Musterdepots „Brexit-Folgen sind überschaubar”

Was macht ein möglicher Austritt Großbritanniens mit den Werten im Depot? Nicht viel, glaubt Daniel Hupfer. Mittelfristig seien die Auswirkungen politischer Ereignisse an den Kapitalmärkten kaum spürbar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Daniel Hupfer

Der britische Premierminister David Cameron hat gut zwei Wochen vor dem Referendum nochmals betont, dass ein Brexit der britischen Wirtschaft massiv schaden könnte. Die zuletzt veröffentlichten Umfragen zeigen derzeit ein sehr ausgeglichenes Bild zwischen Befürwortern und Gegnern eines EU-Austritt Großbritanniens. Ein anderes Bild ergibt beim Blick auf die Quoten der Buchmacher.

Danach liegt die Wahrscheinlichkeit eines Austritts bei nur etwa 25 Prozent. Insgesamt stellt sich allerdings die Frage, ob man sich auf die Umfragen bzw. die Buchmacherquoten überhaupt verlassen kann, da die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit solchen Einschätzungen sehr gemischt ausfallen. Insofern wird man erst am 23. Juni bzw. am Tag danach Gewissheit über den Ausgang des Referendums haben. Wir haben derzeit in unserem Depot kein signifikantes Exposure zum britischen Kapitalmarkt. Allerdings würden im Falle eines Brexits auch die europäischen Märkte negativ erfasst werden, so dass wir durchaus mit Wertschwankungen rechnen müssen.

Wir halten die nachhaltigen wirtschaftlichen Folgen für die europäischen Aktien- und Rentenmärkte aber für überschaubar. Häufig beeinflussen politische Ereignisse zwar temporär die Kapitalmärkte, allerdings sind die mittel- bis langfristigen Auswirkungen gering. Anders verhält es sich unserer Einschätzung nach für die britische Wirtschaft und die dortigen Kapitalmärkte. Die hohe Unsicherheit, die ein EU-Austritt zur Folge hätte, sollte die Wirtschaft und Märkte dort längerfristig belasten, so dass Investitionen in viele britische Sektoren unattraktiv sind.


Chinas Konjunktur macht Sorgen

Am Mittwoch gab es einige wichtige Konjunkturnachrichten aus Asien. Die chinesischen Exporte sind im Mai um 4,1 Prozent zum Vorjahresmonat gefallen und somit stärker als von Volkswirten erwartet. Die chinesische Zentralbank hat nun ihre Prognose für das Gesamtjahr deutlich nach unten korrigiert. Demnach sollten die Exporte 2016 um ein Prozent schrumpfen, während man bei der früheren Prognose noch von drei Prozent Wachstum ausgegangen ist. Die Importe sind im Mai ebenfalls geschrumpft, der Rückgang ist allerdings moderater ausgefallen als erwartet.

Der Automarkt konnte dagegen um 11,4 Prozent signifikant zulegen. Die chinesische Zentralbank rechnet damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt 2016 um 6,8 Prozent wachsen wird. Mit 6,7 Prozent fällt die Weltbank-Prognose für die chinesische Wirtschaft etwas geringer aus. Gleichzeitig wurde die Schätzung für das Wachstum der Weltwirtschaft von bisher 2,9 auf 2,4 Prozent deutlich reduziert.

In Japan wurde das BIP-Wachstum für das erste Quartal nachträglich etwas nach oben korrigiert. Der private Konsum schnitt besser ab, als bei den bisherigen Berechnungen angenommen. Die Investitionsausgaben der Firmen waren dagegen rückläufig.


Defensive Anleger sollten mit Vorsicht handeln

Defensive Anleger sind bestens beraten in den nächsten Wochen am Aktienmarkt besonders vorsichtig zu agieren. Denn zu den seit längerer Zeit absehbaren (geld-)politischen Risiken, die bis Ende Juni drohen, kommen nun offensichtlich auch neue, konjunkturseitige Gefahren hinzu.

Dazu gehören etwa die am Mittwoch veröffentlichten, enttäuschende Daten aus China: Die Exporte der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft gingen im vergangenen Monat überraschend stark um mehr als vier Prozent zurück. Zudem senkte jetzt die Weltbank ihre Prognose für den Anstieg der globalen Wirtschaftsleistung für das laufende Jahr auf nur noch 2,4 statt zuvor 2,9 Prozent.

Gemeinsam mit drei politischen Entscheidungen in Deutschland, Großbritannien und den USA im Juni werden die aktualisierten Konjunkturaussichten ausschlaggebend dafür sein, welche grundsätzliche Richtung die Aktienmärkte mittelfristig einschlagen werden: Auf ihrer Ratssitzung am 14. und 15. entscheiden zunächst die Notenbanker in den USA darüber, ob die Leitzinsen für die weltweit größte Volkswirtschaft erhöht werden.

Nur kurz danach, am 21. Juni, will das Bundesverfassungsgericht sein Urteil im Streit um das umstrittene Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank verkünden. Und zwei Tage später stimmen die Briten über ein mögliches Ausscheiden aus der Europäischen Union ab. Nur Spekulanten und extreme Optimisten sollten angesichts dieser Anhäufung von Unsicherheitsfaktoren auf einen weiter schwankungsarmen Börsensommer setzen.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%