Musterdepots Warten auf die EZB

Auf der Sitzung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag hoffen Anleger auf weitere Hinweis zur Geldpolitik der Notenbank. Bislang sind die Effekte der Stimuli jedoch an den Börsen schnell verpufft.

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Georgios Kokologiannis Quelle: Pablo Castagnola

Zwar erwarten Experten nicht, dass bereits auf der turnusmäßigen Sitzung der Europäischen Zentralbank an diesem Donnerstag weitere Lockerungen der Geldpolitik für die Eurozone beschlossen wird. Gleichwohl hoffen viele Anleger wenigstens auf einen Hinweis bezüglich zusätzlicher Maßnahmen nach einer der folgenden Ratssitzungen. Darauf deutet etwa die jüngste Schwäche des Euro, der zur Wochenmitte auf unter 1,10 US-Dollar gerutscht ist.

Doch zumindest an den Aktienbörsen sind die Effekte der bisherigen EZB-Stimuli rasch verpufft. Anders als die Kurse am Rentenmarkt notieren Dax & Co. weit unter ihrem Niveau zum Start der milliardenschweren Wertpapierkäufe der EZB im März 2015.

Während Anleiheinvestoren vor allem vom so genannten QE-Programm profitieren, kann von einem nachhaltig positiven Effekt am Aktienmarkt keine Rede sein. Seit dem Startschuss ihrer Wertpapierkäufe im März vergangenen Jahres haben die Europäische Zentralbank und die nationalen Notenbanken des Euro-Raums Anleihen im Wert von mehr rund einer Billion Euro aufgekauft.

Die Folgen am Rentenmarkt: Die Notierungen steigen, im Gegenzug rentieren inzwischen beispielsweise mehr als die Hälfte der Staatsanleihen des Euroraums negativ. Ernüchternd fällt dagegen die Bilanz für Aktien aus. So hat der Dax im Frühjahr 2014 zunächst zwar ein Allzeithoch ausgebildet, seitdem aber über 20 Prozent verloren. Der deutsche Aktienindex befindet sich somit definitionsgemäß in einer Baisse - also einem längerfristigen Abwärtstrend.

Sollte die EZB demnächst ihre Marktmanipulationen ausweiten, dann halten Fachleute die Verlängerung des bisherigen Anleihekaufprogramm um bis zu ein Jahr für am wahrscheinlichsten. Dies hätte zweifelsohne eine weitere Rally an den Rentenmärkten zur Folge. Die langfristigen Auswirkungen für den Aktienmarkt blieben hingegen fraglich.

Eine Euro-Abschwächung würde aller Erfahrung nach nur von kurzer Dauer sein, da sie letztlich nur eine neue Runde im weltweiten Abwertungswettlauf der Notenbanken einleiten würde. Durch die Abwertung einhergehende Wettbewerbsvorteile der hiesigen Unternehmen im Auslandsgeschäft wären folglich nicht von Dauer – eine Zwischenrally an den Aktienbörsen daher ebenfalls nicht.


Alexander Kovalenko

Die Berichtssaison schreitet voran. Am Mittwoch hat der spanische Versorgungskonzern Iberdrola seine Zahlen für das zweite Quartal und die ersten sechs Monate des Jahres vorgelegt. Der operative Gewinn (EBITDA) ist im ersten Halbjahr um 1,4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode leicht gestiegen. Wenn man die atypischen Erträge sowie Währungseffekte ausschließt, wäre das Wachstum mit fast sechs Prozent etwas ausgeprägter ausgefallen.

Der normalisierte Netto-Gewinn ist in der gleichen Periode um rund 14 Prozent gestiegen, was einer guten operativen Entwicklung sowie den gesunkenen Finanzierungskosten zu verdanken ist.  Die Netto-Verschuldung konnte weiterhin leicht reduziert werden. In der Kombination mit dem gestiegenen operativen Gewinn hat dies zur Verbesserung wichtiger Finanzratios  geführt – wie beispielsweise beim Netto Schulden / EBITDA Ratio. Gleichzeitig investiert Iberdrola stark in sein Wachstum und hat unter anderem im ersten Halbjahr fast 1.300 neue Mitarbeiter eingestellt.

Der Wachstumsplan für 2016-20 sieht eine Fortsetzung des Internationalisierungsprozesses vor – ein Merkmal, welches uns beim Iberdrola Geschäftsmodell sehr gut gefällt. Vor allem in Nordamerika und Mexiko will der Konzern weiter expandieren. Laut unseres Modells bleibt Iberdrola nach wie vor unterbewertet. In erster Linie gefallen uns die hohe Dividendenrendite, das niedrige Kurs-Buchwert-Verhältnis sowie die Cash Flow Stärke des spanischen Konzerns.             


Daniel Hupfer

Aufgrund der aktuellen Unsicherheit an den Kapitalmärkten ist es nicht verwunderlich, dass sich die mittelfristigen Inflationserwartungen in Europa trotz weiterhin sehr expansiver Geldpolitik der EZB auf Tiefstständen befinden. Und auch in den USA ist von einem Inflationsdruck überhaupt nichts zu spüren. Zu Jahresanfang hatten viele Marktteilnehmer in der Eurozone darauf gesetzt, dass inflationsgebundene Anleihen nominale Anleihen outperformen sollten, und zwar aus zwei Gründen.

Zum einen sei das zur Verfügung stehende Universum an Anleihen viel kleiner als das der nominalen Anleihen und zum anderen sollte die Inflation aufgrund des QE-Programms und der sich verbessernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an Fahrt aufnehmen. Diese Erwartung hat sich aber im Jahresverlauf nicht bewahrheitet. Vor diesem Hintergrund hatten wir den von uns erworbenen ETF auf inflationsgebundene Anleihen bereits im März veräußert und haben daran auch gut getan. 

Für die nächsten Monate gehen wir davon aus, dass die Outperformance der nominalen Anleihen anhalten sollte. Auch wenn das technische Bild eher für die inflationsgebundenen Anleihen spricht, so steht nach unserer Einschätzung das Sentiment dagegen. Die Unsicherheit, die durch den Brexit und das weltweit nur sehr moderate Wachstum entstanden ist, könnte dafür sorgen, dass selbst die zum Jahresende erwarteten ölpreisbedingten Basiseffekte ohne eine signifikante Erhöhung der Inflationserwartungen verpuffen. Daher bleiben wir bei inflationsgebundenen Anleihen vorsichtig.

Hinweise zu den ausführlichen Berichten über die Musterdepots gibt es bei Twitter unter dem Konto: @kokologiannis

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

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