Neuer Hype Der erstaunliche Lauf der Apple-Aktie

Warren Buffett hat mal wieder den richtigen Riecher gehabt: Apple begeistert in diesen Tagen die Wall Street, der Kurs notiert nahe des Allzeithochs. Das hat aber eher mit Gefühlen als mit Fakten zu tun.

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Der Aktienkurs von Apple hat in den vergangenen Wochen mehrfach neue Allzeitrekorde aufgestellt. Quelle: dpa

Ein kurzer Blick aufs Display und das iPhone ist entsperrt – es ist ein bisschen Magie, die Apple beim neuen Modell bieten wird, wenn die Gerüchte denn stimmen. Es vergeht derzeit kaum Tag ohne solche Spekulationen in den Technikmedien und Blogs. Auch ein Bildschirm mit randlosem Design und gebogenen Kanten, eine kabellose Ladefunktion, ein größerer Akku sind im Gespräch, dazu Zukunftstechnologie wie Augmented Reality.

Dabei dürfte Apple-Chef Tim Cook das iPhone 8 erst im September präsentieren. Oder wie auch immer das Gerät heißen soll.

Die Berichte sind ein deutliches Zeichen: Um Apple entsteht ein neuer Hype. Das lässt sich auch am Aktienkurs ablesen, der in den vergangenen Wochen mehrfach neue Allzeitrekorde aufgestellt hat und derzeit über 143 Dollar liegt. Nach Einschätzung von Analysten hat er sogar Potenzial für einen weiteren Aufschwung. Dabei beträgt das Plus seit dem Jahresanfang knapp 25 Prozent, seit dem Sommer bereits mehr als 50 Prozent.

Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich das Bild vom Unternehmen und dessen Chef innerhalb weniger Monate komplett gewandelt hat. Noch im vergangenen Jahr, als der Umsatz des Konzerns erstmals seit der Einführung des iPhones schrumpfte, sah mancher Pessimist das Ende der Ära Apple aufziehen und schimpfte Tim Cook einen spröden Nachlassverwalter. Nun soll sie einen neuen Höhepunkt erreichen und der Mann an der Spitze gilt zumindest als umsichtiger Manager.

Apple stellt günstigeres Einstiegsmodell vor
Apple iPad Quelle: Apple
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Apple iPad Quelle: Apple
Apple iPad Quelle: Apple
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Gab es je Zweifel? Sie scheinen derzeit weggewischt. Dabei haben sich die Fundamentaldaten nicht geändert. „Es lässt sich nur schwierig festmachen, warum die Apple-Aktie so gut läuft“, sagt Neil Cybart, der sich als Analyst an der Wall Street auf den iKonzern spezialisiert hat. Der Anstieg beruhe nicht auf verbesserten Prognosen, sondern einer optimistischeren Bewertung.

Der spektakuläre Aufwärtstrend hat mehrere Gründe. Und nicht alle sind rational.

Die Euphorie der Anleger hat zum einen mit der Hardware zu tun. So ist das iPhone 7 beliebter als erwartet. Im Weihnachtsgeschäft 2016 verkaufte der Konzern mehr als 78 Millionen Geräte zu einem durchschnittlichen Preis von fast 700 Dollar. Das entspricht in etwa dem Vorjahresniveau. Und das, obwohl das jüngste Modell nur eine behutsame Weiterentwicklung ist. Die Marke zieht also wie eh und je.

Ob es auch in diesem Jahr solide läuft, werden die Zahlen fürs zweite Geschäftsquartal zeigen, die Apple am 25. April veröffentlichen wird. Der Absatz dürfte in den nächsten Monaten wohl auf dem Vorjahresniveau liegen, weil viele Kunden aufs neue iPhone warten, anstatt sich ein altes Modell zu kaufen. Immerhin.


Alle warten auf das neue iPhone


Die Nachfrage dürfte aber deutlich anziehen, wenn das neue iPhone mit den erwartet spektakulären Neuerungen herauskommt. Analysten gehen davon aus, dass Apple zehn Jahre nach der Einführung des Smartphones den großen Wurf plant – die Spekulationen reichen von einem Bildschirm mit neuer Technologie über Augmented-Reality-Funktionen bis zum gründlich überarbeiteten Design.

Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP

Analysten wie Katy Huberty von der Investmentbank Morgan Stanley vertreten die These, dass Apple damit einen „Superzyklus“ beginnt, der deutlich stärker ausfällt als üblich. Die einflussreiche Expertin hält ein Absatzplus von 20 Prozent im Geschäftsjahr 2018 für realistisch, im besten Fall sogar von 30 Prozent. Und das zu höheren Preisen als bislang, wenn die Gerüchte zutreffen. Auch andere Marktbeobachter bewerten die Aussichten inzwischen nahezu euphorisch.

Gleichzeitig hilft dem Konzern die Service-Sparte über schwächere Quartale hinweg – dank 600 Millionen iPhone-Nutzern, die Apps kaufen, Musik abonnieren und mit Apple Pay zahlen. Das Geschäft werde im Laufe des Jahres die Größe eines Fortune-100-Unternehmens erreichen, ließ Apple-Chef Tim Cook bereits letztes Jahr wissen.

Nun wird der Hardwarehersteller sicher nicht zu einem reinen Dienstleister. Aber: „Die Wall Street bewertet Apple möglicherweise zunehmend anhand der Kundentreue“, sagt Analyst Neil Cybart. Sobald ein Nutzer das Ökosystem betreten habe, gebe er wahrscheinlich kontinuierlich Geld für Apps, Musik oder weitere Hardware aus, beispielsweise die kabellosen Kopfhörer. Und nach einiger Zeit kaufe er sich auch ein neues iPhone – ob in diesem Herbst oder ein oder zwei Jahre später.

Anders gesagt: Der iKonzern bietet einen Club, dem viele treu bleiben, trotz der teuren Mitgliedschaft. Das überzeugt auch Investorenlegende Warren Buffett, der im Februar seinen Anteil an Apple auf mehr als 18 Milliarden Dollar aufgestockt hat. „Wer einmal ein iPhone kauft, kauft wieder eins“, brachte er die Stärke des Konzerns auf den Punkt.
Das ist Cooks Verdienst. Unter seiner Führung hat Apple bislang zwar kein bahnbrechendes neues Produkt auf den Markt gebracht, aber das Geschäft mit dem iPhone erfolgreich ausgebaut. Dank unterschiedlicher Größen und Einstiegspreise ist der Luxusartikel zu einer – immer noch teuren – Massenware geworden.

Damit gibt die Führung von Apple den Anlegern die Hoffnung, dass sie auch in Zukunft üppige Gewinne präsentieren wird. Doch damit nicht genug: Sie tut auch einiges für die Kurspflege. So zahlt der iPhone-Hersteller inzwischen eine solide Dividende, im abgelaufenen Quartal 57 Cent pro Aktie. Und er stützt den Kurs massiv mit Aktienrückkäufen. Auch das freut Investoren.

Womöglich erklimmt bald nicht nur die Apple-Aktie neue Rekorde, sondern auch die Marktkapitalisierung. Diese liegt derzeit bei gut 750 Milliarden Dollar und damit noch etwas unter dem Allzeithoch von 770 Milliarden Dollar entfernt – der Konzern hat eigene Aktien zurückgekauft und damit seinen Börsenwert verringert. Doch derzeit scheint es nicht unwahrscheinlich, dass der Hype um Apple anhält.

Allerdings nicht ewig. Denn irgendwann werden wieder die altbekannten Fragen zu hören sein: Was kommt nach dem iPhone? Die guten Geschäfte verschaffen Apple-Chef Tim Cook Zeit, den Konzern für die Zeit nach dem Smartphone-Boom vorzubereiten. Ob das nun mit einem Mobilitätsdienst geschehen soll oder einer Datenbrille, ist noch ungewisser als die Funktionen des iPhone 8.

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