Die Inflation ist wohl eine der größten Ängste der Deutschen, erst recht in Zeiten der Euro-Rettung. Dass ihr Geld rasant an Wert verlieren könnte, sogar große Vermögen vernichtet oder diese doch zumindest um Einiges kleiner werden könnten, bereitet vielen unruhige Nächte. Es ist eine diffuse, aber anhaltende Furcht. Dass die Teuerungsrate in Deutschland mit 1,5 Prozent im Februar auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2010 gefallen ist, beruhigt nicht.
Es scheint fast, als hätten die Deutschen ein Inflations-Gen, das von Generation zu Generation vererbt wird. „Die Inflationsangst der Deutschen ist historisch gewachsen, man denke nur an die 20er-Jahre“, sagt Jörg Bohn von der Vermögensverwaltung Artus Direct Invest. „Die Menschen haben Angst, dass der Euro auseinanderbricht, dass es eine neue Währungsreform gibt und dass Inflation ihr Erspartes auffrisst.“
Auch Wolfgang Zillich, Chef der Premium Asset Management Wolfgang Zillich, spürt das täglich im Kontakt mit Kunden: „Zwar ist die Inflation in Gesprächen nicht mehr Hauptthema, aber die Furcht ist definitiv da.“ Im Jahr 2009, zur Hochzeit der Finanzkrise, sei die Angst vor Geldentwertung und Kaufkraftverlust allerdings sehr viel dominierender gewesen. „Die Menschen hatten das Vertrauen in Papiergeld verloren und befürchteten, dass der Euro auseinanderbricht“, so Zillich.
Teuerung - Inflation wäre ein Irrweg
Die Liquiditätsschwemme, mit der die EZB das Bankensystem stabilisiert hat, schürt in Deutschland die Angst vor einer steigenden Inflation. Zwar gibt es kurz- und mittelfristig keine Anzeichen für einen starken Preisanstieg. Dennoch mahnen Deutschlands Wirtschaftsvertreter Politik und EZB zu Wachsamkeit.
„Mehr Inflation wäre ein Irrweg.“
„Noch nie in der Geschichte hat ein großer Preisauftrieb nicht am Ende doch Einkommen und Ersparnisse der Menschen deutlich entwertet.“
„Bei einer Erholung der Euro-Konjunktur könnte der Prozess schnell außer Kontrolle geraten.“
„Die Inflationserwartungen im Euro-Raum sind auch nach den außergewöhnlichen Maßnahmen der EZB stabil.“
„Die Sondermaßnahmen sind befristet. Die EZB kann jederzeit aussteigen, wenn Preissteigerung droht.“
„Die Unabhängigkeit der EZB und ihre Freiheit von Interessenkonflikten müssen gestärkt werden.“
Vor Inflation fürchten sich vor allem die Älteren. „Das mag berechtigt sein, aber wir dürfen nicht mehr nur auf Deutschland schauen, sondern müssen den gesamten Euro-Raum im Blick haben“, sagt Bernd Flothmann von der Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim (ICM). „In Südeuropa haben wir derzeit Deflation, die nicht leicht zu bekämpfen ist, wie uns Japan nun mehr seit über 20 Jahren verdeutlicht.“ Ganz anders in Deutschland: Statistisch ist die Inflation niedrig, steigt seit Jahren kaum über die Zwei-Prozent-Marke. „Die wahre, gefühlte Inflation liegt aber bei sechs bis acht Prozent“, ergänzt Flothmann. Benzinpreise, Heizkosten und Mieten sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, während andere Dinge aus dem Warenkorb, der für die statistische Berechnung der Inflationsrate gepackt wird, viel billiger geworden sind – beispielsweise Fernsehapparate oder Mikrowellen.
Wie groß ist die Bedrohung also wirklich? Akute Gefahr sieht derzeit keiner der Vermögensverwalter. „Wir leben wirtschaftlich in Deutschland auf einer Insel der Glückseligkeit“, sagt Zillich. „Europaweit sehe ich aber keinen Druck auf die Preise und erwarte auch keine Inflation.“ Er ist überzeugt, dass die Wirtschaft in der Euro-Zone mindestens noch fünf, vielleicht aber sogar zehn Jahre lang nur sehr schwach wachsen wird. „Woher soll die Inflation da kommen?“, fragt er.
In der Euro-Zone wirken brutale Kräfte
Auch Jörg Bohn sieht derzeit keinen Grund zur Sorge. „Es wird noch dauern, bis die Inflation spürbar steigt“, sagt der Vermögensverwalter von Artus Direct Invest. „Natürlich ist es klug, in Sachwerte wie Immobilien oder Aktien zu investieren. Die Inflationsangst sollte aber nicht der Hauptgrund dafür sein.“
Fothmann gibt zu bedenken: „In der Euro-Zone wirken brutale Kräfte. Inflation hier, Deflation dort – was sich am Ende durchsetzt, kann man jetzt noch nicht sagen.“ Aus Angst vor Inflation mit dem gesamten Vermögen in Sachwerte zu fliehen, sei aber nicht die Lösung. Bei zunehmenden deflationären Tendenzen gehe der „Schuss“ dann nach hinten los. Er rät zehn bis 20 Prozent in Cash zu halten.
Derzeit ist die Inflation also eher eine gefühlte als eine statistisch bewiesene. Das größere Problem ist das aktuelle Niedrigzinsumfeld. Der Nullzins frisst sich in Tages- und Festgeld sowie Sparbücher, sichere Anleihen sind keine Alternative. „Dank EZB-Präsident Mario Draghi erleben wir längst eine kalte Enteignung“, so Bohn. „Die Renditen sicherer Anlagen sind nach Inflation sowie nach Abzug von Gebühren und Steuern mittlerweile negativ.“
Im Jahr sechs der weltweiten Nullzinspolitik herrscht Anlagenotstand. Vermögensverwalter stellt das mitunter vor ein Problem, vor allem wenn sie einen sicherheitsorientierten Anleger betreuen. Die Vermögensprofis müssen ihren Kunden riskantere Papiere ins Depot legen, um noch halbwegs vernünftige Renditen zu erzielen. „Es ist pures Wunschdenken, mit möglichst geringem Risiko noch Erträge von vier oder sechs Prozent pro Jahr einfahren zu können“, sagt Bohn. „Ein bisschen mehr Risiko gehen unsere Kunden zwar gerne ein, aber Geld wollen sie natürlich nicht verlieren.“
Welche Strategien die Experten verfolgen, zeigen sie beim Depot-Contest der DAB Bank. Eine Million virtuelles Kapital gilt es zu mehren. Gespielt wird in den drei Kategorien „Sicherheit“, „Ausgewogen“ und „Chance“.
Gold eignet sich nicht als Inflationsschutz
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Euro-Krise und Niedrigzinsphase haben Deutschland einen wahren Immobilienboom beschwert. Doch Experten sehen das nicht unkritisch. „Eine selbstgenutzte Immobilie ist eine gute Anlege, vor allem mit Blick auf die Altersvorsorge“, so Bohn. Immobilien als Kapitalanlage seien allerdings nicht unproblematisch. In einigen Städten hätte sich bereits eine Blase gebildet, die Objekte seien sehr teuer, teilweise zu teuer geworden.
Rentenlücke und notwendige Sparraten Szenario I: zwei Prozent Inflation
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 4416 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 2846 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt⁵: 693.092 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten⁶: 744 Euro
⁵ Anlagenzins nach Steuern wird mit drei Prozent angenommen. Erspartes reicht bis zu einem Lebensalter von 93 Jahren
⁶ Ansparraten, um auf den entsprechenden Kapitalstock bei Renteneintritt zu kommen; Anlagenzins nach Steuern von drei Prozent unterstellt (ohne unterjährige Verzinsung)
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 3414 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 1296 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt: 315.617 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten: 627 Euro
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 6828 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 3847 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt: 936.868 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten: 1862 Euro
Einen ähnlichen Boom hat Gold erlebt, das als sicherer Hafen in Krisenzeiten gilt. Der Preis für das gelbe Edelmetall ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen, auch wenn es zuletzt einen Rücksetzer gab. „Gold, Silber, Platin gehören in jedes Depot, Anleger sollten bei Preisschwächen zukaufen“, rät Flothmann. Der Anteil sollte je nach Risikoneigung bei fünf bis zehn Prozent des Depotvolumens liegen. „Ob wir nun am Ende eine Inflation oder Deflation erleben, Edelmetalle werden und waren immer einer der sicheren Häfen. Wenn es einen Kollaps gibt, profitieren am Ende die Edelmetalle.“
Wolfgang Zillich glaubt allerdings nicht, dass Gold das Allheilmittel gegen Geldentwertung und Kaufkraftverlust ist. „Gold beruhigt, eignet sich aber nie als Inflationsschutz sondern lediglich als Krisenschutz“, so Zillich. Der beste Schutz gegen Inflation seien Anleihen mit hohen Kupons. „Die Bonds können auch ruhig schon länger am Markt sein und bereits über 100 Prozent notieren“, sagt der Experte. „Wichtig ist es dann, vor Fälligkeit zu verkaufen, damit man keinen Rückzahlungsverlust erleidet.“ Mit Kupons von fünf oder sechs Prozent seien Anleger auch noch geschützt, wenn die Inflation auf vier Prozent steige.
Beim Depot-Contest versucht Zillich mit dem Anleihen-Anteil seiner Portfolios ebenfalls eine Rendite oberhalb der Inflationsrate zu erzielen. „Dabei muss ich im aktuellen Umfeld auch zu Papieren mit etwas schwächerer Bonität greifen“, sagt er. Zillich tritt in den Kategorien „Ausgewogen“ und „Sicherheit“ an.
Auch Aktien bieten Schutz vor Kaufkraftverlust. „Steigt die Inflationsrate, macht auch die Industrie mehr Umsatz und mehr Gewinn“, sagt Zillich. Grundsätzlich würden Aktien in jedes gut strukturierte Depot gehören. Allerdings seien sie eben auch deutlich volatiler als Anleihen. „Anleger, die eine Rendite von vier bis sechs Prozent anstreben, dabei aber möglichst schwankungsarm investieren möchten, haben natürlich ein Problem mit Aktien“, so Zillich.
Nicht das ganze Geld im Euro-Raum anlegen
Rentenlücke und notwendige Sparraten Szenario II: vier Prozent Inflation
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 9602 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 8032 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt: 2.472.530 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten: 2653 Euro
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 5767 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 3649 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt: 1.123.290 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten: 2232 Euro
benötigtes Monatseinkommen, Nominalwert bei Renteneintritt: 11.533 Euro
anfängliche monatliche Rentenlücke: 8552 Euro
benötigter Kapitalstock zum Ausgleich der Rentenlücke, bei Renteneintritt in Euro: 2.632.605 Euro
dafür benötigte monatliche Ansparraten: 5232 Euro
Trotzdem führt für viele kein Weg mehr vorbei an Unternehmensbeteiligungen über die Börse. „Die Bereitschaft der Anleger, in Aktien zu investieren, wächst“, beobachtet Bohn. Der Experte von Artus Direct Invest empfiehlt eine Aktienquote von 50 Prozent – und zwar unabhängig vom Alter. „In den vergangenen elf Jahren haben wir zwei empfindliche Crashs erlebt, in denen sich der MSCI World jeweils halbiert hat“, so Bohn. „Was sich aber halbiert, muss sich verdoppeln, um wieder auf Einstiegspreis zu steigen.“ Ein Aktienanteil von 50 Prozent reiche deshalb auch bei jüngeren Anlegern aus. Die verbleibende Hälfte des Anlagevolumens sollte in Anleihen fließen.
Bei seinem chancenorientierten Depot ist er allerdings etwas spekulativer aufgestellt: Er investiert breit gestreut und zwar überwiegend in Aktienfonds und ETFs. Ein Teil des Geldes hat er über einen Indexfonds in Erneuerbare Energien gesteckt, auch Seltene Erden und ein Global Shipping ETF sind im Depot. Diese drei Investments sind antizyklisch.
ICM-Mann Flothmann empfiehlt eine breite Streuung über alle Anlageklassen mit „absoluter Untergewichtung von Euro-Anleihen und Beimischung von Fremdwährungsanleihen ex Pfund, Yen und Dollar“. Interessant seien Papiere die in Australischem Dollar, Norwegischer Krone, Schwedischer Krone, Schweizer Franken oder Yuan notieren würden. Das gelte auch für Aktien und nicht nur für Anleihen. Kaufen sollten Investoren aber erst bei Korrekturen der Währungen zum Euro. „In Zeiten der Euro- und Verschuldungskrise sollten Anleger nicht ihr ganzes Geld im Euro-Raum anlegen“, so Flothmann.
Die Strategien der Vermögensverwalter könnten Interessierte unter www.depot-contest.de verfolgen.