Musterdepots Spiel mit dem Feuer

Gleich zwei Musterdepotstrategen warnen vor der aktuell hohen Bewertung der US-Aktien. Handelsblatt-Redakteur Georgios Kokologiannis plant sogar, seine Position an Reverse-Derivaten auszubauen.

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Daniel Hupfer

Frankfurt Wichtige Impulse gehen in der nächsten Zeit von der Berichtssaison für das zweite Quartal aus, die in dieser Woche langsam Fahrt aufnimmt. In den USA sind die Gewinnerwartungen im Vorfeld – wie üblich – nach unten revidiert worden. Nachdem im ersten Quartal die Gewinne um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken sind, wird für das zweite Quartal ein Minus von 4,5 Prozent erwartet.

Die Gewinnrezession soll dann aber mit dem dritten Quartal enden, wobei ein Anhalten des negativen Revisionstrends dazu führen würde, dass auch im dritten Quartal die Erträge niedriger ausfallen könnten als vor einem Jahr. Ein wesentlicher Grund dafür, dass sich der US-Aktienmarkt seit einem Jahr mehr oder weniger seitwärts bewegt hat, liegt in der stagnierenden Gewinnentwicklung.

2016 sollen die Gewinne im S&P 500 ebenfalls nur um gut ein Prozent zulegen. Angesichts der hohen Bewertung der US-Aktien gehen wir nicht davon aus, dass die erwartete Gewinnentwicklung viel Spielraum für höhere Kurse lässt.

Nur für den Fall, dass sich die Unternehmensgewinne besser als erwartet entwickeln, könnte der S&P 500 seine alte Bestmarke aus dem vergangenen Jahr nachhaltig überwinden – und dann auch die europäischen Aktienmärkte beflügeln. Angesichts der zunehmenden Brexit-Unsicherheiten wird ein solches positives Szenario aber unwahrscheinlicher.

Ähnliches gilt auch für den Dax, für den die Unternehmensanalysten im nächsten Jahr ein Ertragsplus von zehn Prozent prognostizieren. Dabei sollen die stärksten Zuwächse von den Banken und den besonders zyklischen, also konjunkturabhängigen Unternehmen kommen. Diese Annahme halten wir aber unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht für besonders realistisch. Auch wenn wir für die Börse nicht generell, könnte es dennoch einen turbulenten Sommer geben.

Unser „Social Trading Depot“ besteht aus zwei Blöcken. Den ersten Block bildet mit etwa 70 Prozent Gewichtung das Aktienkernportfolio, bei welchem die Bayerische Vermögen AG für die Auswahl der Einzeltitel zuständig ist. Der zweite Block besteht aus fünf wikifolio-Zertifikaten und hat eine Gewichtung von etwa 30 Prozent.

Die Bayerische Vermögen AG wählt dabei die wikifolio-Strategien, die ins Musterdepot kommen, hat jedoch keinen Einfluss auf die Investmentstrategien der jeweiligen wikifolio-Manager. Die Zusammensetzung des Musterdepots ist wichtig für die Feststellung der Liquiditätsquote.

Der explizite Cash-Bestand beträgt aktuell etwa vier Prozent des Gesamtvermögens. Die implizite Liquiditätsquote liegt allerdings etwas höher, da jeder wikifolio Manager den Investitionsgrad unterschiedlich steuert. So ist beispielsweise das „Dividende und Eigenkapital Deutschland“-wikifolio von Holger Degener derzeit voll investiert.

Sebastian Reese hält bei seinem „SR wisdom capital spekulativ“-wikifolio dagegen 100 Prozent Cash. Die Liquiditätsquoten der restlichen drei wikifolio-Manager liegen zwischen 14 und 40 Prozent. Unter dem Strich weist unser Musterdepot derzeit einen impliziten Cash-Bestand von etwa 14 Prozent auf.    


US-Aktien inzwischen extrem teuer

Es ist ein Spiel mit dem Feuer an der Wall Street: Obwohl Investoren wissen, dass US-Aktien inzwischen extrem teuer sind, treiben sie den S&P 500 auf neue Allzeithochs. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des marktbreiten Leitindexes hat historische Ausmaße erreicht und liegt bei rund 18 – fast ein Drittel über dem langfristigen Mittelwert.

Noch alarmierender ist das Kurs-Umsatz-Verhältnis, das nicht so einfach durch die milliardenschweren Aktienrückkäufe der vergangenen Haussejahre und Bilanzierungswahlrechte der Firmen geschönt werden kann: Der Wert liegt bei über 1,9 und damit auf dem Rekordniveau beim Platzen der Internetblase vor 15 Jahren.

Sollten die Notierungen an den US-Börsen in den kommenden Tagen ihre Rally fortsetzen, werde ich meinen Bestand an Absicherungsprodukten erhöhen. Ich werde Reverse-Bonuszertifikate aufstocken, die sich auf den S&P 500 beziehen und sich während ihrer Restlaufzeit tendenziell entgegengesetzt zum Index entwickeln (WKN: VS8B1F).

Diese Depot-Position notiert leicht im Plus und liefert bis Mitte Dezember auch dann noch knapp 16 Prozent zusätzliche Rendite, wenn der US-Aktienindex auf der Stelle tritt. Einzige Bedingung: Der S & P 500 darf bis dahin nie um rund sieben Prozent zulegen und 2 300 Punkte erreichen - sonst drohen Verluste.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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