Nachgerechnet Prokons unsichere Geschäfte mit der Windkraft

Der Windparkbetreiber Prokon wirbt intensiv um Anlegergeld. Acht Prozent Rendite und ein sauberes Investment klingen gut - Gertrud Hussla hat trotzdem Zweifel an diesem Investment.

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Windkrafträder: Prokon wirbt aggressiv um Anlegergeld. Quelle: handelsblatt.com

Vielleicht hatten Sie zufällig auch schon Post von Prokon im Briefkasten. Der Spezialist für erneuerbare Energien aus Itzehoe wirbt seit mehreren Jahren intensiv um das Kapital der Anleger: mit Postwurfsendungen, im Internet, im Fernsehen und neuerdings sogar mit eigenen Büros in den Großstädten. Allein 2010 hat Prokon nach eigenen Angaben zwölf Millionen Euro für Werbung ausgegeben. Das entsprach fast einem Viertel der Jahreseinnahmen aus bestehenden Windparks.

Anlegern winkt eine konstante Rendite von acht Prozent jährlich, und das Geld fließt sogar in umweltfreundliche Projekte. Klingt sehr attraktiv. Nur, warum will Prokon so schnell wachsen und sammelt so viel Kapital ein?

Vielleicht hilft ein Blick auf die Zahlen. Das Kerngeschäft mit Windparks, in das der überwiegende Teil der Anlegerinvestments fließt, zeigt im ersten Quartal 2011 ein gemischtes Ergebnis. Der Quartalsgewinn aus bestehenden Windparks von 4,28 Millionen Euro ergäbe hochgerechnet auf das Gesamtjahr nur eine Eigenkapitalrendite von 5,7 Prozent. Prokon führt solch magere Ergebnisse auf die Windschwäche der letzten Jahre zurück. Mit den Standorten der Windparks – sie befinden sich überwiegend im Landesinneren, wo der Wind generell nicht so stark bläst – habe das nichts zu tun. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sorge dafür, dass keine unwirtschaftlichen Standorte betrieben würden. Von der für Windparks erstrebenswerten Eigenkapitalrendite von zwölf Prozent ist Prokon dennoch weit entfernt.

Knapp sechs Prozent Eigenkapitalrendite erwirtschaftete Prokon aus seinen Stromeinnahmen also im ersten Quartal, ausgeschüttet wurden aber acht Prozent. Wo kommen die fehlenden Prozente her? Es gibt bei den Windparks noch eine zweite, lukrativere Einnahmequelle, die genug abwirft, um alle Anleger zu bedienen – die Projektentwicklung. Die Entwicklung neuer Windparks hat mit 19 Millionen Euro im ersten Quartal mehr Umsatz gebracht als der Verkauf von Strom, der 14 Millionen Euro einspielte. Der Gewinn nach Abschreibungen, Steuern und Zinsen war dort sogar rund doppelt so hoch. Nach dem Motto „alles aus einer Hand“ übernimmt Prokon die Entwicklung seiner Windparks selbst, baut sie mit frischem Geld der Anleger und kann dieses so als Umsatz verbuchen. Mit anderen Worten: Die Unternehmensgruppe aus Dutzenden Gesellschaften bestreitet einen ansehnlichen Teil ihrer Umsätze aus dem steten Nachschub des Anlegergeldes.

Solch ein Konstrukt ist keine Seltenheit und ist auch keineswegs verwerflich. Mit den Einlagen der Anleger werden ja auch Werte geschaffen. Nur, was passiert, wenn Prokon einmal nicht mehr so schnell wächst und nicht mehr so viele neue Anlagen mit frischem Anlegergeld baut? Bricht dann der lukrativste Umsatzbringer weg, oder bringen dann die bis dahin fertiggestellten Windparks genug Einnahmen aus dem Strom, um weiterhin acht Prozent auszuschütten? Was ist, wenn der Wind aufgrund des Klimawandels dauerhaft schwächer bläst? Und was, wenn plötzlich eine größere Gruppe Anleger ihr Geld wieder zurückhaben möchte?

Würde das Geschäft schlechter laufen, wären auch die Anleger in Schwierigkeiten. Sie erwerben Genussrechte. Das bedeutet: Sie tragen das Risiko von Eigenkapitalgebern. Sollten die Gewinne nicht mehr dafür ausreichen, kann Prokon die Renditezahlungen schmälern. Im Ernstfall haften Genussrechtsinhaber mit ihrer Einlage bis hin zum Totalverlust. Stimmrechte haben sie nicht. Und bei einer Insolvenz stehen sie schlechter da als die kreditgebenden Banken. Die Anleger werden nachrangig behandelt.

Acht Prozent Rendite und ein sauberes Investment sind schön. Dennoch: Mir persönlich wäre mein Geld in so einem Investment nicht sicher genug.

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