Nach dem Rekordhoch US-Fonds verlieren Interesse an deutschen Aktien

Der Appetit amerikanischer Anleger auf deutsche Aktien hat sich deutlich abgekühlt. Denn deutsche Konjunkturdaten sind rückläufig. US-Investoren bevorzugen nun andere Anlageregionen innerhalb Europas.

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Die New Yorker Börse: US-Anleger ziehen Geld aus deutschen Aktien ab. Quelle: dpa

In den vergangenen sechs Wochen haben Händler laut Bloomberg-Daten annähernd 817 Millionen US-Dollar (rund 607 Millionen Euro) aus börsennotierten Fonds (ETFs), die deutsche Aktien halten, abgezogen. Dagegen steckten sie 270 Millionen Dollar in ETFs, die in europäische Aktien allgemein investieren. Der Dax-Index hat im Juli ein Rekordhoch erreicht und steuert auf die höchste Bewertung seit 2009 zu. Offenbar dämpfen Anzeichen konjunktureller Schwäche in der größten europäischen Volkswirtschaft und die fast rekordhohen Bewertungen der Aktien die Lust der Investoren auf deutsche Titel.

Während Daten aus Spanien und Italien auf eine Erholung deuten, sind die Wirtschaftsindikatoren aus Deutschland, etwa zur Industrieproduktion und zum Investorenvertrauen, zuletzt rückläufig. Es sei denkbar, dass US-Anleger eine Rotation vornehmen, sagt Todd Lowenstein von Highmark Capital Management Inc. Los Angeles.

„Wir sehen eine Absetzbewegung bei deutschen Aktien. Es gab eine gewisse Verlangsamung gegenüber anderen Volkswirtschaften in Europa. Wir sehen Stärke an der Peripherie. Wenn Rekordhochs erreicht werden, wie beim Dax, dann wird man von den Anlegern abgestraft, wenn man die hohen Erwartungen nicht erfüllt.“

Der Dax markierte am 3. Juli ein Rekordhoch bei 10.029,43 Punkten. Seitdem hat der Index im Gefolge der Ukraine-Krise über zwei Prozent nachgegeben.

Im laufenden Jahr hat der Dax nur rund 2,4 Prozent zugelegt. In den beiden vergangenen Jahren lag der Anstieg bei jeweils über 25 Prozent. Italiens Leitindex FTSE MIB hat 2014 rund neun Prozent zugelegt, der spanische Leitindex IBEX 35 hat im gleichen Zeitraum über sieben Prozent Wertzuwachs erzielt.


Anleger gehen mehr Risiko ein

Mit Blick auf die erwarteten Gewinne notiert der Dax beim 13,7-fachen. Am 3. Juli hatte die Bewertung das 14,1-fache markiert, der höchste Wert seit Dezember 2009, zeigen Bloomberg- Daten. Über die vergangenen fünf Jahre lag der Wert durchschnittlich beim 11,9-fachen.

Herbert Perus von Raiffeisen Capital Management sieht bei US-Anlegern eine zunehmende Bereitschaft, mehr Risiken einzugehen und in der Eurozone auf riskantere Anlagen zu setzen. Günstigere Bewertungen, verglichen mit dem Heimatmarkt, lockten ebenso wie die Erwartung, die Europäische Zentralbank werde der Wirtschaft weiter unter die Arme greifen. „Europa ist fundamental günstiger als die USA. Investoren dürften darauf setzen, dass die EZB vor allem die Länder an der Peripherie weiter unterstützt“, sagte Perus.

Der S&P 500 Index notiert beim 16,6-fachen des erwarteten Gewinns, zeigen Bloomberg-Daten. Zum Vergleich: Beim Stoxx 600 liegt der Wert aktuell beim 15,5-fachen.Auch die Entwicklung in der Ukraine hat zuletzt dafür gesorgt, dass internationale Anleger einen Bogen um deutsche Aktien machen. Daten des Internationalen Währungsfonds zeigen, dass Deutschland unter den Ländern Westeuropas die stärksten Handelsbeziehungen mit der Ukraine und mit Russland ausweist.

US-Anleger auf der Jagd nach höheren Erträgen dürften ihre Positionen an Aktien aus der Peripherie der Eurozone weiter aufstocken, zu Lasten deutscher Aktien, sagt Wasif Latif, Vice President für Aktienanlagen bei USAA Investment Management in San Antonio, Texas.

„Die Eurozone verzeichnet eine Erholung, die EZB steht bereit, zu unterstützen. Investoren könnten geneigt sein anzunehmen, dass sie nicht so sehr mit Anlagen in deutschen Aktien auf Sicherheit setzen müssen“, sagte Latif in einem Telefoninterview. „Länder wie Spanien, Italien und Portugal sind attraktiver für diese Anleger mit größerem Risikoappetit.“

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