Musterdepots Die italienische Börse hat Potenzial

Musterdepot-Stratege Alexander Kovalenko glaubt, dass die Reformen des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi erste Wirkungen zeigen. Das könnte den dortigen Aktienmarkt jahrelang beflügeln.

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Daniel Hupfer

Frankfurt Wie sich an den Terminkontrakten auf den US-Leitzins, der sogenannten Fed Funds Target Rate, ablesen lässt, gingen die Marktteilnehmer noch bis vor kurzem davon aus, dass es, wenn überhaupt, maximal eine einzige Zinserhöhung in diesem Jahr geben würde. Nachdem die US-Notenbank in ihrem Protokoll der letzten FOMC-Sitzung davon sprach, dass man schon im Juni die Zinsen erhöhen könne, falls sich die Wirtschaft im zweiten Quartal erhole, sich der Arbeitsmarkt weiter verbessere und die Inflationsrate in die Nähe der Zielmarke von Prozent tendiere.

Nun geht der Markt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es auf der FOMC-Sitzung am 14. und 15. Juni zu einer Zinserhöhung kommen wird. Mehr als zwei Zinserhöhungen dürfte es in diesem Jahr jedoch nicht geben, und auch der Juni-Termin ist noch alles andere als gesetzt.

Denn zum einen kommt es eine Woche nach der FOMC-Sitzung zu der „Brexit“-Abstimmung in Großbritannien und das bisherige Agieren von Fed- Präsidentin Yellen spricht dafür, dass die Fed sich im Vorfeld eher vorsichtig verhalten und die Zinsen nicht anheben wird. Zum anderen ist nicht klar, ob bis Mitte Juni schon genügend Daten verfügbar sind, die eine Zinserhöhung vertretbar erscheinen lassen.

Denn selbst wenn sich die Wirtschaft im zweiten Quartal erholt, wird das reale US-BIP in diesem Jahr nur um knapp zwei Prozent wachsen. Das sind keine Rahmenbedingungen, die zwangsläufig für eine restriktivere Geldpolitik sprechen.


Arbeitslosigkeit in Italien ist gesunken

In den letzten Monaten wird Spanien oft als ein Beispiel einer gelungenen Wirtschaftserholung angeführt. Und dies zu Recht: Das Land konnte signifikante Fortschritte am Arbeitsmarkt sowie beim Wirtschaftswachstum verzeichnen.

Die aktuellen Daten vom italienischen Arbeitsmarkt lassen hoffen, dass Italien in der nahen Zukunft vergleichbare Erfolge erzielen könnte. Die Arbeitslosigkeit ist im März auf 11,4 Prozent gesunken. Dies ist nach wie vor sehr hoch, vor allem, wenn man an eine beinahe 40-prozentige Arbeitslosenquote bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren denkt. Gleichzeitig ist jedoch ein deutlicher positiver Trend zu erkennen. Die Reformen von Ministerpräsident Matteo Renzi scheinen nun erste Wirkungen zu zeigen.

Deren primäres Ziel besteht in der Erhöhung der Arbeitsmarktflexibilität. Sollte es Italien gelingen, die Zahl der Menschen ohne Job weiter signifikant zu senken und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen, wäre somit der Weg frei für eine positive Entwicklung des italienischen Aktienmarktes. Der führende Aktienindex ist nach wie vor von seinen Ständen aus den Jahren 2000 bzw. 2007 noch weit entfernt. Gleichzeitig weisen italienische Dividendentitel eine merkliche Unterbewertung aus.

Wie wir bereits mehrmals in unseren Kommentaren geschrieben haben, trauen wir den italienischen Börsen ein überdurchschnittliches Potential für die nächsten Jahre zu. Sollte gleichzeitig, so wie vor einigen Tagen geschrieben, die deutsche und französische Wirtschaft weiter wachsen, so dürften die europäischen Märkte besser laufen als die der anderen Industrienationen und ihre Unterbewertung reduzieren.

In unserem Depot glänzt die Voestalpine Aktie mit einem Plus von fünf Prozent. Dank der guten Geschäfte mit der Autoindustrie kann der Stahlkonzern den gesunkenen Preisen trotzen. Eine Dividendenerhöhung um fünf Prozent ist sogar ebenfalls drin.


Fed schaut doch auf „Brexit”-Entscheid

Einmal hü - und einmal hott. Das Verwirrspiel um die künftige Geldpolitik der US-Zentralbank Fed unter der Ägide ihrer Chefin Janet Yellen geht munter weiter: Nachdem erst vor kurzem mehrere Ratsmitglieder betont hatten, das Thema „Brexit” werde keine Auswirkungen auf die nächste Zinsentscheidung der Fed haben, behauptet nun ein anderer US-Währungshüter das Gegenteil: Die weltweit bedeutendste Notenbank wird nach Aussage von Fed-Direktor Daniel Tarullo bei ihrer Zinsentscheidung in diesem Monat auch die Möglichkeit eines Austritts Großbritanniens aus der EU berücksichtigen.

Es ist nur wenige Tage her, da hatten mehrere Fed-Vertreter dies noch ausgeschlossen – zuletzt etwa James Bullard. Der Präsident des Fed-Ablegers St. Louis hatte Anfang vergangener Woche in Peking betont, dass selbst ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU nach dem Referendum keine Auswirkung auf die Entscheidung der Notenbank haben werde.

Ob hinter diesem chaotischen Kommunikationsverhalten Kalkül oder schlicht Unvermögen steckt, werden Anleger wohl nie erfahren. Klarheit über die weitere Zinspolitik und weniger Nervosität an den Börsen wird so jedenfalls nicht geschaffen. Investoren bleibt nichts anderes übrig, als sich verlässlichere Erkenntnisquellen zu suchen – und danach zu entscheiden wie sie sich bis zum Fed-Zinsentschied am 15. Juni positionieren möchten.

Im Dezember hatte die Fed erstmals seit fast zehn Jahren ihre Leitzinsen wieder angehoben. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Finanzwelt mit Geld liegt seither in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. In den Folgemonaten sorgte das für Unruhe an den Kapitalmärkten – und fallende Kurse: Dax und Dow Jones etwa verloren zwischenzeitlich bis zu 16 sowie zwölf Prozent ihres Wertes.

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