Musterdepots Spannung im Vorfeld der Fed-Sitzung

Die US-Notenbank wird am Mittwoch ihre Entscheidung über die Leitzinsen bekanntgeben. Musterdepot-Experte Sönke Niefünd erwartet wie viele Marktteilnehmer eine Erhöhung. Doch wird es wirklich so kommen?

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Sönke Niefünd

Spannende Unternehmenstermine sind aktuell rar. Trotzdem steigt der Deutsche Aktienindex am Dienstag zum ersten Mal in diesem Jahr zeitweise über die Marke von 11.300 Punkten.

Blicken wir auf die Inflation in Deutschland, so verharrt diese derzeit stabil auf einem niedrigen Niveau. Im November stagnierte die jährliche Inflationsrate bei 0,8 Prozent. Das dürfte der der höchste Stand seit zwei Jahren sein. Die Konjunkturerwartungen von Finanzanalysten und institutionellen Investoren für Deutschland sind im Dezember auf dem Vormonatsstand geblieben.

Der von Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobene Index der Konjunkturerwartungen betrug erneut 13,8 Punkte. Der Indexstand liegt weiter deutlich unter seinem langfristigen Mittelwert von 24,0 Punkten.

Nach der Trump-Wahl sind die weltweiten Rentenmärkte in Bewegung geraten. Am Euro-Rentenmarkt scheint das näher rückende Jahresende den Handel immer mehr zu lähmen.
Bundesanleihen legen leicht zu, pendeln jedoch seit Tagen in einer engen Spanne bei stark fallenden Börsenumsätzen. Nachdem der Bund-Future zum Ausklang der zurückliegenden Woche noch Kursgewinne verbuchen konnte, ist das Rentenbarometer zum Auftakt in die neue Handelswoche in die Defensive geraten. Der Bund-Future dürfte weiter um die Marke von 161,00 pendeln.

Die Fed Funds Future Rate, die die Wahrscheinlichkeit einer Dezember-Leitzins-Anhebung angibt, notiert bei 94,5 Prozent. Jedoch bleibt eine Restwahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank ihren Leitzins in ihrer Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent behält. Sollte keine Leitzinserhöhung erfolgen, dürfte dies eine Überraschung am Markt geben, denn eine Zinserhöhung ist bereits fest eingepreist. Sowohl die Prognosen der Ökonomen, als auch die Erwartungen der Marktteilnehmer waren im Jahr 2016 nicht besonders treffsicher. Ansonsten hätten wir jetzt eine US-Präsidentin Clinton, Matteo Renzi wäre noch in Italien im Amt und es gäbe keine Diskussionen um den Brexit. Dennoch erwarten auch wir, dass die US-Notenbank ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöhen wird.


Unterbewertetes Aktienkernportfolio

Einmal im Monat widmen wir uns regelmäßig dem Thema der Bewertung des Aktienkernportfolios, das rund 70 Prozent unseres Musterdepots ausmacht und derzeit 15 Einzeltitel enthält. Der Rest wird in die Zertifikate auf Basis der ausgewählten Strategien von der innovativen Social-Trading Plattform wikifolio.com investiert. Das Aktienkernportfolio weist im Vergleich zum breiten Stox Europe 600 Index eine signifikante Unterbewertung auf.

Das gewichtete Kurs-Umsatz-Verhältnis liegt bei 0,84, das gewichtete Kurs-Buchwert-Verhältnis bei 1,4 und das gewichtete Kurs-Cash-Flow-Verhältnis bei 7,2. Laut unseres Bewertungsmodells gehören 13 von 15 Aktien zum Top-Quartil, das heißt zu den günstigsten 25 Prozent aller Titel des Anlageuniversums. Die relative Unterbewertung des Portfolios ist trotz einer merklichen Outperformance des Musterdepots gegenüber dem Vergleichsindex nur moderat zurückgegangen.

Zu den bisher erfolgreichsten Aktieninvestments gehören unter Berücksichtigung aller stattgefundenen Ausschüttungen die beiden finnischen Titel UPM Kymmene und Kesko sowie die Papiere des französischen Autobauers Peugeot und des australisch-britischer Rohstoffkonzerns BHP Billiton. Neben einer Unterbewertung zählt eine niedrige Zahl der Transaktionen, was kostensparend wirkt, zu den wichtigsten Merkmalen des Musterdepots.


Übertreibung am Aktienmarkt

Um knapp neunhundert Punkte höher ist der Dax innerhalb von nur acht Handelstagen durch die jüngste Kaufpanik der Spekulanten getrieben worden. Sollte sich die Übertreibung am hiesigen Aktienmarkt nach der Zinssitzung der US-Notenbank Fed am Mittwoch vorübergehend fortsetzen, werde ich noch stärker auf ein Auslaufen der jüngsten Rally setzen.

Inzwischen hat der Dax bereits ein Kursniveau erreicht, das Fachleute für Ende 2017 prognostizieren. So erwarten etwa vom Informationsdienst Reuters befragte Analysten im Mittel, dass der deutsche Leitindex bis dahin nur minimales Potenzial auf 11.470 Punkte hat - ausgehend von jetzt rund 11.300 Zählern. Gleichzeitig warnen viele der Experten vor einem extrem volatilen Jahresverlauf und Rücksetzern bis deutlich in den vierstelligen Bereich.

Ich vermute, dass hinter der aktuellen Überhitzung ein sogenannter „Short-Squeeze“ steckt: Die überzogene Aufwärtsbewegung der vergangenen Tage hat viele Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt. Immer mehr von ihnen, die ursprünglich auf fallende Notierungen gewettet hatten, sehen sich gezwungen, die Seiten zu wechseln, um ihre Verluste zu einzudämmen. Das wiederum treibt die Börsen noch etwas weiter und bringt weitere Zocker in Bedrängnis. Gekauft wird also nicht aus Überzeugung, sondern aus Not.

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