Nasdaq Goldene Jahre für Technologie-Aktien

Der Nasdaq-Index testete gerade die Marke von 3000 Punkten – Anlass genug für einen kleinen Rückblick und eine Vorschau auf die kommenden Jahre. Es sieht gut aus.

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Apple-Logo Quelle: dapd

Material für eine Wette gefällig? Welche Technologieaktien werden den breiten Markt in den kommenden fünf Jahren schlagen? Vielleicht ist es an der Zeit, sich diese Frage zu stellen, denn die Informationstechnologiebranche sticht im Universum der US-Aktien als die Branche mit dem höchsten Kursgewinn seit Jahresbeginn hervor. Der Aktienindex Nasdaq Composite, in dem rund 3000 Technologiewerte enthalten sind, durchbrach Ende Februar die Marke von 3000 Punkten, er kletterte damit auf den höchsten Stand seit dem 13. Dezember 2000.

Der durchschnittliche Anleger denkt zwar wahrscheinlich schon länger nicht mehr in Zeiträumen von fünf Jahren, aber ein kleines Gedankenspiel in diesem Rahmen kann recht erbaulich sein, hauptsächlich, weil man das Auge über die Quartalsergebnisse hinweg auf die viel größeren Veränderungen in der IT-Landschaft und auch auf die Zusammensetzung und die Wünsche und Bedürfnisse der Anlegergemeinde richten kann.

Zuerst ein kleiner Rückblick: Seinen tiefsten Punkt nach dem Platzen der Dotcom-Blase erreichte der Nasdaq Composite am 10. Oktober 2002. In den folgenden fünf Jahren legte der Index im Rahmen einer bis zum 31. Oktober 2007 dauernden Rally 146 Prozent zu.

Die zehn Erfolgsgeheimnisse des IT-Konzerns
Wie macht Apple das nur? Aktuell ist Apple das wertvollste Unternehmen der Welt. Der Börsenwert liegt bei mehr als 580 Milliarden Dollar. Und Apple  hat Barreserven in Höhe von  216 Milliarden  Dollar. Zehn Gründe warum das Unternehmen so viel besser ist als jeder Konkurrent. Quelle: REUTERS
1. Der NetzwerkeffektDie IT-Welt funktioniert nach anderen Regeln als der Rest der Wirtschaft. Eine besondere Rolle spielt der sogenannte Netzwerkeffekt. Beispiel Microsoft: In der Ära des PCs hatte der Konzern ein Quasi-Monopol im Bereich der Desktop-Betriebssysteme und der Office-Software. Der Grund: Sobald MS-DOS und später Windows gegenüber damals konkurrierenden Systemen wie CP/M nur einen hauchdünnen Vorsprung hatte, entwickelten Softwareentwickler vornehmlich für das Microsoft-System, um möglichst viele potenzielle Kunden zu erreichen. Andererseits wurde die Microsoft-Plattform mit der verfügbaren Software auch für die Kunden immer attraktiver. Die große Verbreitung von Office in der PC-Ära machte auch diese Software zum Quasi-Standard: Wer die Dokumente von Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern lesen und bearbeiten wollte, musste zur Microsoft-Software greifen. Quelle: dpa
1. Der NetzwerkeffektIm mobilen Markt hat Apple die Nase vorn. Zwar werden in absoluten Zahlen im Smartphone-Markt mehr Geräte mit Android-System verkauft – doch Android-Nutzer zeigen im Schnitt deutlich weniger Bereitschaft, Geld für Apps auszugeben. Quelle: AP
2. Zulieferer in vielen LändernApples Zulieferer beschäftigen mehr als 1,6 Millionen Menschen in 20 Ländern. Apple steht wegen der Arbeitsbedingungen seiner Zulieferer in der Kritik. Das taiwanesische Unternehmen Foxconn, das vornehmlich in China produzieren lässt, wurde zum Symbol für Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen. Jetzt ist es Apple durch Kontrollen bei Zulieferern gelungen, Verstöße gegen Arbeitszeit-Beschränkungen zu reduzieren. Die Obergrenze von 60 Arbeitsstunden pro Woche sei im vergangenen Jahr zu 97 Prozent eingehalten worden, erklärte der Konzern in seinem jährlichen Bericht zur Lage bei den Zulieferern. Ein Jahr zuvor wurde noch ein Wert von 92 Prozent angegeben. Die durchschnittliche Arbeitszeit für fest angestellte Mitarbeiter bei Zulieferern lag jetzt bei 55 Stunden pro Woche. Quelle: dpa
3. MargeDie Marge pro verkauftem Gerät ist traditionell besonders hoch bei Softwareherstellern: Nachdem ein Software-Produkt entwickelt ist, sind die Kosten pro verkauftem Medium sehr gering, der Verkaufspreis hoch. Apple verkauft zwar auch Software, verdient sein Geld aber hauptsächlich mit dem Verkauf von Hardware. Der Konzern erreicht allerdings auch bei der Hardware Margen, von denen die Konkurrenz nur träumen kann. Offizielle Zahlen gibt es nicht, doch Analysten schätzen die Marge pro verkauftem Gerät zwischen 30 und 40 Prozent. Besonders groß ist die Marge beim iPhone – und davon hat Apple wiederum besonders viele Geräte verkauft: im Jahr 2015 mehr als 231 Millionen Stück. Quelle: REUTERS
4. Konzentration auf das WesentlicheAuch bei den Produktkategorien herrscht Übersichtlichkeit. Das aktuelle iPhone SE gibt es jeweils mit unterschiedlicher Speicherausstattung – auf verwirrende Produktbezeichnungen mit langen Zahlenreihen und verschiedenen Ausstattungen verzichtet der Konzern komplett. Mit der Konzentration auf das Wesentliche hat Apple auch beim Produktdesign Trends gesetzt: Überflüssiges wird weggelassen. Das macht die Produkte elegant und benutzerfreundlich. Damit liegt Apple ganz auf der Linie des heimlichen Vorbilds, dem deutschen Braun-Designer Dieter Rams. Quelle: dpa
Apple-Museum Quelle: dpa

Erstaunliche Gewinne

In dieser Hausse-Phase gab es zum Teil erstaunliche Gewinne, speziell mit einigen Senkrechtstartern unter den Technologiefirmen. Klar an erster Stelle unter den im marktbreiten S&P 1500-Index gelisteten IT-Werten lag der Mobilfunkausrüster Brightpoint mit 6012 Prozent Kurssteigerung, gefolgt vom Internet-Infrastrukturanbieter Akamai mit 5269 Prozent plus.

Apple waren mit 2591 Prozent Kursgewinn von 2002 bis 2007 die Aktie mit der fünftbesten Performance. Diese Wertsteigerung hatten wohl selbst die optimistischsten Fans nicht erwartet, zumal der iPod zu Beginn dieses Zeitraums eine noch junge Produktlinie war und das Unternehmen sein Geld vorwiegend mit den Mac-Produkten verdiente.

Apple ist eine markante Ausnahme. Ansonsten hinkten die Kurse von älteren Unternehmen mit bekannten Marken im dynamisch steigenden Marktumfeld generell etwas hinterher; auch in der jüngsten Rally konnten sie mit den jüngeren Zugpferden zumeist nicht mithalten.

Kreditkrise kostet 50 Prozent

Logo von Cisco Systems Quelle: REUTERS

Die Dell-Aktie etwa legte zwischen 2002 und 2007 nur 19 Prozent zu; Microsoft stiegen 59 Prozent; wesentlich besser schnitten nur Cisco Systems mit 239 Prozent Kursgewinn ab.

Geschwächt von der Kreditkrise, verlor der Nasdaq-Index in der Phase von seinem Hoch im Jahr 2007 bis März 2009 über die Hälfte seines Wertes. Von diesem Punkt an ging es dann drei Jahre lang unaufhaltsam nach oben – ein Höhenflug, der den Index stolze 134 Prozent, also fast so viel wie im gesamten Zeitraum 2002 bis 2007, auf zuletzt über 3000 Punkte steigen ließ.

Spitzenreiter Sourcefire

Der Spitzenreiter in dieser fast fünfjährigen Hausse zwischen dem Hoch von 2007 und der aktuellen Kursspitze von Ende Februar war mit 359 Prozent Kursgewinn der Softwarehersteller Sourcefire, dessen Börsenwert sich auf lediglich 1,3 Milliarden Dollar beläuft. Die Apple-Aktie liegt mit 186 Prozent Kursgewinn an zehnter Stelle.

Zahlreiche andere Unternehmen enttäuschten. Die Dell-Aktie verzeichnete 43 Prozent Wertverlust; Hewlett-Packard schrumpfte auf die Hälfte; Cisco verloren 40 Prozent, Microsoft 14 Prozent, und Intel traten mehr oder weniger auf der Stelle.

Wer keine Dividende zahlt
Tim Cook und Steve Jobs Quelle: dpa
Warren Buffett Quelle: dapd
Google-Schriftzug Quelle: dapd
Eine Yahoo-Neonreklame Quelle: dpa
Der Ebay-Schriftzug vor der Deutschlandzentrale des Internet-Auktionshauses Quelle: dapd
Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank AG, Martin Blessing Quelle: dpa
Eine Person hält vor einer Filiale der Deutschen Bank AG eine Postbank EC-Karte Quelle: dapd

Daten sprechen für Aktien

Wie es von diesem Punkt an weitergeht, ist schwer zu sagen. Zuletzt befanden sich die Aktienkurse wieder auf einem unglaublichen Höhenflug, in dessen Rahmen der S&P 500 seinen gleitenden 20-Tage-Durchschnitt über sechs Wochen nicht ein einziges Mal berührte. In den ersten Märztagen startete eine signifikante Korrektur. Doch diese Schwächephase wird nicht lange anhalten.

Die Fundamentaldaten der Technologieaktien und die Entwicklung der Unternehmen selbst sprechen in den nächsten fünf Jahren für die Aktien. Zum einen fließt ein immer größerer Teil der Investitionsausgaben von Industrie und Dienstleistern in Informationstechnologie. Die Unternehmen der Branche selbst haben hohe Cash-Bestände, und die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) liegen weit unter dem in Zeiten der Dotcom-Blase verzeichneten Niveau.

Günstiger als Konsumwerte

Google-Logo Quelle: dpa

Im S&P 500 sind die Technologiewerte mit dem 13-Fachen der für das laufende Jahr erwarteten Gewinne bewertet. Dies entspricht dem durchschnittlichen KGV im S&P insgesamt und liegt beispielsweise weit unter der Bewertung von Aktien in den Bereichen zyklische Konsumgüter und Basiskonsumgüter mit einem KGV von 15,8 beziehungsweise 14,9. Das durchschnittliche KGV der 100 im Nasdaq zusammengefassten Technologieunternehmen ist mit fast 16 erheblich höher, wahrscheinlich weil dieser Index viel jüngere und teurere Aktien enthält als die Sammlung reiferer Unternehmen im S&P 500.

Die Zukunft lässt sich zwar nicht exakt voraussagen, aber man kann innerhalb des Technologiesektors gewisse Verschiebungen erkennen, die sich in etlichen Branchen auf das generelle Aktienkursgefüge auswirken werden. Ein Beispiel sind die Internet-Aktien.

Attacken gegen Google

So verlor die Google-Aktie zwischen den beiden Hochs im Jahr 2007 und Ende Februar dieses Jahres 13 Prozent an Wert. Google muss sich inzwischen gegen eine ganze Reihe bereits oder demnächst börsennotierter Aktien von Unternehmen aus den Bereichen Internet-Medien und -Dienstleistungen behaupten.

Sie alle buhlen um die Aufmerksamkeit der Anleger, darunter der Online-Spieleanbieter Zynga, das webbasierte soziale Netzwerk LinkedIn, der Internet-Gutscheinanbieter Groupon oder die russische Suchmaschine Yandex. Druck machen auch Baidu, die chinesische Antwort auf Google, und Renren, die chinesische Variante von Facebook. Letztere werden anlässlich des bevorstehenden Börsengangs ebenfalls eine satte zweistellige Milliardensumme absorbieren.

Enorme Menge neuer Geräte

Microsoft und Intel wiederum stehen im Wettkampf gegen eine enorme Bandbreite neuer Geräte, die alle um Geld konkurrieren, das bisher für PCs ausgegeben wurde. Die rasche Verbreitung von Smartphones und Tablet-Computern kann sich mit der Ausbreitung unkonventioneller Formen der Arbeitsorganisation und dem steigenden Spielekonsum auf alternativen Geräten nur beschleunigen.

Der Markt legt großen Wert auf Stabilität, und Dividenden. Daher werden Microsoft und Intel bei manchen Anlegern weiter hohe Wertschätzung genießen. Allerdings müssen sich diese Aktien die Aufmerksamkeit der Anleger zunehmend mit ausländischen High-Tech-Konkurrenten teilen, etwa Samsung Electronics, die bei Smartphones mit Apple um den Platz an der Spitze kämpfen.

Der Einfluss von Apple

HP-Tastatur Quelle: dpa

Zu den äußerst erfolgreichen Neuankömmlingen zählt auch der chinesische Computerhersteller Lenovo, der Hewlett-Packard in den nächsten Jahren den Rang beim PC-Absatz ablaufen könnte. Andere aufstrebende Stars sind der chinesische Handyhersteller Huawei und die taiwanesische Asustek Computer.

Apple bringt inzwischen eine Börsenkapitalisierung von über 500 Milliarden Dollar auf die Waage. Allein die schiere Summe wirft eine für die gesamte Technologiewelt interessante Frage auf. Wie S&P-Indexanalyst Howard Silverblatt kürzlich feststellte, hätte die im Standard & Poor’s 500-Index vertretene Informationstechnologiebranche ohne Apple in der Zeit zwischen Oktober 2007 und Mitte Februar 2012 vier Prozent an Wert eingebüßt – anstatt – wenn Apple mit eingerechnet werden – um 9,8 Prozent zu steigen.

Grafik Kursentwicklung der Apple-Aktie und des US-Index Nasdaq Composite seit März 2011

Die Frage, wie sich Technologieaktien im Vergleich zum S&P 500 entwickeln, wird demnach zunehmend zur Frage, wie sich Apple entwickelt. Kann Apple in den nächsten fünf Jahren auch nur in die Nähe der in den vergangenen fünf Jahren erzielten Kurssteigerung von 186 Prozent kommen? Ich zweifle nicht daran: Die Apple-Aktie wird in fünf Jahren mehr wert sein als heute. Aber kann sie den Kurs noch einmal verdoppeln – und es auf eine Börsenkapitalisierung in der sagenhaften Größenordnung von einer Billion Dollar bringen?

Allein die Vorstellung lässt Verwirrung aufkommen. Was würde das für die ganzen Aktienindizes bedeuten, an denen sich so viele Investmentfonds orientieren? Haben die Fonds weltweit genug Geld, um da mithalten zu können?

Ich würde mich nicht auf einen neuerlichen Kursanstieg in dieser Größenordnung verlassen. Aber angesichts von 100 Milliarden Dollar Barmitteln und der Aussicht, dass das Unternehmen irgendwann in der Zukunft Dividenden ausschütten wird, halte ich Apple dennoch für eine sehr gute Investition.

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