Ökonom Daniel Stelter "Der Wohlstand der Mittelschicht wird sinken"

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"Nicht alles Geld in eine Immobilie"

Sie raten auch, Geldanlagen und Vermögen über verschiedene Währungen zu streuen. Welche wären das konkret?

Eine Streuung über Anlagen aus dem US-Dollarraum, in den Schweizer Franken oder die norwegische Krone neben den Vermögenswerten in Euro ist sinnvoll. Auch einen Teil des Vermögens in Gold anzulegen – als Alternativwährung und Versicherung gegen Währungskrisen – hat seine Berechtigung. Sämtliche Geldanlagen im Euro-System zu halten, stellt ein hohes Risiko dar, das Anleger möglichst vermeiden sollten. Grundsätzlich lohnt eine Streuung über mehrere Währungen aber erst für relativ große liquide Vermögen. Wer kann, sollte auch Kontobeziehungen außerhalb des Euroraums unterhalten.

Und was können weniger Betuchte tun? Müssen sie ganz auf Streuung verzichten?

Nein. Diversifikation ist für Kleinsparer genauso wichtig. Das heißt zum Beispiel, nicht all sein Geld in eine Immobilie zu stecken oder mit dem gesamten Wertpapierdepot nur auf den Dax zu setzen. Also breit streuende Fonds. Dabei sollte man allerdings auf die Gebühren achten. Der negative Effekt überteuerter Fonds wird gerne unterschätzt.

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Viele haben ihre Ersparnisse in Lebensversicherungen oder Riester-Verträge gesteckt. Was sollten diese Sparer tun?

Sicher kann man niemandem raten, heute noch eine kapitalbildende Lebensversicherung abzuschließen, da die Rendite kaum noch die Inflation ausgleicht und daher langfristig kein Vermögen mehr bildet. Wenn man schon eine oder mehrere solche Versicherungen hat, kommt es meiner Meinung nach darauf an, wie lange sie noch läuft. Wenn man noch 20 Jahre warten muss, bevor der Vertrag das Laufzeitende erreicht, sollte man lieber mit einem kleinen Verlust aussteigen. Wer aber nur unter Verlusten aussteigen kann und schon bald das Ende der Laufzeit erreicht, sollte drin bleiben, auch, wenn es nicht das optimale Anlageprodukt ist.

Die Immobilie als Sachwert gilt vielen als der effektivste Schutz vor Inflation und Währungskrisen.

Eine Immobilie ist kein Fehler, wenn sich nicht Ihr ganzes Vermögens darauf konzentriert. Nichts spricht gegen eine bescheidene, selbst genutzte Immobilie; ‚Tante Emma ihr klein‘ Häuschen‘ dürfte der Staat weitgehend unangetastet lassen. Und bei großen Vermögen spricht nichts gegen eine Beimischung von Immobilien. Das Problem ist, dass die Deutschen entweder gar keine, sondern nur Nominalvermögen wie Sparkonten und Versicherungen, oder viel zu viele Immobilien haben. Beides ist gefährlich. Immobilienbesitzer müssen damit rechnen, dass der Staat irgendwann die Abgaben und Steuern auf Immobilienbesitz deutlich erhöht. Immobilienbesitzer können nicht davor wegrennen. Außerdem sind Eigentumswohnungen in guten Lagen schon extrem teuer, was die Gefahr künftiger Preiseinbrüche birgt.

Von anderen Sachwerten wie Oldtimern, Kunst, Wein oder Whisky halten Sie auch nichts?

Viele der Sachwertanlagen sind ebenfalls überteuert. Aber das größte Risiko liegt darin, dass sich diese Gegenstände in einer Notlage nicht schnell zu Geld machen lassen, weil sich für einen vernünftigen Preis kein Käufer findet. Und nach der Bereinigung werden produktive Vermögenswerte gesucht sein. Deshalb kann ich nicht ernsthaft zu Whisky raten, es sei denn, der Anleger möchte ihn trinken.

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