Unter dem aktuellen Eindruck der politischen Börsen beschäftigen wir uns heute mit Charttechnik. Aus dieser Sicht sahen wir gestern wahrscheinlich den Beginn einer umfangreichen DAX Rally. Wir hatten nicht erwartet, dass sich die Kapitalmärkte so schnell wieder normalisieren.

Rücksetzer oder prozyklische Ausbrüche sind bis auf weiteres für uns Kaufgelegenheiten. Tiefere Notierungen als gestern (vor 09.00 Uhr!) sehen wir in den kommenden 6 Handelstagen nicht auf den DAX zukommen. Der DAX könnte über 10.800 klettern und dürfte dann erst einmal pausieren. Gewinnmitnahmen werden von uns bei trading-orientierten Anlegern erwartet.

Unterstützend, im Sinne eines Sprungbretts für weitere Anstiege haben sich DAX-Notierungen in den Bereichen  10.550, 10.500 Punkten sowie 10.375, 10.300 und 10.200 Punkten gebildet, welche am Mittwoch letztlich locker übersprungen wurden. Steigt der DAX nachhaltig über 10.825, wäre das kurzfristige Ziel 11.180 Punkte.

Sollte, warum auch immer, der DAX in den nächsten Tagen unter 10.000 Punkte fallen, läge die erste technische Unterstützung im Bereich von 9.840/9.800 Punkten.

An unserer langfristigen strategischen Ausrichtung des Privatbank-Musterdepots ändert der neue US-Präsident Trump erst einmal nichts.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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