Musterdepots Die Investoren halten sich zurück

Der US-Aktienmarkt steht im Blickpunkt der Musterdepotstrategen. Sönke Niefünd stellt ein US-Wertpapier mit solider Dividendenrendite und positiven Nachhaltigkeitswerten vor.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Frankfurt Das renommierte britische Wörterbuch Oxford Dictionary hat „postfaktisch“ („post-truth“) zum Wort des Jahres gekürt. Der Begriff steht dafür, wie viele politische Diskussionen zunehmend geführt werden: weniger tatsachenbasiert – mehr aus dem Bauch heraus.

Auch an den Börsen sehe ich postfaktische Auswüchse: Donald Trumps wirtschaftspolitische Vorhaben werden mit dem Handeln Ronald Reagans gleichgesetzt. Dabei hinkt der Vergleich an entscheidenden Stellen: Beim Stand im US-Konjunkturzyklus zum Regierungsstart, der Ausgestaltung des Investitionsprogramms, der künftigen Geldpolitik und der Einstellung zum Freihandel.

Punkt eins: Während sich die USA beim Amtsantritt Reagans im Januar 1981 in einer wirtschaftlichen Schwächephase befanden, ist derzeit das genaue Gegenteil der Fall: Die konjunkturelle Expansion dauert bereits mehr als sieben Jahre an – und die Arbeitslosigkeit liegt bei unter fünf Prozent.

Die derzeit diskutierte Kombination aus einem möglicherweise bis zu einer Billion US-Dollar umfassenden Infrastrukturprogramm und Steuererleichterungen hat folglich eher das Zeug dazu, ausgehend von massiven Lohnerhöhungen in eine Inflationsspirale zu münden, statt die Wirtschaft nachhaltig zu stärken.

Zweitens: Anders als Trump es offensichtlich vorhat, weitete Ex-Präsident Reagan damals während des Kalten Krieges schuldenfinanziert vor allem die Rüstungsausgaben aus. Ob dagegen mit den republikanischen Mehrheiten im US-Kongress kreditfinanziert milliardenschwere Infrastrukturprojekte durchgewunken werden, ist mehr als zweifelhaft.

Drittens: Zum Regierungsantritt Reagans stand der US-Leitzins „Federal Fund rate“ auf einem Rekordhoch von über 19 Prozent – eine Folge der extrem restriktiven Geldpolitik mit der der damalige Fed-Vorsitzende Paul Volcker zuvor die emporschnellende Inflation bekämpft hatte. In der Folge tendierten die Leitzinsen trotzt eines anfänglichen Hin-und-hers während Reagans Ära in den USA klar abwärts.

Die aktuelle US-Notenbankpolitik dagegen befindet sich jedoch an einem Wendepunkt in die entgegengesetzte Richtung: Vergangenen Dezember wurde die Leitzinswende eingeleitet, die - wenn auch nur zaghaft - in den kommenden Monaten und Jahren fortgesetzt werden dürfte.

Viertens: Reagan war bekennender Befürworter sowohl der Globalisierung als auch des Freihandels. Zudem war seine Regierung maßgeblich daran beteiligt, das spätere Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) zu ermöglichen. Trump dagegen ist während seines Wahlkampfs nicht müde geworden genau diesen Wirtschaftsverband zwischen den USA, Kanada und Mexiko immer wieder ins Visier zu nehmen.

Wegen all dieser erheblichen Unterschiede verbietet es sich zu erwarten, dass Trumps angepeiltes Wirtschaftspolitik auf Konjunktur und die Aktienmärkte eine ähnlich positive Wirkung entfalten wird, wie die Stimuli unter Ronald Reagan in den 1980er Jahren.


Cisco mit solider Dividendenrendite

In Ermangelung neuer Impulse tendieren europäische Börsen heute seitwärts, mögliche Investoren halten sich weiterhin zurück. Von der designierten Trump-Truppe kann noch nichts kommen, bekannte Themen wie die erwartete Zinserhöhung in den USA sowie das Verfassungsreferendum in Italien bilden den weiteren Nährboden für die aktuell abwartende Haltung. Durch den Thanksgiving-Feiertag gibt es zudem in Amerika eine verkürzte Börsenwoche.

Daher widmen wir uns rückblickend den Zahlen von Cisco Systems aus deren erstem Geschäftsquartal: Durch einen Umsatzrückgang beim Hardwarebereich von Cisco konnte das Unternehmen mit 0,46 US_Dollar je Aktie zwei US-Cent weniger als im Vorjahr verdienen – bereinigt um Sondereffekte lag der Gewinn jedoch bei 0,61 Dollar je Aktie und übertraf damit die Erwartungen der Analysten sogar leicht.

Gesunkene Umsatzerlöse sowie besonders der vom Unternehmen für das laufende Geschäftsquartal in Aussicht gestellte weitere Umsatzrückgang um bis zu vier Prozent sorgten dennoch in der letzten Woche für einen Kursrückgang um 4,26 Prozent.

Cisco Systems verfügen mit 3,07 Prozent über eine solide Dividendenrendite sowie über die weltweit besten ESG-Werte – im Detail wie folgt: Environment (E) = 94,56, Social (S) = 95,54 und Governance (G) = 96,66 - dies ergibt einen Gesamt-ESG-Wert von 95,59. Wir beobachten die aktuelle Entwicklung der Aktie, sind jedoch überzeugt von weiterem Kurspotential und bleiben investiert.


Träges Modell entwickelt

Den grundsätzlichen Ansatz unserer Strategie haben wir am vergangenen Montag beschrieben. Neben dem Value geprägten Investmentprozess haben wir zur Sicherung der Vermögenswerte ein Wertsicherungsmodell im Hintergrund installiert. Das Modell wurde bewusst sehr „träge“ entwickelt.

Nun ist der Begriff „träge“ im allgemeinen Sprachgebrauch nicht all zu positiv behaftet. In diesem Fall ist es jedoch immanent, um nicht Gefahr zu laufen ständig in den Markt ein und wieder auszusteigen. Hin und her macht bekanntlich die Taschen leer.

Von daher haben wir uns für eine Systematik entschieden, die an grundsätzlich positiven Kapitalmärkten partizipieren soll, den Anleger durchaus auch in unruhigen Börsenphasen auf die Probe stellen kann, allerdings in äußerst turbulenten Phasen den Anleger vor den ganz großen Einbrüchen bewahren soll. Um diesen Wertkurvenverlauf zu erzeugen, ist eben ein Modell mit einer gewissen Trägheit von Nöten. Sprich, das Ziel ist es explizit nicht, jede zehn prozentige Börsenkorrektur zu vermeiden.

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