Öl-Preis An Mangel liegt es nicht

Nach eigenen Angaben produziert die Opec so viel Öl wie seit 2008 nicht mehr, deshalb ist klar: Nicht die Knappheit führt dazu, dass der Preis kontinuierlich steigt. Saudi-Arabien ist um Entspannung bemüht.

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Saudi-Arabiens Öl-Minister Ali al-Naimi erklärte kürzlich, in den Tanks der Opec befände sich genug Öl, um die Welt für 60 Tage zu versorgen. Quelle: Reuters

An den Zapfsäulen sind alle gleich: Ob in Europa oder in den USA, ob Porsche- oder Polo-Fahrer, ob Benziner oder Diesel - die Verbraucher müssen immer tiefer in die Tasche greifen, wenn sie mit dem Auto unterwegs sind. Ein Grund ist der Anstieg des Ölpreises in diesem Jahr. Vor allem der Streit des Westens mit dem Iran hatte ihn Anfang März auf ein Dreieinhalb-Jahres-Hoch von 128,40 Dollar je Fass (159 Liter) getrieben. Inzwischen hat die Angst vor einer Eskalation der Auseinandersetzung etwas nachgelassen und der Ölpreis auf 124 bis 125 Dollar nachgegeben. Doch an den Tankstellen ist diese Entspannung spurlos vorbeigegangen. „Der Anstieg der Benzinpreise in den vergangenen beiden Wochen lässt sich fundamental nicht mit der Ölpreisentwicklung erklären“, sagt Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. „Die Ölvorräte sind nicht wirklich knapp. Alle Daten deuten auf ein reichliches Angebot hin.“ Im folgenden ein Überblick über wichtige Faktoren der Ölversorgung:

Wie viel Öl braucht die Welt überhaupt? Laut Internationaler Energiebehörde IEA werden täglich rund 90 Millionen Fässer Öl gefördert. Die Opec geht von einem täglichen Bedarf von weltweit im Schnitt knapp 89 Millionen Fässern aus. Und das Kartell der Ölexporteure lässt immer mehr Öl pumpen. Im März erreichte die Förderung einer Reuters-Umfrage vom vergangenen Freitag zufolge das Niveau vom Oktober 2008 - damals pendelte der Ölpreis um 90 Dollar. Die EU hat gegen den Iran einen Einfuhrstopp ab dem 1. Juli verhängt, der derzeit vorbereitet wird.

Die daraus resultierenden Lieferausfälle können laut Analysten kaum als Grund für die Preisentwicklung herhalten. Denn im Irak und in Libyen hat die Produktion zuletzt wieder zugelegt. Auch Russland fördert Analysten zufolge mehr Öl als zuvor. Sollte dies alles nicht reichen, steht Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien bereit. In den Tanks der Opec-Staaten lagere derzeit genug Rohöl, um die Welt damit 60 Tage lang zu versorgen, erläuterte der saudi-arabische Öl-Minister Ali al-Naimi erst vor kurzem. Im Januar hätten die Vorräte nur für 57 Tage gereicht. Zur kurzfristigen Überbrückung von Liefer-Schwierigkeiten habe sein Land zudem rund zehn Millionen Barrel in den Tanks von Rotterdam (Niederlande), Sidi Kerir (Ägypten) und Okinawa (Japan) gebunkert.


Warum ging das Rekord-Hoch 2008 an den Verbrauchern vorbei?

Doch es gibt Zweifel an diesen Äußerungen. Zwar habe die Opec mehr Öl gefördert, aber das habe sich nicht in den Tanks der OECD-Länder niedergeschlagen, warnt BNP-Paribas-Analyst Harry Tchilinguirian. „Das zeigt uns, dass der Markt fundamental keinen Überschuss erzeugt“, fügt er hinzu.

Die künftige Nachfrage nach Öl richtet sich vor allem nach der Konjunkturentwicklung. Eine boomende Wirtschaft braucht den wichtigen Rohstoff mehr als eine schwache. Auch hier gleicht sich weltweit einiges aus: In Europa produziert die Industrie weniger, in den USA wieder etwas mehr. Fast unverändert ist derzeit der Bedarf der zweitgrößten Volkswirtschaft China. Früheren Angaben der IEA zufolge baut die Regierung in Peking in diesem Jahr zwei neue Lager für strategische Ölreserven, die insgesamt rund 40 Millionen Barrel Öl fassen könnten. Wegen der hohen Ölpreise dürfte China sich mit der Befüllung der Tanks aber Zeit lassen.

Der Ölpreis ist zwar in diesem Jahr deutlich gestiegen, liegt aber noch klar unter dem Rekordhoch vom Sommer 2008 bei rund 147 Dollar. Seinerzeit machte der
Höhenflug des Euro den Preisanstieg wett. Damals lag der Euro bei knapp 1,60 Dollar.
Derzeit notiert die Gemeinschaftswährung relativ stabil über 1,30 Dollar. Das ist im historischen Vergleich immer noch ein hoher Wechselkurs, aber nicht hoch genug, um
den Ölpreisanstieg auszugleichen. Je höher die Gemeinschaftswährung zum Dollar notiert, desto günstiger wird das Öl für die Euro-Länder, da Öl durchweg in Dollar
bezahlt wird.

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